München

Ableger: Hanser-Chef Lendle startet Digitalverlag

Jo Lendle geht mit dem Hanser-Verlag den Schritt ins Digitale.
Jo Lendle geht mit dem Hanser-Verlag den Schritt ins Digitale. Foto: dpa

Michael Krüger war jahrzehntelang Chef des Münchner Hanser-Verlages. und er konnte mit E-Books nichts anfangen. Sein Nachfolger Jo Lendle (46) sieht das anders. Nach knapp acht Monaten im Amt bekommt Hanser einen digitalen Ableger. Der Digitalverlag soll am 1. Oktober starten. Künftig soll es ein E-Book, eine „Hanser Box“ pro Woche geben. Im Interview erklärt Lendle, warum.

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Warum braucht Hanser einen Digitalverlag?

Wir wollen selbst die Initiative behalten und uns nicht von irgendwelchen Leuten, die sich im Digitalen immer mehr tummeln, vor sich her treiben lassen. Wir haben die tollen Autoren und wollen denen – und uns – eine neue Publikationsform ermöglichen. Darum bieten wir künftig kleinere Texte ausschließlich in E-Book-Form an. Dadurch kann man sehr viel schneller auf aktuelle Dinge, gerade im Sachbuchbereich, reagieren. Wie alle Verlage sind ja auch wir bestrebt, die Zahl der Titel etwas zu reduzieren, weil sie eben nicht mehr so leicht vermittelt werden können. Mit dem Digitalverlag erschließen wir auch Zwischenformen von Texten, die zu lang sind für Magazine – und zu kurz für einen Roman. Wir erfinden dafür die ganzen Abläufe des Verlages gerade neu, weil wir viel schneller und beweglicher werden müssen.

Das heißt, Sie dampfen das Printprogramm ein und lagern vieles ins Digitale aus?

Nein, so ist es nicht. Die beiden Sachen sind getrennt voneinander. Das literarische Hardcoverprogramm machen wir weiter wie bisher – mit einer leicht reduzierten Titelanzahl. Und das andere ist einfach eine Zusatzreihe, bei der wir die Möglichkeit haben, dass Autoren, die zum Teil drei Jahre an einem Buch sitzen, zwischendurch nochmals Laut zu geben.

Und was versprechen Sie sich davon noch? Ein anderes Publikum?

Das glaube ich gar nicht mal so unbedingt. Wir haben schon so oft tolle Sachen von Autoren geschickt bekommen, die aber eben kein ganzes Buch waren. Das Buch selbst hat uns immer auch ein bisschen festgelegt auf die Vorstellung 250 Seiten, 20 Euro, schön und mit Mühe und Liebe gemacht. Jetzt haben wir dazu noch eine Möglichkeit, Sachen leichter aufeinander reagieren zu lassen. Die Vorlaufzeiten für Bücher werden tendenziell länger, weil man im Grunde nur eine Chance hat: Wenn es rauskommt, muss es richtig greifen. Nach drei, vier Monaten ist das durch. Wir stecken darum unglaublich viel Arbeit in diese Vorbereitung, und das ist auch gut und richtig so. Aber wir werden dadurch schwerfälliger im Vergleich zu anderen Medien. Wir wollen uns gern eine neue Leichtigkeit erobern mit niedrigschwelligeren und auch niedrigpreisigeren Angeboten, die auch die Möglichkeit sein können für Leser, einen neuen Autor kennenzulernen.

Haben Ihre Autoren Lust dazu?

Es gibt natürlich auch Autoren, die sagen: Das ist nicht mein Ding. Die wollen etwas veröffentlichen, das man dann auch in der Hand halten kann. Aber es gibt auch Autoren, die das für eine gute Sache halten. Auch sie kennen ja die Situation, dass sie mit einer einzelnen Erzählung zu uns kommen und dann gesagt bekommen, sie sollen noch mehr schreiben, und wir machen einen Erzählband daraus.

Das Gespräch führte Britta Schultejans (dpa)