Mainz

Jedem Kreislauf wohnt ein Zauber inne

Jetzt, in der Zeit nach Dreikönigen werden Weihnachtsbäume und FDP-Chefs auf die Straße gestellt.

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Eine Zeit lang waren sie der Mittelpunkt, sie wurden geschmückt und besungen, doch jetzt ist es vorbei und diejenigen, die unter ihnen oder um sie herum so manch traute Stunde erlebt haben, sind froh, wenn sie sie los sind.

Mich macht das noch melancholischer, als ich am Anfang des Jahres ohnehin schon bin. Ein Hauch von Vergeblichkeit weht mich an, wenn ich meinen fast noch neuen Kalender aufschlage. Auch du, mein treuer Geselle im roten Plastikeinband, wirst, wenn dieses Jahr zu Ende geht, voller unleserlicher Kritzeleien und Kaffeeflecken sein und wirst unbarmherzig verdrängt vom strahlend neuen und jungfräulichen Kalender für 2014.

Vielleicht hilft es, wenn ich ganz fest an den Kreislauf der Wiedergeburt glaube. Immerhin könnte ich mich dann in meinem Testament zum Alleinerben einsetzen.

An die Wiedergeburt von Textilien glaubt jetzt die Stadt Mainz. Sie will sich am Sammeln von Altkleidern beteiligen, was nach dem Kreislauf(!)wirtschaftsgesetz neuerdings möglich ist. In Zeiten der Haushaltskrise trägt dann der Stadtvorstand vielleicht meine Klamotten auf.

Am besten wäre da OB Michael Ebling dran, während Günter Beck schon einen genialen Schneider auftreiben müsste. Bedauernswert wäre die Schuhliebhaberin Marianne Grosse. Ich trage Größe 47.

Vielleicht rettet mich aufbauende Lyrik vor der Melancholie. Wie wär’s mit Hermann Hesses Stufen-Gedicht: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“? Oder irgendwas von McFit, einer Truppe von Performance-Poeten, die jetzt überall plakatiert. Zusammen mit den Portraits schweißtriefender Menschen, die vermutlich deutlich schlechter riechen als sie aussehen, liest man dort Aphorismen zur Lebensweisheit.

„Werde Teil von etwas großem: Dir selbst“ gefällt vermutlich vor allem Menschen, die im Kreuzworträtsel für „Weltmacht mit drei Buchstaben“ „Ich“ eintragen. Ich mag ja sehr gern die Tschacka-Sprüche, mit denen Motivationstrainer ihre Brötchen verdienen, deshalb gefällt mir „Dein stärkster Muskel ist dein Wille“ ganz gut, auch wenn bei mir die Muskelpartien rund ums Zwerchfell bislang am eindrucksvollsten ausgebildet sind. Doch mein Favorit ist „Immer wenn du in die Knie gehst, stehst du stärker wieder auf“.

Das mag an meiner katholischen Herkunft liegen. Hochämter, Christmetten und Andachten, ständig musste ich in die Knie gehen und wieder aufstehen. Sie dürfen mich also ruhig „Herkules“ nennen.

Büb Käzmann alias Markus Höffer-Mehlmer ist Kabarettist und lebt gerne in Mainz (www.bueb-kaezmann.de)