Rheinland-Pfalz

Baldauf: In der CDU muss sich etwas ändern

Baldauf fordert einen neuen Anlauf zur Mittelrheinbrücke.
Baldauf fordert einen neuen Anlauf zur Mittelrheinbrücke. Foto: dpa

Weckruf für die Landes-CDU: Partei- und Fraktionsvize Christian Baldauf mahnt eine lebendigere Streitkultur an. Die Aufarbeitung der Niederlage bei der Landtagswahl ist für ihn noch nicht abgeschlossen. Zugleich regt er eine neue Dialogrunde zur Mittelrheinbrücke an. Hier das Interview im Wortlaut.

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Im Saarland hat die CDU triumphiert, in Rheinland-Pfalz kommt sie nicht so richtig in Fahrt. Steckt ihr immer noch die Niederlage bei der Landtagswahl in den Knochen?

Anders als die SPD brauchen wir keinen albernen Schulz-Zug, um in Fahrt zu kommen. Ich habe zwischenzeitlich viele Kreisvorstände besucht und nach der Stimmung gefragt. Da ist schon noch Enttäuschung. Niemand schüttelt eine solche Niederlage leichthin ab. Gleichzeitig sind viele CDU-Mitglieder hochmotiviert. Vor uns liegt ein spannender Wahlkampf. Wir wollen, dass Angela Merkel Bundeskanzlern in Berlin bleibt. Für dieses Ziel geben wir alle unser Bestes.

Wurde die politische Pleite ausreichend aufgearbeitet?

Eine pauschale Gebrauchsanweisung oder eine Anleitung für erfolgreiche Wahlkämpfe gibt es in der Politik nicht. Da kommt immer vieles zusammen, was hinterher mühsam aufgedröselt werden muss. Das geht über einen längeren Zeitraum, und ich höre auch aus Kreisverbänden und Vereinigungen, dass dieser Prozess noch andauert. Es ist eine Stärke, wenn eine Partei ihren Kurs kontinuierlich überprüft, zumal sich unsere Gesellschaft in einem rasanten Wandlungsprozess befindet.

Muss die rheinland-pfälzische CDU einen Generationenwechsel einleiten, um sich zu erneuern?

Demokratie braucht das Sicheinmischen. Mir ist es wichtig, junge Nachwuchshoffnungen zu fördern, aber auch zu fordern. Es schadet nichts, das politische Geschäft vor Ort, in der Gemeinde zu lernen. Mal schnell einen Tweet absetzen oder eine Meinung ins Internet posaunen – das reicht nicht. Eine Partei tickt anders, als es oft von außen gesehen wird. Und sie braucht junge Querdenker genauso wie erfahrene Altvordere. Die Mischung, der Diskurs, hält lebendig.

Rebellische Quereinsteiger wie der Rhein-Hunsrück-Landrat Marlon Bröhr entwickeln in kurzer Zeit eine große Strahlkraft. Braucht die CDU solche unkonventionellen Typen?

Wir brauchen jede und jeden, der sich mit konstruktiven Ideen und ehrlichem Engagement einbringt. Der sich für unsere Partei, unsere Ziele, unsere Demokratie einsetzt. In meinem Bezirksverband habe ich deshalb eine mitgliederoffene Diskussionsplattform eingerichtet. Wir brauchen die interne Diskussionskultur mehr denn je, das höre ich oft. Die Menschen erwarten von der Politik Lösungen zu drängenden Fragen unserer Zeit. Wie soll unser Land künftig aussehen? In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Ich würde mir wünschen, dass wir intern viel mehr um den richtigen Weg diskutieren und streiten. Mit einem schnellen Hype und politischen Showeffekten ohne Lösungen ist es nicht getan. Das hat das die Saarlandwahl gezeigt und den Schulz-Zug ausgebremst.

Themenwechsel zur Mittelrheinbrücke: Hat die lange geforderte Rheinquerung noch eine Chance?

Wenn die Beteiligten die Brücke wirklich wollen, sollten sie sich nochmals an einen Tisch setzen. Ich meine, dass die Frage der Straßenbaulast zügig durch ein Gericht zu klären ist. Nur dann besteht Rechtssicherheit und Verbindlichkeit. Dies bedarf aber einer Vereinbarung beider Seiten oder eines Rechtsaktes beziehungsweise einer Anweisung des Landes. Momentan sieht es aus, als ob man mit dem Kopf durch die Wand will. Das gefährdet in höchstem Maße den Bau. Das Zeitfenster für den Beginn der Planung ist eng.

Wer hat welche Fehler gemacht?

Hier liegt ein Interessengegensatz vor, der dringend zu klären ist. Um Helmut Kohl zu zitieren: „Entscheidend ist, was hinten raus kommt“. Und in diesem Fall muss das doch der Brückenbau sein, den die Bevölkerung seit Jahren will. Deshalb nochmals mein Appell an alle Beteiligten: Gemeinsam an einen Tisch setzen, solange bis eine akzeptable Lösung gefunden ist.

Die CDU fährt einen harten Konfrontationskurs gegen die FDP: Ist das strategisch klug?

Für mich bleibt die FDP weiter der geborene Koalitionspartner. Nur hat es im letzten Jahr für eine solche Koalition leider nicht gereicht. Meine Grundsympathie – auch zu den Ministern und Abgeordneten der FDP – ändert aber nichts daran, dass zwischen dem Wahlprogramm und dem Regierungshandeln der FDP gewaltige Unterschiede klaffen. Das können wir als Opposition nicht durchgehen lassen. Wie wäre es, wenn Wirtschaftsminister Wissing einfach ehrlich einräumen würde, dass er wegen Rot-Grün vieles hinten anstellen muss? Stattdessen pilgert er durchs Land und erklärt ständig, wie gut die Liberalen ihr Wahlprogramm umsetzen. Das glaubt ihm wirklich kein Mensch.

Wie will die CDU – ohne jeden Partner – bei der nächsten Landtagswahl an die Macht kommen?

Vier Jahre vor einer Wahl kann niemand sagen, wer nach der nächsten Wahl überhaupt im Landtag vertreten sein wird und wer für Koalitionen infrage kommt. Mal ehrlich: Wer hätte vor der Wahl 2016 an eine „Ampel“ geglaubt? Ich bin mir sicher: Wenn beim nächsten Mal nur eine Regierungsbildung mit der CDU möglich ist, dann wird es genug Anfragen an unsere Adresse geben. Da bin ich völlig entspannt.

Haben Sie selbst manchmal Zweifel, ob sich Ihr Engagement in der rheinland-pfälzischen CDU jemals auszahlen wird?

Diese Frage habe ich mir nie gestellt. Demokratie ist doch kein Bankautomat! Nein, ich bin mit Leib und Seele Landespolitiker und will noch viel erreichen – für die Menschen in meiner Region und in unserem schönen Bundesland. In den nächsten Jahren stehen schwierige Aufgaben an. Innere Sicherheit, die Zukunft des ländlichen Raumes, der Städte, die Sorge um gute Pflege, Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt, die Stabilität Europas bewahren. Hier ist so viel anzupacken. Und das spornt mich an.

Das Gespräch führte Dietmar Brück