Brüssel/Berlin

SPD legt zu – Europa bleibt konservativ

Rückenwind für SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz: Die SPD kann bei der Europawahl zulegen. Doch Präsident der EU-Kommission dürfte er wohl nicht werden, da die Konservativen stärkste Kraft bleiben.
Rückenwind für SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz: Die SPD kann bei der Europawahl zulegen. Doch Präsident der EU-Kommission dürfte er wohl nicht werden, da die Konservativen stärkste Kraft bleiben. Foto: dpa

Aus der Europawahl in 28 Ländern ist die konservative Europäische Volkspartei (EVP) mit Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker als stärkste Kraft hervorgegangen. Allerdings schrumpfte ihr Vorsprung auf die Sozialdemokraten. Nach der jahrelangen Euro-Krise legten zugleich rechtsorientierte und populistische Parteien stark zu.

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Der konservative Parteienblock EVP errang nach der am späten Abend vom Europaparlament veröffentlichten Prognose 28,1 Prozent der Stimmen – deutlich weniger als 2009 (35,77). Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) mit ihrem Spitzenkandidaten Schulz kam mit 25,7 Prozent auf Platz zwei. Auf Platz drei lagen die Liberalen mit 9,85 Prozent. Rechtsaußen-Parteien kamen auf rund 18 Prozent. In Frankreich wurde der rechtsextreme Front National (FN) mit rund 25 Prozent sogar stärkste Kraft.

Mit dem EVP-Sieg sind die Chancen des luxemburgischen Ex-Premiers Juncker auf den Posten des EU-Kommissionschefs gestiegen. Der EVP-Fraktionsvorsitzende Joseph Daul sagte: „Die EVP wird ihren Kandidaten als Kandidaten für die Präsidentschaft der Kommission vorschlagen.“ Allerdings beanspruchte SPD-Chef Sigmar Gabriel den Posten für seinen Parteifreund, den bisherigen EU-Parlamentspräsidenten: „Das Wahlergebnis hat einen Namen, und der lautet Martin Schulz.“ Die Staats- und Regierungschefs, die den Chef der Brüsseler Behörde vorschlagen, müssen das Wahlergebnis berücksichtigen. Bis die Personalentscheidung steht, könnte es noch Wochen dauern.

Auch in Deutschland haben die Unionsparteien ihre Vorrangstellung verteidigt – allerdings mit herben Verlusten der CSU in Bayern. Die SPD legt laut Hochrechnungen nach ihrem Tief vor fünf Jahren deutlich zu, steht aber immer noch ein gutes Stück hinter der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Der Euro-skeptischen Alternative für Deutschland (AfD) gelingt, was ihr bei der Bundestagswahl noch verwehrt blieb: der erstmalige Einzug in ein Parlament. AfD-Chef Bernd Lucke sieht die Euro-Skeptiker auf dem Weg zur „neuen Volkspartei“. Bündnisse mit Rechtspopulisten schloss er aus. Die Grünen verlieren leicht. Die Linke erreicht ihr Ergebnis der Europawahl von 2009. Die FDP, die im Herbst aus dem deutschen Parlament geflogen war, schafft nicht einmal mehr ein Drittel ihres bisherigen Europa-Ergebnisses, bleibt aber in Straßburg vertreten.

Bei der Europawahl konnten sich diesmal auch Kleinparteien eine Chance ausrechnen, weil das Bundesverfassungsgericht die 3-Prozent-Hürde für die Europawahl gekippt hatte. Anders als bei Bundestags- und Landtagswahlen reichen deshalb schon etwa 0,6 Prozent der Stimmen für ein Mandat. So hat die rechtsextreme NPD künftig einen Sitz im Europaparlament, ebenso die Piratenpartei, die Tierschutzpartei, die Familienpartei, die ÖDP sowie die Partei Freie Wähler.

Ob es auch für „Die Partei“ von Satiriker Martin Sonneborn („Titanic“) gereicht hat, stand am Abend noch nicht fest. Laut Bundeswahlleiter hatte sie aber auch bereits 0,6 Prozent der Stimmen. Mit 48,3 Prozent zeichnete sich am Abend in Deutschland eine bessere Wahlbeteiligung als 2009 (43,3) und 2004 (43,0) ab.

In Rheinland-Pfalz hat die CDU die Europawahl trotz Einbußen gewonnen. Allerdings legt auch die SPD deutlich zu. Die AfD kommt aus dem Stand auf 6,6 Prozent, während die FDP regelrecht einbricht. Die mit der SPD regierenden Grünen müssen ein leichtes Minus verkraften.