Olympia 2012 in London: Festspiele in einer schrillen Stadt

Olympiastadion in London
Das Olympiastadion ein Jahr vor der Eröffnungsfeier: Als Gruß strahlte die „1“ vom Rasen in die Welt. Foto: dpa

London gehört zu den temporeichsten und innovativsten Metropolen der Welt. 2012 kommen die Olympischen Sommerspiele in eine Stadt, deren Alltagsgeschwindigkeit ebenfalls nahezu olympisch ist.

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Am 27. Juli 2012 beginnt in London ein gigantisches Spektakel. Die 30. Olympischen Sommerspiele sind – nach 1908 und 1948 zum dritten Mal – in der britischen Metropole zu Gast. Es ist die wichtigste Sportveranstaltung der Welt, im Gastgeberland läuft seit Jahren ein groß angelegtes Vorbereitungsprogramm.

Nicht nur sportlich wird Großbritannien in Bestform sein. Bereits bei der Abschlussfeier der Sommerspiele 2008 in Peking zeigte die britische Delegation, wie sehr sie den Tag der Eröffnung herbeisehnt und sich auf die Spiele freut, die bis zum 12. August 2012 andauern.

Bei der Abschlussfeier damals in Peking übernahm Londons Bürgermeister Boris Johnson den Staffelstab aus chinesischen Händen. Der hünenhafte und etwas schräge Bürgermeister aus der schillernden Metropole schien schier auszuflippen im Vergleich zu den beständig unemotional und reserviert wirkenden Gastgebern des chinesischen Regimes. Johnson hatte die globale Fußball-Werbefigur David Beckham im Schlepptau, im Hintergrund krachte Musik von Led Zeppelin und Pop-Sternchen Leona Lewis (Foto links) durchs weite Rund des imposanten Vogelnests von Peking: Eine richtig schön laute Version des Klassikers „Whole lotta love“ schallte sechs Minuten lang in die Ohren von 90 000 Menschen. Johnsons wilde blonde Mähne wogte hin und her, im Stadion war klar: Peking war gestern, London wird morgen ganz anders sein. Lauter, bunter und greller als die Spiele im Reich der Mitte.

Die Szene ist gut drei Jahre her, inzwischen hat sich einiges verändert. In Pekings Vogelnest sind internationale Großveranstaltungen Mangelware, im architektonisch einzigartigen olympischen Schwimmbecken nebenan war zuletzt wenigstens mal der Weltcup zu Gast – als Testwettkampf für die Spiele im kommenden Jahr. In London laufen seit Monaten akribische Vorbereitungen auf die Festspiele. Prinz William, seine Frau Kate und Prinz Harry treten als Botschafter des britischen Olympiateams auf – sie sollen Impulsgeber für außergewöhnliche Leistungen sein. „Wir freuen uns alle sehr auf die Spiele“, erklärte Prinz William brav.

Spätestens seit Peking läuft in England ein massives Sportförderprogramm, mit Millionen subventioniert. Es wird kräftig investiert, damit möglichst viele Medaillen für das Gastgeberland notiert werden können. Bereits in China feierte das britische Team 19 Olympiasiege, 2012 sollen es deutlich mehr sein. Anwärter drängeln in nahezu allen Disziplinen, ob im Rudern, auf dem Rad, im Fußball, Schwimmen, Turnen, Triathlon oder der Leichtathletik.

Inzwischen gibt es im Mutterland des Fußballs sogar eine Handballmannschaft der Frauen. Lange Jahre galt dies als Ding der Unmöglichkeit, das Wort „Handball“ war unmissverständlich und ausschließlich im Fußball gebräuchlich – als Beschreibung eines unerlaubten Griffs nach dem Sportgerät. Seit einigen Monaten verbessert sich das junge weibliche Team aber derart, dass sich die Mädels den Viertelfinaleinzug gut vorstellen können. Falls dies gelingt, dürfte die Sensation in den Pubs ausgelassen gefeiert werden.

Zu einer Ikone der Londoner Spiele könnte Paula Radcliffe werden. Die schmale Britin ist nicht nur für ihren immer etwas seitlich geneigten Kopf bekannt, sondern vor allem dafür, dass sie nach einer langen Karriere als hochdekorierte Bahnläuferin zum Marathon-Star wurde. Radcliffe schraubte den Weltrekord auf unglaubliche 2:15:25 Stunden, sie beherrschte besonders den London-Marathon.

Doch bei den Olympischen Spielen lief nie etwas zusammen, 2004 musste sie in Athen kurz vor Schluss aufgeben, 2008 startete sie in Peking nur wenige Wochen nach einem Ermüdungsbruch im Oberschenkel: Bis Kilometer 30 bestimmte sie das Rennen mit, am Ende wurde sie auf Rang 23 durchgereicht. London 2012 soll das große Finale für die 37-Jährige werden, 20 Jahre nach ihrem Gewinn des Vize-Weltmeistertitels im Crosslauf der Juniorinnen. Radcliffe galt als abgeschrieben nach Verletzungen und der Geburt zweier Kinder (2007 und 2010), doch sie ist wieder da und bereit, zum Liebling der Briten bei den Heimspielen zu werden. In Berlin lief die dreimalige Gewinnerin des London- und New-York-Marathons nach Monaten Wettkampfpause als Dritte zuletzt starke 2:23:46 Stunden.

Um bei der Disziplin zu bleiben: Im deutschen Marathonlauf gibt es derzeit nicht allzu viele Männer, die wesentlich schneller laufen als Radcliffe. Bei den Frauen sind die Siegerländerin Sabrina Mockenhaupt, Irina Mikitenko und Susanne Hahn für London gesetzt, bei den Jungs sieht es eher mau aus. Mit viel Nominierungsglück könnte eventuell der 29 Jahre alte Sören Kah (LG Lahn-Ahr-Esterau) in London dabei sein. Kah, ein ungeahnter und plötzlich aufscheinender Komet am Langstreckenhimmel, lief bei seinem Marathondebüt im Oktober in Frankfurt 2:17:58 Stunden. Bis zur Norm (2:12:00) ist es allerdings noch ein gutes Stück.

Mindestens 400 Athleten soll das deutsche Olympiateam umfassen. Es dürften aus rheinland-pfälzischer Sicht unter anderem Schwimmerin Angela Maurer (Mainz), Fechter Peter Joppich (Koblenz) und Trampolinturnerin Anna Dogonadze (Bad Kreuznach) als Stars dazugehören.

Sie erwartet ein einzigartiges Sportfest im Herzen einer einzigartigen Stadt. London gilt als eine der temporeichsten Metropolen der Welt – und dies gilt ganz besonders zwischen dem 27. Juli und 12. August 2012. Gut 11,5 Milliarden Euro hat das Land in die Spiele und neue Sportstätten investiert. Der Andrang bei den Tickets ist gewaltig, denn Sportfans wissen: London wird anders als zuvor Peking, Athen und Sydney. Es wird ein gigantisches Erlebnis.

Von unserem Redakteur Volker Boch

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