Das rheinland-pfälzische Innenministerium muss am Mittwoch erneut über eine verspätete Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe (U-Ausschuss) berichten. 122 Videos und 21 Fachanwendungsdateien mit Geodaten hat das Gremium laut Innenministerium mit achtmonatiger Verspätung erhalten. Sie seien am Mittwoch dem Beauftragten der Landesregierung zur Weitergabe an den U-Ausschuss geschickt worden, nachdem sie am Dienstag im Haus von Innenminister Michael Ebling (SPD) eingegangen seien.
Das Beweismaterial kommt von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) und sei maßgeblich ab dem 16. Juli 2021 entstanden. Die ADD hatte am 17. Juli im Auftrag des Landes die Einsatzleitung von der Ahrweiler Kreisverwaltung übernommen.
„Versehentlich nicht
berücksichtigt worden“
Laut Innenministerium sei das Material nach ADD-Angaben bei zurückliegenden Aktenlieferungen „an den Landtag versehentlich nicht berücksichtigt worden“. Es ist nicht der erste Fall einer zu späten Bereitstellung von Beweismaterial. So waren Ende September nach über einem Jahr überraschend Polizeihubschraubervideos aus der Flutnacht aufgetaucht.
Zurück zur ADD: Wie das Innenministerium informiert, handele es sich bei der Nachlieferung überwiegend um Videos, die ab dem 16. Juli 2021 durch Polizeihubschrauber bei Überflügen des Katastrophengebiets entstanden seien. Sie seien in der Einsatzleitung abgegeben worden und Grundlage für regelmäßige Lagebewertungen gewesen. Weitere Bewegtbilder seien zum Beispiel von Drohnen und Erkundungsteams angefertigt worden. Die Nachlieferung enthält nach Angaben des Innenministeriums auch vier kurze Handyvideos. Woher sie stammen, sei unklar. Sie seien am Nachmittag und frühen Abend des 14. Juli 2021 entstanden.
Die ADD hätte die Unterlagen bis zum 14. März dieses Jahres vorlegen müssen. Als Grund für die nicht erfolgte Bereitstellung nannte das Innenministerium eine nicht umsetzbare Umwandlung der Dokumente in ein PDF-Format.
Es verfestigt sich der Eindruck, dass vonseiten der Landesregierung versucht wird, im großen Stil zu vertuschen und die Aufklärungsarbeit zu behindern.
Dirk Herber, Obmann der CDU-Fraktion
Dirk Herber, Obmann der CDU-Fraktion im U-Ausschuss, kritisiert, es sei „ebenso irritierend wie ärgerlich“, dass zum wiederholten Male Akten und Dateien verspätet weitergeleitet worden seien. So verfestige sich der Eindruck, dass vonseiten der Landesregierung versucht werde, „im großen Stil zu vertuschen und die Aufklärungsarbeit zu behindern“, tadelt Herber. Man stelle sich die Frage, ob noch weitere Akten vorenthalten würden. Die Entschuldigung seitens der ADD bezeichnet er als „mehr als dünn“. CDU und Freie Wähler fordern schon länger den Rücktritt von ADD-Präsident Thomas Linnertz.
Michael Frisch, Obmann der AfD-Fraktion, erklärt, dass das Vertrauen zwischen der Landesregierung und dem U-Ausschuss ein weiteres Mal „massiv untergraben“ werde. Wenn unterlassene Aktenlieferungen immer wieder mit dem Hinweis auf Versehen, Versäumnisse und bedauerliche Fehler entschuldigt würden, „dann ist das irgendwann nicht mehr glaubwürdig“, sagt Frisch. Ihm fehle inzwischen „jedes Vertrauen“ in die Regierung sowie die ihr unterstellten Behörden. Stephan Wefelscheid, Obmann der Freien Wähler, kritisiert, dass er sich bei rechtzeitiger Vorlage der Videos anders auf die Befragungen der ADD-Mitarbeiter und des ADD-Präsidenten hätte vorbereiten können.