Seit Ende Januar eskaliert die Lage im Ost-Kongo. Die Miliz M23 hatte die Millionenstadt Goma überfallen und nach wenigen Tagen erobert. Hunderte Leichen lagen auf den Straßen. Die Zahl der Toten ist nach Angaben der Vereinten Nationen inzwischen auf mindestens 2900 gestiegen. 160 Frauen sollen in einem Gefängnis erst vergewaltigt und dann verbrannt worden sein. „Wenn nichts unternommen wird, könnte das Schlimmste noch bevorstehen“, warnte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, in Genf. Inzwischen hat die Miliz ihre Angriffe auf weitere Orte ausgedehnt.
Unterstützt wird sie dabei offenbar vom Nachbarland Ruanda. Die kongolesische Regierung beschuldigt den Nachbarstaat nicht nur der Unterstützung, sondern sogar selbst an den Angriffen beteiligt zu sein. Dem Nachbarland gehe es um die Rohstoffe in der Region. Dort werden einige seltene und wertvolle Metalle wie Kobalt, Kupfer und Coltan abgebaut, die etwa zur Smartphone-Produktion nötig sind. Ruanda wiederum spricht vom Schutz seiner territorialen Sicherheit und der Volksgruppe der Tutsi im Kongo.
Kongo will mehr Druck des Westens – was sagt RLP?
Die kongolesische Regierung verlangt von westlichen Ländern nun mehr Druck auf Ruanda, sich zurückzuziehen, zum Beispiel durch Sanktionen. Was sagt die rheinland-pfälzische Landesregierung dazu? Für das Bundesland hat der ostafrikanische Staat eine besondere Bedeutung. Seit mehr als 40 Jahren besteht eine Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda. Auf Anfrage zieht sich die Staatskanzlei aber lieber auf die sogenannte Graswurzelpartnerschaft zurück, die nur „zwischen den Menschen und nicht zwischen den Regierungen“ bestehe. „Als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz betreibe ich keine Außenpolitik“, sagte Alexander Schweitzer (SPD) unserer Zeitung. Er blicke „mit Sorge auf die Spannungen in der Region“ und appelliere an die Parteien, den Konflikt zu beenden, die Waffen niederzulegen und das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen.
Wie eng die Verbindungen zwischen Ruanda und RLP sind
In den Jahren zuvor klang die Partnerschaft noch anders. Nahezu jährlich gibt es Besuche rheinland-pfälzischer Delegationen im afrikanischen Staat. Oft traf die ehemalige Ministerpräsidentin Malu Dreyer auch den ruandischen Präsidenten Paul Kagame, zuletzt im vergangenen Jahr. 2022 war Kagame sogar zu Gast in Mainz in der Staatskanzlei. Damals sprach Dreyer von einem „engen Austausch“, der auf Regierungsebene fest verankert sei. Versuche, diese Beziehungen im aktuellen Konflikt zu nutzen, gab es aber nicht. Zur Kritik am ruandischen Präsidenten will sich die Staatskanzlei ebenfalls nicht äußern. Die Partnerschaft bestehe, unabhängig davon, wer Präsident des Landes sei.
Jährlich fließen 1,4 Millionen Euro nach Ruanda
Jährlich investiert die rheinland-pfälzische Landesregierung etwa 1,4 Millionen Euro für Projekte in Ruanda. Hinzu kommen Spenden. Es seien aber keine Projekte mit der Regierung, sondern ausschließlich für soziale Zwecke, die die Menschen vor Ort unterstützten, erklärte die Staatskanzlei. Die Zusammenarbeit laufe über den Partnerschaftsverein, in dem zahlreiche Kommunen, Pfarreien und Schulen mitwirkten. Sanktionen, also die Einstellung der Zahlungen, wird es deshalb von der rheinland-pfälzischen Seite nicht geben, auch wenn die Landesregierung dies nicht explizit sagt. Stattdessen lässt sie Norbert Neuser, den Präsidenten des Vereins, zu Wort kommen: „Für den Partnerschaftsverein ist es wichtig, an der jahrzehntelangen Graswurzel-Arbeit festzuhalten“. Sie finde überwiegend im ländlichen Raum statt und bekämpfe Armut.
Geplante Reise steht auf der Kippe
Für Mai hat Ministerpräsident Schweitzer geplant, nach Ruanda zu reisen – so wie seine Vorgängerin häufig. Doch das steht nun womöglich auf der Kippe. Nicht aber als politisches Statement. „Ob an den Planungen festgehalten werden kann, wird aus Sicherheitsgründen geprüft“, erklärt die Staatskanzlei.