„Damit stiegen die Ausgaben binnen Jahresfrist um 83 Millionen Euro. Jeder achte Euro im Landeshaushalt fließt in die Versorgung, rechnet Geschäftsführer René Quante vor. „Vor zehn Jahren lagen diese Ausgaben noch bei rund 1,4 Milliarden, sprich, seitdem gab es eine Ausgabenexplosion um fast 80 Prozent.“
Bei diesem vorläufigem Höchststand bleibt es nicht: Fürs nächste Jahr sind 2,7 Milliarden Euro veranschlagt, für 2024 dann bereits 2,78 Milliarden Euro, wie das Finanzministerium auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt. Die Jahrgänge der Babyboomer kommen eben in die Jahre. „Von 2020 zu 2021 stieg die Zahl der Versorgungsempfänger um 1060 auf 52.888. „Vor einem Jahrzehnt lag die Anzahl der Versorgungsempfänger bei 37.577.“ Seitdem gebe es also ein Plus von über 40 Prozent“, stellt Quante fest.
Mehrheit geht früher in Ruhestand
Ein Landesbeamter, der im Jahr 2021 in Ruhestand ging, war im Durchschnitt 63 Jahre und 4 Monate alt. Männer gingen im Schnitt mit 63 Jahren und zwei Monaten in den Ruhestand, Frauen mit 63 Jahre und sechs Monaten, heißt es im Bericht der Landesregierung an den Landtag. „Weniger als 60 Prozent der Neuruheständler hatten die gesetzliche Altersgrenze erreicht“, bilanziert der
Steuerzahlerbund. Staatsdiener, die mit längerem Arbeiten die Pensionskasse schonen könnten, verhalten sich also nicht anders als die übrige Bevölkerung. Denn nach Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung gehen die Menschen in Deutschland immer häufiger früher als mit 67 Jahren in Rente. Viele scheiden demnach bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus. Das alarmiert auch Kanzler Olaf Scholz (SPD), der appelliert, „den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können“.
Altersgrenze für Lehrkräfte bei 65 Jahren
Allerdings müssen (und dürfen) nicht alle Beamte bis 67 arbeiten, ohne dass sich die Pension mindert. Für Lehrkräfte gilt als Altersgrenze das Ende des Schuljahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Die Landesregierung hielt es 2015 für angebracht, mit Blick auf die „gesundheitlichen Belastungen“ für Lehrer „die Altersgrenze lediglich um ein Jahr anzuheben“.
Eine besondere Staffelung gibt es auch in der Polizei, wo Beamte je nach Funktion auch zwischen 62 und 64 Jahren in Pension geben können. Wer in der Feuerwehr im Beamtenstatus tätig ist oder sich dem nicht leichten Dienst in den Gefängnissen stellt, kann sich bereits mit dem vollendeten 60. Lebensjahr auf den Ruhestand freuen.
Expertenkommission gefordert
Der Steuerzahlerbund sieht Handlungsbedarf, weil ihm die Versorgungsberichte zeigen, dass Rheinland-Pfalz auf einen finanziellen Abgrund zureite. Er fordert eine eine Expertenkommission, die Reformvorschläge macht. Dazu gehört für ihn auch „das langsame Abschmelzen des Höchstruhegehaltssatzes“.
Quante fordert „endlich gerechte Verhältnisse“ zwischen Pensionären und Rentnern. „Dass die Rentner sich freuen sollen, wenn es für sie rund 50 Prozent vom durchschnittlichen Einkommen gibt, wogegen Beamte über 70 Prozent vom letzten Salär als Pension erhalten könnten, kann man keinem Bürger erklären.“
Unterrichtsqualität hängt nicht von der Beamtung aus
Zudem hält es der Steuerzahlerbund für ausreichend, wenn nur Staatsdiener mit hoheitlichen Aufgaben verbeamtet werden. Schließlich hänge die Unterrichtsqualität nicht davon ab, ob Lehrer Beamte sind oder nicht. Aber dieses Argument hat die Landesregierung bisher nicht überzeugt, wohl auch wegen der Lehrkräftekonkurrenz mit anderen Ländern.
Das zeigt auch ein Beispiel aus der Hauptstadt: Berlin will angestellten Lehrkräften jetzt noch bis zum 52. Lebensjahr einen Wechsel in den Beamtenstatus ermöglichen. Dies soll, daraus macht man keinen Hehl, Pädagogen aus anderen Ländern anlocken, vor allem aus Brandenburg.
Ein Viertel des Landeshaushalts ins Bildungsministerium
Aber der Steuerzahlerbund setzt noch eine andere Spitze: Die Landesregierung nutze die Pensionslawine auch für Etikettenschwindel bei der Bildungspolitik aus. Sie behaupte, dass Rheinland-Pfalz ein „Vorreiter bester Bildung“ sei, weil mit rund 5,8 Milliarden Euro ein Viertel des Landeshaushalts ins Bildungsministerium fließe.
Aber davon, so kritisiert Quante, gingen rund 1,3 Milliarden Euro an Pensionäre, die die Bildung „kein Stück weiter bringen“. So werde das Land „höchstens zum Vorreiter beim Selbstbetrug“.
Beamte dürfen länger arbeiten, Richter nicht
Eine Beamtin oder ein Beamter kann im Land über die Regelarbeitszeit hinaus arbeiten. Die Frist kann auf Antrag um jeweils ein Jahr verlängert werden und darf drei Jahre nicht überschreiten, „wenn es im dienstlichen Interesse liegt“, heißt es im Innenministerium.
In Baden-Württemberg können auch Richter und Staatsanwälte den Ruhestand um ein Jahr hinausschieben – aber nicht länger als bis zur Vollendung des 68. Lebensjahrs. Von 58 Richtern haben im laufenden Jahr 13 davon Gebrauch gemacht. Im Vorjahr waren es 25 von 121, die in Pension gingen. Wie sich dies auf de Landeshaushalt auswirkt, ist dem Stuttgarter Justizministerium allerdings „nicht bekannt“, wie es auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt.
So mancher Richter im Lande würde, wie er im Gespräch sagt, gern auch noch länger Recht sprechen. Aber hier kann ein Richter nicht über die für ihn geltende Altersgrenze, die nach und nach auf 67 Jahre steigt, hinaus im Amt bleiben, heißt es im Justizministerium. Für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gelten dagegen die beamtenrechtlichen Regelungen. Also sie können länger tätig sein, wenn dies – so die Bedingung – auch im dienstlichen Interesse liegt.