Rheinland-Pfalz
„Reichsbürger“-Prozess Koblenz: Mit Kalaschnikows Karl Lauterbach entführen?
Prozessauftakt „Vereinte Patrioten“ - 1
Gehört Thomas K. (im Bild) im Koblenzer Prozess um die mutmaßliche Terrorgruppe "Vereinte Patrioten" überhaupt auf die Anklagebank? Der selbsterklärte Rädelsführer der Gruppe, Sven B., der sich bereits weitestgehend geständig eingelassen hat, behauptet jedenfalls, dass Thomas K. definitiv kein integraler Bestandteil der Gruppe gewesen sei. Foto: Boris Roessler
Boris Roessler. picture alliance/dpa/dpa POOL/Bo

Wer die Entführung eines Bundesministers, einen deutschlandweiten Blackout und einen Staatsputsch plant, der braucht Waffen. Welche genau dem Angeklagten Sven B. dafür vorgeschwebt hatten, wurde am Freitag im Prozess gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“ im Koblenzer Oberlandesgericht thematisiert.

Schon 2022 hatte Sven B., mutmaßliches Mitglied der Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“, im Zuge eines gefilmten Verhörs vor Ermittlern offen und geständig über „Operation Klabautermann“ und seine Umsturzfantasien gesprochen (wir berichteten). Am Freitag wurde im Koblenzer Oberlandesgericht (OLG) der Rest der aufgezeichneten Vernehmung als Beweismittel abgespielt. Erstaunlich kooperativ und durchaus munter rollt der 55-Jährige im Video das Thema Waffenbeschaffung für die Fragesteller auf.

Kalaschnikows für „Operation Klabautermann“

„Irgendwann“ sei „irgendjemand“ auf ihn zugekommen, holt der Neuruppiner nonchalant aus. Die Person habe behauptet, sie könne an Waffen herankommen. Waffen aus dem Ausland. Worauf er erst einmal habe wissen wollen, was für Waffen das denn seien – und was diese kosten würden, sagt der Angeklagte im Video.

Ihm selbst hätten für die geplante Lauterbach-Entführung fünf Kalaschnikows, 15 Pistolen, ein paar Schutzwesten und auch Funkgeräte vorgeschwebt, berichtet Sven B., fügt aber an, dass es am Ende Thomas O. (56) gewesen sei, der die Waffen dann tatsächlich entgegengenommen habe.

Warum ist Sven B. so aussagefreudig?

Neben Sven B. und Thomas O. sind außerdem Michael H. (44), Thomas K. (51) und Elisabeth R. (75) angeklagt. Der mutmaßliche Plan der „Vereinten Patrioten“: Lauterbach entführen, Deutschland den Saft abdrehen, Staatsputsch. Die Angeklagten werden der „Reichsbürger“-Szene zugerechnet. Die Namen seiner Mitangeklagten fallen Sven B. während des Verhörs 2022 wieder und wieder aus dem Mund.

Der Neuruppiner ordnet für die Ermittler ein, wer wann für welche Aufgaben innerhalb der Gruppe vorgesehen gewesen sei. Es liegt auf der Hand, dass seine Mitangeklagten nicht allzu gut auf ihn zu sprechen sein dürften. Man könnte sich auch die Frage stellen, warum der Neuruppiner sich – sowohl 2022 im Verhör als auch 2023 im OLG – derart aussagefreudig gezeigt hatte.

Gehört Thomas K. überhaupt auf die Anklagebank?

Einzig Thomas K. kommt in den gefilmten Ausführungen von Sven B. zu den Vorwürfen aus der Anklageschrift – salopp gesprochen – gut weg. Sven B. kennt den Angeklagten offenbar nicht einmal, glaubt, ihn vielleicht einmal gesehen zu haben. Mit Blick auf eine mögliche Beteiligung K.s an den Plänen kann Sven B. “gar nichts" Einordnendes sagen. Ein integraler Bestandteil der Gruppe sei Thomas K. indes auf keinen Fall gewesen, unterstreicht der 55-Jährige.

Thomas K. hatte selbst sowohl am Donnerstag als auch am Freitag über seinen Anwalt verkünden lassen, dass ihm zu keinem Zeitpunkt eine Aufgabe von irgendjemandem in der Gruppe zugeteilt worden sei. Er sei lediglich „Zuhörer dieser befremdlichen Pläne“ gewesen. Fakt ist, dass bei besagten Treffen noch weitere Personen anwesend waren, die allerdings nicht in Koblenz angeklagt sind. Auch Elisabeth R. hatte während ihrer Einlassung behauptet, im Grunde unschuldig zu sein: Sie habe sich vor der Verhaftung der Männer bereits von diesen losgesagt. Sven B. belastet sie jedoch in Koblenz, nennt sie den „treibenden Kern“ der Gruppe.

Wie es im Prozess weiter geht

Am kommenden Verhandlungtag will Thomas K. sich zu den Vorwürfen einlassen, Michael H.s Einlassung ist, Stand jetzt, für den darauffolgenden Prozesstag eingeplant. Thomas O. will sich offenbar nicht zur Anklageschrift äußern. Auch ein verdeckter Ermittler vom Verfassungsschutz, der die mutmaßliche Gruppe infiltriert hatte, soll im Laufe des Prozesses noch in Koblenz als Zeuge aussagen. Womöglich in Form einer Liveschalte, bei der das Gesicht des Zeugen verpixelt wird.

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