Für das Lesefest Literatur live hat die Koblenzer Buchhandlung Reuffel ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt
Schamanen und Bestseller zum Frühlingserwachen: Was Buchfans beim Lesefestival Literatur live erwartet
Frank Rumpenhorst/dpa

Wenn der Winter sich wie dieser Tage noch ein letztes Mal aufbäumt, das Wetter an den Nerven zehrt, können sich Buchliebhaber zumindest mit dem Gedanken trösten, dass die beiden großen Koblenzer Lesefestivals nicht mehr weit sind: Auf das eine, GanzOhr, folgt im April mit Literatur live gleich das nächste. An den Reuffel-Standorten Koblenz, Mayen und Montabaur sind dann wieder zahlreiche Lesungen geplant, die aufkommende Vorfreude ebenso rechtfertigen wie der nahende Frühling.

Einer der Höhepunkte des Programms erwartet die Literaturfans dabei gleich zu Beginn, wenn sich in Koblenz der erst wenige Monate alte Kjona Verlag vorstellt. Gegründet wurde dieser im Herbst 2022 von Lars Claßen, ehemals Programmleiter bei dtv, und Flo Keck, Geschäftsführer einer Digitalagentur. Das Besondere: Das Verlagshaus hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben, nutzt für seine Bücher ökologische Einbandverfahren, setzt auf aufbereitete PCs und klimaneutrale Telefonie, bezieht seinen Strom zudem vollumfänglich aus erneuerbaren Energien.

Lars Claßen
NinaRührSinnMedia

„Daneben“, betont Reuffel-Belletristikchef Rainer Marquardt, „betreibt Kjona auch eine nachhaltige Autorenentwicklung, springt nicht auf jeden Trend, sondern sucht gezielt nach Themen, die bleiben.“ Wie all das funktioniert, soll am 9. Mai im Gespräch mit Verlagsgründer Lars Claßen zur Sprache kommen.

Seinen Auftakt allerdings feiert das Koblenzer Programm bereits eine Woche zuvor mit einer Lesung Mechtild Borrmanns. Die Autorin stellt am 25. April ihren Roman „Feldpost“ vor, in dem sie eine Geschichte rund um Liebe, Schuld und Verrat zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs entfaltet.

Und damit Probleme zu Papier bringt, mit denen auch die Protagonisten in Manuel Butts „Zierfische in Händen von Idioten“ bestens vertraut sind. In dem Coming-of-Age-Roman kapern vier Jugendliche ein Fahrschulauto, um von der Ostsee über die Niederlande nach England auszureißen – ohne Geld und Plan, dafür mit dem elterlichen Seepferdchen im Kofferraum. Dass der Autor seit mehr als 20 Jahren Comedy fürs Fernsehen schreibt, spiegelt dabei auch sein Erstling, mit dem Butt am 17. Mai in Koblenz zu Gast ist.

Heidi Rehn
Susie Knoll

Das zweigeteilte Finale wiederum ist zwei Autorinnen vorbehalten: Bei „Lesen mit Aussicht“, einer Kooperation zwischen Reuffel und dem Koblenzer Kulturamt, gewährt Heidi Rehn am 3. August auf der Festung Ehrenbreitstein Einblicke in ihren Roman „Wir träumten vom Sommer“, in dem sie die Atmosphäre rund um die Olympischen Spiele 1972 in München aufgreift. Einen guten Monat zuvor, am 29. Juni, ist hoch über Koblenz zudem Beststellerautorin Tessa Randau mit ihrem aktuellen Werk „Das Meer und ich“ zu Gast.

Wobei nicht nur rund ums Deutsche Eck, sondern auch in Mayen viel Lesenswertes auf dem Programm steht – Außergewöhnliches trifft es im Fall von Annabelle Wimmer Bakic vielleicht eher, denn: Die Begründerin der spirituellen Archäologie arbeitet seit vielen Jahren als Schamanin und beschäftigt sich mit eben diesem Thema auch in ihrem Buch „Die Spur der Bienen“, aus dem sie am 4. Mai bei Reuffel liest.

Genau eine Woche später stellt ebendort auch Julia Kröhn ihren Historienroman „Die Welt gehört uns“ vor – und damit den nächsten Teil der Reihe um zwei Schwestern, die in Frankfurt zwischen Nachkriegszeit und den nun aufflammenden Studentenprotesten der 1960er-Jahre eine Buchhandlung betreiben. Zurück in den Krieg geht es derweil noch einmal am 16. Juni mit „Ein Kind namens Hoffnung“, in dem Marie Sand die Geschichte einer Frau erzählt, die unter Einsatz ihres Lebens einen jüdischen Jungen vor den Nazis rettet.

Christine Rhömer
Christine Rhömer

Womit noch der Auftakt des Mayener Programms am 21. April bliebe – für Reuffel-Belletristikchef Rainer Marquardt ebenfalls einer der Höhepunkte: Christine Rhömer nimmt das Publikum an diesem Tag mit ins hochmittelalterliche Lothringen, wo die Heilerin Meda von Trier versucht, den ihr anvertrauten Gero vor seinen Verfolgern zu bewahren. Der historische Roman spielt in Teilen in der Eifel – in der auch Rhömer geboren wurde – und sei aus diesem Grund „von großem regionalen Interesse“, wie Marquardt betont.

Und von dort aus gleich weiter nach Montabaur verweist, wo Daniel Robbel und Horst Hohn am 12. April „111 Orte im Westerwald, die man gesehen haben muss“ im Gepäck haben, darunter viel Sehenswertes und Anekdotisches – auch für all jene, die sich nicht als eingefleischte Mittelgebirgler betrachten.

Ziemlich beste Feinde

Wer sich hingegen mehr für die überregionale Geschichte interessiert, sollte sich Günter Müchlers Gastspiel im Kulturzentrum b-05 vormerken, bei dem der „Beste Feinde“-Autor am 2. Mai sehr pointiert auf die lange währende Hassliebe zwischen Deutschen und Franzosen blickt. Nur drei Tage später stellt Gaby Hauptmann in der Stadtbibliothek zudem „Das größte Glück im Leben“ vor, einen Heimatroman, in dem verschworene Nachbarn erbitterten Widerstand gegen einen gierigen Immobilienmakler leisten, ehe zum Abschluss in Montabaur noch ein besonderer literarischer Leckerbissen wartet – am 15. Juni im Forum St. Peter mit dem Leiter des ZDF-Studios Washington, Elmar Theveßen.

Elmar Theveßen
Astrid Riecken

Über den Journalisten bemerkt Marquardt, man müsse über dieses „prominente Gesicht“ gar nicht mehr viele Worte verlieren, um sich dann doch noch ein paar entlocken zu lassen: „Theveßen“, sagt er, „beschäftigt sich beruflich seit Langem mit den Weltverwerfungen zwischen den USA, der EU, Russland und China“ – die der Autor nun auch in „Kampf der Supermächte“ überaus punktgenau analysiert. Ein Buch, so Marquardt, das nicht nur aufgrund des Ukraine-Kriegs „täglich aktueller“ werde, weshalb er heute schon „sehr gespannt“ sei, „was Theveßen zu diesen Themen in Montabaur zu sagen hat“.

Das Literatur-live-Programm in der Übersicht

Termine in Koblenz:

  • 25. April, 20 Uhr, Reuffel (Altlöhrtor): Mechtild Borrmann: „Feldpost“

  • 9. Mai, 20 Uhr, Reuffel (Löhrstraße): Der Kjona Verlag: Ein Abend mit Gründer Lars Claßen, auch im Livestream
  • 17. Mai, 20 Uhr, Reuffel (Löhrstraße): Manuel Butt: „Zierfische in Händen von Idioten“, auch im Livestream
  • 29. Juni, 19.30 Uhr, „Lesen mit Aussicht“, Aussichtsplattform Festung Ehrenbreitstein: Tessa Randau: „Das Meer und ich“
  • 3. August, 19.30 Uhr, „Lesen mit Aussicht“, Aussichtsplattform Festung Ehrenbreitstein: Heidi Rehn: „Wir träumten vom Sommer“

Termine in Mayen:

  • 21. April, 20 Uhr, Reuffel (Marktstraße): Christine Rhömer: „Das Mündel der Meda von Trier“

  • 4. Mai, 20 Uhr, Reuffel (Marktstraße): Annabelle Wimmer Bakic: „Die Spur der Bienen“
  • 11. Mai, 20 Uhr, Reuffel (Marktstraße): Julia Kröhn: „Die Welt gehört uns“
  • 16. Juni, 20 Uhr, Reuffel (Marktstraße): Marie Sand: „Ein Kind namens Hoffnung“

Termine in Montabaur:

  • 12. April, 19.30 Uhr, Reuffel (Bahnhofstraße): Daniel Robbel/Horst Hohn: „111 Orte im Westerwald, die man gesehen haben muss“

  • 2. Mai, 19 Uhr, Kulturzentrum b-05 („Im Stadtwald“): Günter Müchler: „Beste Feinde“

  • 5. Mai, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek (Konrad-Adenauer-Platz): Gaby Hauptmann: „Das größte Glück im Leben“

  • 15. Juni, 19.30 Uhr, Forum St. Peter („Auf dem Kalk“): Elmar Theveßen: „Kampf der Supermächte“

Karten gibt's ab Samstag, 11. März, bei Ticket regional, unter Tel. 0651/979 07 77 oder online. Dort finden sich auch weitere Infos zum Programm. sts