Er ist in einem angenehm leichten Rot gehalten und misst in manchen Regionen deutlich mehr als 70 Zentimeter in der Breite und rund 40 Zentimeter in der Länge. Und trotz dieser Ähnlichkeiten zu einem Badezimmerteppich bekommt man ihn nicht beim Möbelhändler seines Vertrauens, sondern ausschließlich bei seiner örtlichen Verwaltung: Die Rede ist vom Stimmzettel für die Wahl der Kreistage.
An diesem Sonntag, 9. Juni, findet in Rheinland-Pfalz die Kommunalwahl statt. Im Gegensatz zu einer Bundestagswahl wird dieser Urnengang alle fünf Jahre durchgeführt. Wobei es sich genau genommen nicht um die eine Kommunalwahl handelt, sondern um ein ganzes Bündel von Kommunalwahlen. Gewählt werden am Sonntag, die Kreistage in den 24 Landkreisen, die Stadträte unter anderem in den 12 kreisfreien und den 29 verbandsfreien Städten, die 129 Verbandsgemeinderäte, die Ortsgemeinderäte und in größeren Städten auch die Ortsbeiräte in den Stadtteilen. Auf allen Ebenen der kommunalen Gremien können die Wählerinnen und Wähler also die kommunalen „Parlamente“ personell neu zusammenstellen.
Damit nicht genug: Auch sämtliche ehrenamtlichen Ortsbürgermeister – allein im Verbreitungsgebiet der Rhein-Zeitung und ihrer Heimatausgaben gibt es mehr als Tausend – stehen zur Wahl. Dazu kommen noch Ortsvorsteher in den Stadtteilen und, weil das Ende der achtjährigen Amtszeiten einiger Amtsinhaber in das Kommunalwahljahr fällt, auch eine Handvoll hauptamtlicher Bürgermeister und Landräte. Darunter die Verbandsbürgermeister in Baumholder und Birkenfeld und ein neuer Landrat für den Kreis Mayen-Koblenz.
Stichwahlen am 23. Juni
Für die Direktwahlen gilt: Wo sich kein Bewerber gefunden hat, müssen die neu gewählten Ortsgemeinderäte nach ihrer Konstituierung versuchen, einen neuen Ortschef zu wählen. Wo sich am 9. Juni mehrere Bewerber in der Direktwahl stellen und keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit von 50 plus x Prozent erreicht, darf der Wähler am Sonntag, 23. Juni, noch einmal ran, um zwischen den beiden Bestplatzierten aus dem ersten Wahlgang zu entscheiden. Ach ja, fast vergessen: Europawahl ist am 9. Juni auch noch...
Der kunterbunte Stimmzettel-Satz, den der Wähler am 9. Juni erhält, wäre ja schon Aufgabe genug. Doch seitdem die Einflussmöglichkeit des Wählenden mit einer Novellierung des Wahlrechts in Rheinland-Pfalz 1989 noch einmal gestärkt wurde, dürfen Stimmen auch kumuliert (gehäuft) und panaschiert (gemischt) werden. Wer also beispielsweise auf dem Stimmzettel seiner Kreistagswahl nicht einfach die Liste einer Partei ankreuzt, sondern seine – je nach Größe des Gremiums – 40, 50 oder 60 Stimmen einzeln vergeben möchte, kann sich mit seiner Stimmabgabe eine ganze Menge Zeit vertreiben.
Genau hierin sehen Wahlforscher neben anderen gesellschaftlichen Trends auch einen Hauptgrund dafür, dass die Zahl der Briefwähler auf Rekordniveau liegt. So bequem sind die Wahlkabinen in den Bürgerhäusern, Schulen und Turnhallen des Landes nicht bestuhlt, dass der Wähler einen großen Anreiz hätte, es sich hier mit Stimmzettel und Kugelschreiber stundenlang gemütlich zu machen. Bei der jüngsten Kommunalwahl 2021 lag der Anteil der Briefwähler – allerdings auch Corona-bedingt – bei fast 70 Prozent. Ob und wie stark der Briefwähler-Anteil in diesem Jahr ausfällt, ist einer der spannenden Randaspekte dieser Kommunalwahl.
Warum Tabellen auf Ortsebene keinen Sinn (mehr) ergeben
Die hohe Zahl der Briefwähler hat übrigens einen Nebeneffekt, den auch die Wahl-Berichterstatter zu beachten haben: Die Darstellung von Wahlergebnissen in Tabellenform ergibt unterhalb der Ebene der Kreistage keinen Sinn mehr, weil die Briefwähler zentral ausgezählt werden. Eine Tabelle, in der beispielsweise zur Wahl eines VG-Rates Ergebnisse auf Ebene der einzelnen Ortsgemeinden abgebildet werden, wäre damit sinnlos.
Ein Rechenbeispiel: In der Gemeinde X-Hausen wählen 100 Bürger, davon 60 per Briefwahl. Das Wahlergebnis, das auf Ortsebene ausgewiesen würde, berücksichtigt aber nur die 40 Wähler. Würden von diesen 40 Wählern 30 die Partei Y wählen, aber keiner der 60 Briefwähler, stünde in einer Ergebnistabelle für diese Partei ein Wahlergebnis von 75 Prozent, obwohl die Partei in dieser Gemeinde nur 30 Prozent geholt hat. Um keine schlicht falschen Ergebnisse zu transportieren, verzichtet auch die Rhein-Zeitung mit ihren Heimatausgaben auf den Abdruck solcher Tabellen.
Die schiere Zahl der Wahlen, Stimmzetteln und Kreuzchen bedingt auch, dass eine Kommunalwahl für die Mitarbeiter der Verwaltung, das Heer der ehrenamtlichen Wahlhelfer und natürlich auch für uns Lokaljournalisten kein Sprint, sondern ein tagelanger Marathon ist. Die Vorgehensweise bei der Auszählung der Wahl ist klar vorgegeben und lautet vereinfacht gesagt: von oben nach unten. Der Landeswahlleiter gibt vor, dass die Auszählung der Europawahl Priorität vor den Kommunalwahlen hat. Ein vorläufiges Europa-Endergebnis wird nicht vor 23 Uhr erwartet, weil in anderen europäischen Ländern die Wahllokale später schließen als 18 Uhr.
Ist die Europawahl ausgezählt, geht es an die Auszählung der Direktwahlen der Hauptamtlichen, also der Landräte und VG-Bürgermeister. Es folgt die Auszählung der ehrenamtlichen Ortsbürgermeister. Aus der Erfahrung früherer Wahlen lässt sich sagen, dass die allermeisten dieser Ergebnisse meist gegen Mitternacht in der Nacht zum Montag vorliegen. Der aufwändigste Teil der Kommunalwahl, die Auszählung der Stimmzettel für die Kreistage, VG-Räte und Ortsgemeinderäte, beginnt in der Regel überhaupt erst am Montag. Das komplette Bild über die Ergebnisse erwartet das Statistische Landesamt „nicht vor Mittwoch“.
Laufend aktuelle Wahl-Ticker auf unserer Internetseite
Dieser Tatsache gilt es auch bei der Berichterstattung Rechnung zu tragen. Längst haben sich die früheren „Zeitungshäuser“ zu modernen Medienkonzernen gewandelt, die Nachrichten nicht nur auf Papier, sondern auch auf verschiedenen digitalen Kanälen verbreiten. Dieser multimedialen Aufstellung passt sich auch die Berichterstattung über eine Kommunalwahl an, indem jeder Kanal mit den Informationen bespielt wird, die seine Stärken am besten zum Tragen bringen. Das bedeutet, die Redakteure und Reporter Ihrer Zeitung bespielen in der Wahl-Nacht von der Schließung der Wahllokale bis Mitternacht die Wahl-Ticker auf rhein-zeitung.de.
Am 9. Juni dürfen die Rheinland-Pfälzer gleich mehrere Kreuze in der Wahlkabine machen: Die Bürger wählen nämlich nicht nur ein neues EU-Parlament, sondern auch Parlamente auf allen kommunalen Ebenen. Warum die Abstimmungen im ganzen Bundesland für die rheinland-pfälzischen Parteien und die gesamte ...Sieben Gründe: Darum sind die Europa- und Kommunalwahlen für die rheinland-pfälzische Landespolitik bedeutend
Viel Arbeit ist in den vergangenen Monaten in die Vorbereitung der Kommunalwahlen investiert worden, in den Verwaltungen, bei den Parteien und Kandidaten und natürlich auch in den Redaktionen. Jetzt kommt es nur noch auf eines an. Und das betrifft alle: Machen Sie bitte von Ihrem Wahlrecht Gebrauch.
Weitere Informationen, Kandidatenporträts und unsere Liveticker zur Wahl finden Sie unter www.rhein-zeitung.de/kommunalwahlen