Rheinland-Pfalz
Kommentar zur Debatte um Strafmündigkeit: Bedürfnis nach Gerechtigkeit wird nicht erfüllt
Alexei Scutari/ Unsplash

Der gewaltsame Tod der 12-jährigen Luise aus Freudenberg hat für Entsetzen, Wut und Trauer gesorgt – zu Recht wird deshalb jetzt über eine Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters diskutiert, kommentiert RZ-Redakteurin Birgit Pielen.

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Dieser entsetzliche Fall von Freudenberg berührt neben allem Mitgefühl für die betroffenen Familien auch unser aller Rechtsempfinden. Wie kann es sein, dass zwei Mädchen brutal mit einem Messer auf eine Zwölfjährige einstechen, sie verblutend im Wald liegen lassen und nicht dafür bestraft werden, weil sie zu jung sind? Zu Recht wird deshalb jetzt über eine Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters diskutiert.

Natürlich, der Tod von Luise ist in dieser Grausamkeit ein Einzelfall. Einzelfälle sind untauglich, um daraus generelle Rückschlüsse für das Strafrecht zu ziehen. Dennoch gibt es berufene Stimmen, die deutlich machen, dass es höchste Zeit für eine Debatte ist. Die Polizeigewerkschaft Nordrhein-Westfalen beispielsweise stellt fest, dass die Beamten im täglichen Dienst immer häufiger mit den kriminellen Taten von strafunmündigen Kindern konfrontiert werden. Die Kinder seien immer rücksichtsloser und gewalttätiger, heißt es. Aus Sicht der Gewerkschaft wäre deshalb ein Strafmündigkeitsalter von zwölf Jahren angemessen.

CDU-Politiker Günter Krings hat recht, wenn er sagt, dass man zumindest darüber diskutieren muss, ob das Alter der Strafmündigkeit für schwere Straftaten gesenkt werden muss. Denn jedes Kind sollte wissen, wo Gewalt beginnt – und wo sie enden kann. Das sollte Konsens in unserer Gesellschaft sein, die 16-Jährigen zutraut, dass sie unfallfrei Mofa fahren oder in mehreren Bundesländern bei einer Landtagswahl mitentscheiden dürfen. Entscheidend ist doch: Die Reife der (meisten) Kinder setzt heute früher ein als noch vor Jahrzehnten. 1953 hat der Gesetzgeber das Alter der Strafmündigkeit von zwölf auf 14 Jahre angehoben. Es macht Sinn, von einer wissenschaftlichen Kommission untersuchen zu lassen, ob das heute noch angemessen ist, wie der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) es fordert.

Klar ist aber auch: Haftstrafen machen aus Tätern in der Regel keine besseren Menschen. Und deshalb darf das Strafmündigkeitsalter nicht leichtfertig herabgesenkt werden. Die Härte einer Strafe führt nicht automatisch zu einer Resozialisierung, noch wirkt sie abschreckend. Im Fall von Luise müssen wir es also vorerst aushalten, dass das allzu verständliche Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Bestrafung nicht erfüllt wird.

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