Rheinland-Pfalz – Jochen Hartloff ist noch nicht vereidigt – und trotzdem steht der designierte Justizminister bereits vor einem Berg von Problemen. In der Koblenzer Justiz ist der Teufel los, weil das Oberlandesgericht künftig nur noch eine personell abgespeckte Außenstelle des OLG Zweibrücken werden soll. Aber auch innerparteilich ist man mit der „Performance“, dem Auftreten, des scheidenden SPD-Fraktionschefs nicht ganz glücklich. Ein Einstand nach Maß sieht wahrlich anders aus.
Doch alles schön der Reihe nach: Der Ärger für Hartloff begann schon mit seinem gescheiterten Versuch, sich vorschnell als SPD-Fraktionsvorsitzender bestätigen zu lassen. Damit wollte der Jurist aus der Pfalz einen Konkurrenten ausbooten: Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD). Der Coup scheiterte. Hartloff musste die Abstimmung in der Fraktion wieder abblasen. In dieser wollte er sich im Paket mit einer wichtigen Vertrauten wählen lassen: der Parlamentarischen Geschäftsführerin Barbara Schleicher-Rothmund.
Minister wider Willen
Der ansonsten so höfliche und friedliche Hartloff war entsprechend verärgert. Denn der Rechtsanwalt aus Kusel hatte keine Lust, das einflussreiche Amt des Fraktionschefs gegen den Stuhl des Justizministers einzutauschen. Konsequenz: Vermutlich wird er demnächst der einzige Minister wider Willen im rot-grünen Kabinett sein.
Um Hartloff zu besänftigen, mussten ihm einige Zugeständnisse gemacht werden. Er bekam neben der Justiz auch noch den Verbraucherschutz, was zu einer skurrilen Kombination führt: nämlich zu einem „Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz“. Diesen Zuschnitt kann in der SPD keiner so recht stimmig erklären, auch wenn Verbraucherrechte natürlich juristisch abgesichert werden müssen. Normalerweise gehört diese Zuständigkeit ins Umweltministerium – dort, wo beispielsweise auch der gesamte Bereich Ernährung angesiedelt ist.
Schließlich verlangte Hartloff für seinen Verzicht auf eine Kandidatur als Fraktionsvorsitzender, dass seine Vertraute Schleicher-Rothmund (ebenfalls aus der Pfalz) Parlamentarische Geschäftsführerin bleibt. Der designierte Fraktionschef Hendrik Hering konnte sich also nicht einmal seine Organisationschefin frei aussuchen. Nur um des lieben SPD-Friedens Willen stimmte der scheidende Wirtschaftsminister dem Handel zu.
Streit um die Zukunft des OLG bricht herein
Und zu guter Letzt bricht über Jochen Hartloff auch noch der Streit um die Zukunft des Koblenzer Oberlandesgerichts und der dort ansässigen Generalstaatsanwaltschaft herein. Bislang war da wenig Klärendes von SPD-Seite zu vernehmen. Mal heißt es, starke Auswärtssenate bleiben in der Rhein-Mosel-Stadt, mal wird intoniert, das sei aber nur vorübergehend so. Richter und Justizangestellte haben sich zu einer breiten Protestfront formiert, der sich inzwischen auch Koblenzer Grüne anschließen. Zumal das böse Wort von der „Rache“ an der renitenten Koblenzer Justiz kursiert, die noch vor wenigen Wochen heftig gegen die umstrittene Personalpolitik des scheidenden Justizministers Heinz Georg Bamberger (SPD) aufbegehrte.
Und ist der Ärger erst mal da, werden auch Kleinigkeiten wichtig. Plötzlich kommt es nicht mehr ganz so gut, dass der unkonventionelle Hartloff die rot-grüne Justizpolitik beim Mainzer SPD-Parteitag im T-Shirt verteidigte.
Bei den Sozialdemokraten ist man dennoch guter Dinge, dass Hartloff schließlich die Kurve bekommt. „Sobald er im Amt ist, kann er sich als Krisenmanager bewähren. Macht er das gut, stärkt es ihn sogar“, meint eine SPD-Frau. Der normalerweise eher besonnene künftige Justizminister könnte durchaus in der Lage sein, die Wogen zu glätten, glauben politische Beobachter. Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Der Pfälzer ist für seine Liebe zur Kunst bekannt. Nun ist die Kunst der Vermittlung gefragt. Dietmar Brück