Berlin
Gefoltert, missbraucht, vertrieben

Berlin - Seit mehr als 50 Jahren kämpft Amnesty International für die Einhaltung der Menschenrechte. Ein mühsamer Kampf: Noch immer wird in weit mehr als 100 Staaten gefoltert. Und weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie schon lange nicht mehr.

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Berlin – Seit mehr als 50 Jahren kämpft Amnesty International für die Einhaltung der Menschenrechte. Ein mühsamer Kampf: Noch immer wird in weit mehr als 100 Staaten gefoltert. Und weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie schon lange nicht mehr.

Von Axel Hofmann

Ein Ende der Situation ist derzeit nicht in Sicht: Die Zahl der Menschenrechtsverletzungen verharrt weltweit auf hohem Niveau. Zu diesem Ergebnis kommt der neueste Jahresbericht von Amnesty International (ai). Demnach wurden im vergangenen Jahr Menschen in 112 Staaten misshandelt und gefoltert. In 101 Ländern wurde das Recht auf freie Meinungsäußerung unterdrückt.

Undemokratische Demokratien

Deutliche Kritik übt der Bericht unter anderem an „bürokratischen Schikanen“ gegen Nichtregierungsorganisationen in relativ jungen Demokratien wie Russland und Ägypten. „2012 haben viele Regierungen versucht, ihren Bürgern die in den vergangenen Jahren gewonnenen Freiheiten wieder zu nehmen“, beklagte die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Mit den Razzien in Russland, von denen auch deutsche Stiftungen betroffen waren, soll die dortige Bevölkerung von einem zivilgesellschaftlichen Engagement abgehalten werden.

Vergleichsweise gute Noten gibt es für die Bundesrepublik. „Wir sind in Deutschland auf einem guten Stand“, bilanzierte Caliskan und hob damit die deutschen Bemühungen um die Menschenrechte auf internationalem Parkett hervor. Auf Kritik stößt jedoch die deutsche Abschiebepraxis. Der Bericht bemängelt die Abschiebung von Flüchtlingen nach Ungarn und in das Kosovo, obwohl die Sicherheit der Betroffenen in diesen Ländern nicht gewährleistet ist. So müssen etwa Roma im Kosovo mit vielfacher Diskriminierung rechnen.

Europas Umgang mit Flüchtlingen ist nach Ansicht von Amnesty ohnehin unzureichend – vor allem angesichts der dramatischen Lage in Syrien. Jeden Tag flüchten nach ai-Angaben 4000 Menschen aus dem Bürgerkriegsland, doch die EU hat seit Ausbruch des Konflikts erst 40 000 Flüchtlinge aufgenommen. Das sei „erschreckend wenig“, kritisierte Caliskan.

Weltweit waren nach ihren Worten im vergangenen Jahr 43 Millionen Menschen auf der Flucht vor bewaffneten Konflikten oder Verfolgung – so viele wie seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr. Die Menschenrechte der Betroffenen werden aber von zahlreichen Ländern mit Füßen getreten. „Viele Staaten konzentrieren sich auf den Schutz ihrer Grenzen und nicht auf den Schutz dieser Flüchtlinge.“

Vertreibungen mitten in Europa

Der Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation dokumentiert darüber hinaus illegale Zwangsräumungen in 36 Staaten. Dazu zählen auch EU-Staaten wie Italien und Frankreich, wo verschiedene Roma-Siedlungen geräumt wurden. Im Fokus steht jedoch Brasilien: Bei der Vorbereitung der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016 wurden dem Bericht zufolge Tausende Menschen aus ihren Häusern vertrieben – oftmals ohne rechtzeitige Vorwarnung und Bereitstellung einer angemessenen anderen Unterkunft. Caliskan bemängelte, dass vielen förmlich das Dach über dem Kopf abgerissen werde, „um der Welt ein schönes Bild von Brasilien zu zeigen“.

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