Prozess am Koblenzer Oberlandesgericht: Peter S. nahm 1996 am "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" in Worms Teil - auch NSU-Mitglieder waren da
Fall Yeboah: Angeklagter marschierte mit Beate Zschäpe
Peter S. am ersten Verhandlungstag im Koblenzer Oberlandesgericht. Der 51-Jährige streitet die Vorwürfe ab. ⋌Foto: Thomas Frey
dpa/Thomas Frey

Rheinland-Pfalz. Hat Peter S. in der Nacht vom 18. auf den 19. September 1991 das Flüchtlingsheim in Saarlouis-Fraulautern angezündet – und ist er somit verantwortlich für den tragischen Feuertod von Samuel Kofi Yeboah aus Ghana? Im Koblenzer Oberlandesgericht bestritt Peter S. am Montag, etwas mit dem Brand zu tun gehabt zu haben.

Dass er indes in den 90ern Teil der rechten Szene gewesen ist, das wurde durch im Gerichtssaal präsentierte Bilder unterminiert. Sie zeigen den heute 51-Jährigen beim „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ 1996 in Worms. Damals auch dabei: Beate Zschäpe und Uwe Mundlos, die späteren Mitglieder der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Ob der Angeklagte Zschäpe und ihre Gruppe persönlich kannte, diese Frage blieb am Montag im Gericht jedoch offen.

Die Einlassung des Angeklagten

Nun folgt ein kurzer Abriss der Einlassung des Angeklagten zur Brandnacht: Am 18. September 1991 trifft Peter S. sich zwischen 20 und 21 Uhr mit zwei Skinhead-Kameraden am Brunnen auf dem Marktplatz in Saarlouis. Von dort läuft das Trio zum Gasthof Bayrischer Hof, wo im Anschluss gebechert wird – Bier und Schnaps. Worüber man sich genau unterhalten hat, daran kann Peter S. sich eigenen Aussagen zufolge nicht mehr erinnern.

Um 1.30 Uhr schmeißt der Wirt alle raus: Sperrstunde. Peter S. torkelt nach Hause, er wohnt nur fünf Minuten vom Lokal weg – in der Wohnung seiner Mutter. Im Wohnzimmer legt er sich auf die Couch – und nickt sturzbetrunken sofort ein. Um 9 Uhr wecken ihn Sonnenstrahlen im Gesicht, als seine Mutter die Rollläden hochzieht. Peter S. ist verkatert, hört später zufällig im Radio, dass die Flüchtlingsunterkunft in der Nacht gebrannt hat. Aus reiner Sensationslust radelt er wenig später dorthin. Auch seine Kumpels sind da, ferner Feuerwehrleute, Polizisten, andere Schaulustige.

Peter S. kritisiert Anklageschrift

In der Einlassung des Angeklagten, die sein Verteidiger für ihn verlas, wurde zudem klargestellt, dass damals keine Pogromstimmung in Saarlouis geherrscht habe, wie in der Anklage beschrieben. Auch hätten er und seine Skinhead-Kumpels den Brand der Flüchtlingsunterkunft keineswegs begrüßt. In Folge könne also nicht die Rede davon sein, dass man die rassistisch motivierten Ausschreitungen von Hoyerswerda zwischen dem 17. und 23. September 1991 gutgeheißen habe, sie sich gar zum Vorbild genommen habe. Auffällig ist, dass die Kumpels von Peter S. damals bei der Polizei eine andere Chronologie des Abends zu Protokoll gegeben hatten. Ebenfalls bemerkenswert: Einzig Peter S. gab bei der Polizei keinen Kommentar zu seiner Einstellung gegenüber Ausländern ab.

“Tragisch, dass jemand umgekommen ist"

Seine Skinhead-Freunde indes bekannten allesamt Flagge, erklärten jedoch auch, dass man Flüchtlinge keineswegs so sehr verachte, dass man Asylbewerberunterkünfte anzünden würde. Ein Kumpel des Angeklagten sagte interessanterweise aus, dass Peter S. sich kurz nach dem Brand sehr auffällig verhalten habe. Dass jemand bei dem Brand ums Leben gekommen war, hat Peter S. eigenen Aussagen zufolge damals kaltgelassen. „Heute sehe ich das anders. Das ist tragisch, dass da jemand umgekommen ist“, so der 51-Jährige am Montag.

Von Johannes Mario Löhr

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