„Vor zwei Jahren wurde bei mir Brustkrebs diagnostiziert“, erzählt die junge Frau, als wir auf dem Bänkchen vor der Kapelle St. Peter und Paul in der Frühlingssonne sitzen. Sie schließt kurz die Augen und atmet tief ein. Eine Diagnose, die ihr Leben auf den Kopf stellte. Eigentlich hatte sich Helena Steiger ihre Zukunft anders vorgestellt. Sie war nach Köln gezogen, um näher am Puls der Filmbranche zu sein. Schon als Kind träumte sie davon, Schauspielerin zu werden, erzählt sie, „und auch, wenn meine Eltern erst einmal leicht überrascht waren, haben sie mich doch immer unterstützt“. Zielstrebig hatte Helena begonnen, ihre Karriere aufzubauen. Sie lernte professionelles Schauspiel, sie bekam erste kleine Rollen zum Beispiel an der Seite von Christoph Maria Herbst, und sie landete sogar schon den ersten großen Erfolg bei einer Bollywood-Produktion. „Seitdem habe ich einen großen Fankreis in Indien“, erzählt Helena Steiger und muss lachen. „Ich spielte damals die hübsche, deutsche, blonde Frau, in die sich der indische Hauptdarsteller verliebte – und die Fans waren von mir hingerissen.“
Kampf gegen den Krebs
Auftritte auf der Berlinale folgten, Schritt für Schritt kletterte Helena die Karriereleiter nach oben, immer abgesichert, immer durchgeplant und wohlüberlegt. Und dann das: Brustkrebs. „Auf einmal plante ich nicht mehr neue Filmprojekte, sondern ich musste mich mit der Möglichkeit meines Todes auseinandersetzen“, sagt Helena leise. Nach dem ersten Schock raffte sie all ihren Lebensmut zusammen und entschied, dem Krebs nicht kampflos das Feld zu überlassen.
Wir spazieren langsam den steilen Weg zur Burg Grenzau hinauf. Die Frühlingssonne wärmt, die Vögel zwitschern um die Wette, die Welt scheint hier völlig friedlich und in Ordnung zu sein. „Ich habe mich damals ganz zu meiner Familie, zu meinen engsten Freunden und hier in meine Heimat zurückgezogen“, erzählt Helena Steiger. 16 Chemotherapien und 28 Bestrahlungen musste ihr Körper aushalten. „Das hat nicht nur den Körper an die Grenzen gebracht, sondern auch meine Seele“, sagt Helena. Umso wichtiger war die Natur in dieser Zeit für sie.
Aromatherapie Wald
Sie bleibt kurz stehen und atmet tief, tief, tief ein. „Riechst du das?“, fragt sie leise. „Der Wald ist doch die beste Aromatherapie, die wir überhaupt bekommen können.“ Wir schließen kurz die Augen und lassen die Natur auf uns wirken. Das leise Rauschen der Blätter, das Singen der Vögel. „Ich bin damals bei Wind und Wetter an der frischen Luft gewesen“, erzählt Helena. „Meine Eltern haben mich manchmal schon ziemlich erstaunt angesehen.“ Sie lacht auf. „Aber ich habe das Leben genießen und die Natur spüren müssen.“
Wir erreichen die Burg und blicken auf Grenzau hinunter. „Ich bin heilfroh, dass der Krebs verschwunden ist, und sehr dankbar über den Verlauf meiner Genesung“, sagt Helena. Jetzt muss nur noch alles so bleiben, wie es ist, der Krebs darf nicht zurückkehren. Deshalb versucht die junge Frau, ihren neuen Lebensstil beizubehalten. „Ich habe gemerkt, dass die große Stadt ihren Reiz verloren hat“, erzählt sie. Wegen Corona hätten auch viele ihrer Bekannten diese Erfahrung gemacht. „Alles, was die Stadt einmal so attraktiv machte, ist heute geschlossen. Jetzt beneiden mich viele um meinen Rückzugsort hier im Westerwald.“
Ein großer Eisenring baumelt am Eingangstor der Burg Grenzau. „Lass uns mal klopfen“, schmunzelt Helena abenteuerlustig und hämmert gegen die Tür. Und tatsächlich: Das schwere Tor öffnet sich – die Burgherren sind zu Hause. „Herzlich willkommen“, begrüßt uns Dietmar Spiegel mit einem Lächeln im Gesicht. 1953 erwarb der Architekt Hans Spiegel die Burg, seit seinem Tod wird die Burg von der Familiengesellschaft der vier Nachkommenlinien betreut. „Wir tun unser Bestes, auch wenn es sehr viel Arbeit ist“, erzählt Dietmar Spiegel. Wir bekommen eine kleine Führung durch die Burganlage und genießen den herrlichen Ausblick. „Dort drüben geht es bis zum Rhein hinunter“, erzählt der Burgherr und beschreibt die Leuchtfeuer-Stafette, mit der in früheren Zeiten die Menschen Botschaften von Turm zu Turm schicken konnten – auch die Burg Grenzau war eingebunden. Sie wurde von Heinrich I. von Isenburg um 1210 als Burg Gransioie erbaut und überwachte eine Fernstraße, die vom Rheintal bei Bendorf nach Osten auf den Westerwald führte.
Felsformation Kaiserstuhl
Wir verabschieden uns vom freundlichen Burgherren und wandern noch ein wenig weiter. Unweit von der Burg Grenzau gibt es den Kaiserstuhl, eine der markantesten Felsformationen im Brexbachtal. Als wir ankommen, sehen wir einen Mountainbikefahrer, der dort rastet. Da der Zugangsweg zum Kaiserstuhl sehr eng ist und wir gerade zu Corona-Zeiten den Abstand einhalten wollen, warten wir – bis der Mountainbiker uns entdeckt. „Der Kaiserstuhl ist ein begehrter Platz“, ruft er lachend herüber und hat es auf einmal ganz eilig. Wir plaudern ein wenig, dann schwingt er sich in seinen Sattel und überlässt uns den felsigen Aussichtspunkt.
Helena schwingt sich lachend auf das kleine Holzbänkchen und lässt die Füße baumeln. Sie schließt kurz die Augen, und die Sonne scheint direkt auf ihr Gesicht. Wieder und wieder atmet Helena tief und glücklich ein. „Ich genieße gerade einfach jede Minute“, sagt sie leise. „Und ich tanke Kraft für die Zeit, wenn ich wieder als Schauspielerin arbeiten kann.“ Deshalb kann Helena selbst aus der Corona-Situation die guten Dinge ziehen und sich auf Positives konzentrieren. Und sie hofft, dass die Zusagen, die vor ihrer Krebserkrankungen getroffen wurden, auch in der näheren Zukunft noch gelten werden, wenn sich alles wieder ein wenig normalisiert hat.
Was wäre sie denn gern geworden, wenn es mit der Schauspielerei damals nicht geklappt hätte? Was kann sie sonst noch? „Polizei“, kommt es wie aus der Pistole geschossen, und Helena Steigers Augen funkeln: „Steiger mein Name, Fahrzeugkontrolle, Führerschein und Fahrzeugschein bitte“, sagt sie in strengem Ton.
Wir müssen laut lachen. Glücklicherweise hat Helena auch ihren Humor nicht verloren. Man spürt: Das neue Leben nach dem Krebs hat gerade erst angefangen. Dann schwingt sie sich vom Holzbänkchen herunter. „Ich habe riesige Lust auf Kuchen“, verkündet sie und schmunzelt: „Glücklicherweise hat meine Mutter gebacken. Das sollten wir uns zunutze machen.“ Ja, der Westerwald hat eben nicht nur Naturschönheiten zu bieten, sondern auch köstliche Leckereien ...
Der Traum vom Schauspiel
Biografie: Helena Steiger wurde 1988 in Freudenberg im Siegerland geboren und wuchs in Freilingen im Westerwald auf. Sie besuchte die Oberwaldschule in Selters und entschied sich schon mit zwölf Jahren, Schauspielerin zu werden. Zunächst machte sie eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten. 2010 bis 2013 besuchte sie die Schauspielschule Koblenz.
Helena Steiger spielte schon während der Ausbildung als Neben- und Kleindarstellerin in diversen Fernsehproduktionen mit, unter anderem bei der TV-Serie „Stromberg“ mit Christoph Maria Herbst, bei der ZDF-Serie „Kommissar Stolberg“ oder bei der Bollywood-Produktion „Spark“, die Anfang 2014 in die Kinos kam. Helena Steiger moderiert auch zahlreiche Veranstaltungen, zum Beispiel bei der Berlinale den Fair Film Award oder Charityevents in Wiesbaden. Außerdem ist sie auf den Theaterbühnen zu finden. 2019 wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert, sie gilt als geheilt.
Social Media: Bei Facebook hat Helena Steiger ein Fanprofil, bei Instagram ist sie unter@helenasteiger zu finden. Ihre Internetseite lautet: www.helenasteiger.de
Ein Video des Ausflugs sehen Sie im Internet unter der Adresse ku-rz.de/helenasteiger