Miruna Xenocrat ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und arbeitet bei der Arbeitnehmerhilfe in Berlin. Der Verein hat auch eine Niederlassung in Koblenz. Sollte ein Arbeitnehmer oder dessen direkte Angehörige von Hochwasserschäden betroffen sein und diese ihn an seiner Tätigkeit hindern, muss er bezahlt freigestellt werden. Das ist im Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgehalten. Dabei gilt, dass dem Arbeitgeber rechtzeitig Bescheid gegeben werden muss. Xenocrat erklärt: „Der Arbeitnehmer muss aber selbst betroffen sein, das heißt, es reicht nicht aus, dass nur die Straße überschwemmt ist und der Arbeitnehmer so nicht zur Arbeit fahren kann.“ Sollten alle Wege aus dem Ort unbefahrbar sein und auch die öffentlichen Verkehrsmittel nicht fahren, muss der Arbeitnehmer zwar nicht arbeiten, kann jedoch seine Lohnansprüche für diesen Zeitraum verlieren.
Arbeitsrechtlich zählt diese Befreiung von der Arbeit laut Xenocrat als bezahlter Sonderurlaub. Allerdings ist diese Regelung nur für einen kurzen Zeitraum gültig. In der Regel zählen hier nur die ersten fünf Tage, die bei den massiven Schäden des Ahr-Hochwassers nicht ausreichen werden, um das Chaos zu beseitigen. Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln, erklärt: „Ist die Arbeitsleistung längere Zeit objektiv unmöglich, darf der Arbeitnehmer der Arbeit auch weiterhin fernbleiben, erhält aber keine Vergütung mehr.“ Im Katastrophengebiet liegen auch einige Betriebe, die durch die Hochwasserschäden ihre Arbeit vorerst nicht weiterlaufen lassen können. Das betrifft Arbeitnehmer, die ebenfalls von dem Hochwasser betroffen sind, aber auch Arbeitnehmer, die außerhalb des Gebiets wohnen und so indirekt betroffen sind. Auf Lohnfortzahlung haben die Arbeitnehmer aber vorerst weiterhin Anspruch, obwohl der Betrieb nicht weiterlaufen kann. Oberthür sagt: „Kurzarbeit kann das Problem für beide Seiten abmildern.“
Die Solidarität in den betroffenen Gebieten ist groß. Zahlreiche Helfer tauchen auf, um Freunden aber auch Fremden in der jetzigen Situation auszuhelfen. Rettungskräfte und Ehrenamtliche aus verschiedenen Hilfsorganisationen wie der freiwilligen Feuerwehr sind im Dauereinsatz. Michael Klein vom Landesfeuerwehrverband Rheinland-Pfalz erzählt, wie so ein Einsatz arbeitsrechtlich geregelt ist: „Es erfolgt eine Alarmierung, und dann geht der Feuerwehrangehörige in den Einsatz. Es handelt sich um eine Freistellung.“ In dieser Zeit, das bedeutet, solange der Einsatz andauert und eine Freistellung vertretbar ist, wird der Lohn den Arbeitnehmern ganz normal weitergezahlt.
Viele Banken und andere Institutionen unterstützen das Ehrenamt, das ihre Mitarbeiter neben ihrem Job machen, schon lange. Doch wie kulant sind Arbeitgeber eigentlich, wenn es darum geht, ihre Mitarbeiter freizustellen, wenn eine Alarmierung eingeht? Michael Klein erklärt: „Das ist nicht im Arbeitsvertrag zu regeln, sondern diese gibt das Brand- und Katastrophenschutzgesetz RLP des Landes her. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, einen ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen freizustellen.“ wih/dpa