Von David Fischer und Sarina Zink (dpa)
Es ist Sonntag kurz vor 18.00 Uhr. In wenigen Minuten schließen die Wahllokale. Mit Spannung warten im Rathaus von Bad Münstereifel Kommunalpolitiker auf die Ergebnisse. Der SPD-Politiker Werner Esser steuert auf einen klaren Sieg im Rennen um das Bürgermeisteramt zu. Bis zu seinem Triumph sind es nur noch wenige Minuten. Doch plötzlich bricht der 57-Jährige zusammen. Verdacht auf Herzinfarkt. Mitstreiter versuchen ihn wiederzubeleben. Esser stirbt am Wahlabend auf der Intensivstation einer Klinik.
Den Sozialdemokrat unterstützten sowohl die Grünen als auch und die Unabhängigen Wählervereinigung (UWV). „Der Abend war wahnsinnig aufregend für ihn“, erzählt der SPD-Landtagsabgeordnete Bernhard von Grünberg. UWV-Fraktionschef Eddy Daniel schilderte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ die dramatischen Minuten: „Rainer Waasem (SPD) und ich haben abwechselnd versucht, ihn durch Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben, bis der Notarzt eintraf.“ Mitbewerberin Sabine Preiser-Marian (CDU) erklärte der Zeitung: „Als ich die Nachricht bekommen habe, habe ich erst einmal hemmungslos losgeheult“.
Der Tod löst große Bestürzung aus. „Er war sehr gut darin, auf Menschen zuzugehen, zuzuhören, zu schlichten“, beschreibt Grünberg. Als Vorsitzender des Bonner Mieterbundes war Grünberg für Esser nicht nur Chef, sondern auch langjähriger politischer Mentor. Der 57-Jährige war 25 Jahre Rechtsberater des Mieterbundes und mehrere Jahre Stadtrat in Bonn. SPD-Landeschefin Hannelore Kraft und NRW-SPD-Generalsekretär André Stinka erklärten: „Werner Esser war ein großartiger Mensch, ein Kümmerer und ein Kämpfer für die Werte der Sozialdemokratie. Wir vermissen ihn in unserer Mitte und sind in Gedanken bei seiner Familie und seinen Angehörigen.“
Heino fand den Kandidaten sympatisch
Im Wahlkampf hatte der SPD-Politiker einen prominenten Unterstützer: den Schlagersänger Heino, der im Wahlort Bad Münstereifel wohnt. „Ich habe die Nachricht gestern um halb Elf von seiner Familie erfahren und war geschockt“, sagt der 76-Jährige. „Er hatte gute Argumente und hätte die Stadt aus ihrem Dornröschenschlaf wecken können.“ Vor seiner Kandidatur war Esser an den Promi herangetreten. „Er war mir sympathisch, ich hatte das Gefühl: Das harmoniert“, sagt der Sänger. Die Wahlkampf-Unterstützung beschränkte sich dann aber auf ein Foto bei Facebook, auf dem Esser mit Heino vor einem Hauseingang posiert.
In seiner Freizeit war der Familienvater Esser im Karnevalverein im Bonner Teilort Kessenich aktiv. „Wir haben gestern alle mitgefiebert, das Ergebnis war für uns umso schockierender“, sagt Vereinsmitglied Denis Straet. „Mit ihm konnte man Spaß haben.“ In sozialen Netzwerken sprachen Freunde und Bürger seiner Familie ihr Beileid aus. Nach dem Tod des Bürgermeisterkandidaten, der 45 Prozent der Stimmen erhielt, steht in Bad Münstereifel nach den gesetzlichen Vorgaben in diesem Jahr ein Neuwahl an – auch wenn daran derzeit keiner denken mag.
dpa