Trechtingshausen

Hohe Kosten für kalte Gemäuer: Der steile Weg der Burgherren zur Energiewende

Von Christian Schultz
Burgen in Zeiten hoher Energiekosten
Oft feucht und kaum gedämmt: Altehrwürdige Gebäude wie die Burg Rheinstein bei Trechtingshausen ächzen unter hohen Energiekosten hoch. Doch die Vorgaben des Denkmalschutzes und die baulichen Einschränkungen setzen der Energiewende in Burgen enge Grenzen. Fotos: Thomas Frey/dpa Foto: dpa / Thomas Frey/dpa

Burgen sind so ziemlich das Gegenteil von einem Niedrigenergiehaus. Die altehrwürdigen Gemäuer sind oft feucht und nicht oder kaum gedämmt. Das treibt die Energiekosten hoch. Ob Rheinstein, Reichenstein, Sooneck oder Stahleck – als diese Burgen im Mittelrheintal gebaut wurden, dachte niemand über Dämmwerte, Machfachverglasung oder Energieeffizienz nach.

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Heute schaut das anders aus, Burgherren müssen sich mit deutlich gestiegenen Energiekosten auseinandersetzen und reagieren – doch Bausubstanz und Denkmalschutz setzen Grenzen. Was also tun?

Marco Hecher ist Besitzer von Burg Rheinstein in Trechtingshausen, die sich linksrheinisch trutzig aus dem Hang erhebt und auf das hessische, zu Rüdesheim gehörende Assmannshausen auf der anderen Flussseite blickt. Die eigentliche Burg mit einem Museum wird im Winter nicht beheizt, erklärt Hecher, ein Anbau von 1840 – das frühere Gesindehaus – mit der Wohnung der Familie Hecher und ein Turmzimmer, das Besucher buchen können, sehr wohl – mit Flüssiggas. Das Turmzimmer sei komplett im alten Zustand, habe einfache Fenster, sagt Hecher. „Da fließt Gas durch ohne Ende.“

Hecher hat den direkten Vergleich zwischen alt und neu. 2009 baute er ein modernes Restaurant an die Burg an. Im alten Teil lägen die Heizkosten dutzendfach über denen für das Restaurant, sagt er. Aus dem Gesindehaus sind Hechers Eltern vor einiger Zeit ausgezogen. Doch auch wenn dadurch 180 Quadratmeter weniger warmgehalten werden müssten, fielen nach wie vor Kosten von insgesamt rund 10.000 Euro pro Jahr für Flüssiggas an.

Eigens einen Energieberater in die Burg geholt

Wie andere Burgbesitzer denkt Hecher über Alternativen zu fossilen Energieträgern nach. Burg Rheinstein zählt vier Flüssiggasthermen, eine davon sei relativ alt, sagt Hecher. Hier müsse etwas getan werden, die Frage sei nur, was. Er hat sich eigens einen Energieberater in die Burg geholt.

Eine Wärmepumpe sei wenig sinnvoll, weil es an Dämmung fehle, sagt Hecher. Eine neue Dämmung außen verbietet sich wegen des Denkmalschutzes, eine Dämmung von innen bringe Probleme durch Feuchtigkeit in den Innenraum. Erlebt hat er das etwa beim Einbau neuer Fenster in seiner Wohnung. Daraufhin sei Schimmel entstanden, eine Lüftungsanlage sorgt nun für einen Austausch, transportiert aber auch einen Teil der erwärmten Luft raus. Im Hauptraum der Wohnung setzt Hecher noch auf einen Holzofen.

Das Anbringen von Fotovoltaik auf sonnenzugewandten und damit oft einsehbaren Bereichen eines Kulturgutes von nationaler Bedeutung wie der Burg Rheinstein sei problematisch, berichtet Hecher. Eine Pellet- oder Festholzheizung sei für ihn auch keine echte Alternative, weil seine Burg nicht mit dem Auto angefahren werden kann, Holz oder Pellets also hochgetragen oder mit einer kleinen Zahnradbahn hochtransportiert werden müssen. Es werde vermutlich bei Flüssiggas bleiben.

Burgen in Zeiten hoher Energiekosten
Marco Hecher, Besitzer von Burg Rheinstein, steht im Wintergarten des von ihm und seiner Familie bewohnten Teils der Burg.
Foto: dpa / Thomas Frey/dpa

Im Fall der Burg Rheinstein begrenzt auch die spezielle Lage die Möglichkeiten. Allgemein schließen sich Energiewende und Denkmalschutz aber nicht aus, betont die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Der Einsatz von erneuerbaren Energien wie Erdwärme, Fotovoltaik und thermischen Solaranlagen ist demnach durchaus oft auch bei Gebäuden mit historischer Bausubstanz möglich, eben unter Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde.

Bereits mit modernen Heizsystemen oder der Isolierung des Daches oder des Kellers ließen sich erhebliche Einsparungen erzielen, erklärt die Stiftung. Je nach Gebäude könne die Heizung für 14, der Keller für 11 Prozent und das Dach für 21 Prozent des Wärmeverlustes verantwortlich sein. Die hier eingesetzten Mittel seien besonders effektiv, beugten Folgeschäden vor, erhielten die Attraktivität eines Denkmals.

Ein paar Kilometer rheinabwärts von Hecher liegt die Burg Reichenstein. Hauptenergieträger ist auch hier Gas, zwei Gasthäuser werden mit Öl beheizt, wie Geschäftsführerin Katrin Gerwinat sagt. Nach ihren Worten gehen 4,5 Prozent des Gesamtumsatzes der Burg mit ihrem Hotel, Restaurant und Museum für Energie drauf, das sei schon eine Hausnummer. Auf dem Höhepunkt der Energiekrise infolge des Krieges in der Ukraine sei der Anteil zeitweise bis auf 20 Prozent in die Höhe gesprungen.

Um den Energieverbrauch und die -kosten zu drücken wird so manches getan: Beim auf dem Burggelände gelegenen, aber nicht unter Denkmalschutz stehenden Gästehaus Ross wurde der Dachstuhl ertüchtigt und mit Fotovoltaik ausgestattet, in einem Haus wurde eine Wärmepumpe eingebaut, die Beleuchtung komplett auf LED umgestellt. Auf dem Wachturm Königstein wurden mit einem Sensor Windgeschwindigkeiten gemessen, um zu sehen, ob der Einsatz von Windkraft denkbar ist.

Im rheinland-pfälzischen Süden wird im Hambacher Schloss in Neustadt an der Weinstraße auf Heizöl gesetzt. „Wir kaufen azyklisch so günstig wie möglich ein und gehen so sparsam wie möglich mit der Ressource um“, erklärt die Geschäftsführende Schlossmanagerin Ulrike Dittrich. Auch beim Strom werde versucht, mit mehrjährigen Verträgen die Folgen steigender Preise abzumildern. Dass Einsparen an Grenzen stößt, zeigt im Hambacher Schloss der hohe Festsaal. Hier brauche es neben der Fußbodenheizung auch ein Lüftungssystem, das die Luftmassen umwälze, damit die Wärme nicht nur unter der Decke hänge, sondern auch unten im Raum ankomme, erklärt Dittrich.

Generaldirektion Kulturelles Erbe baut aufs Energiesparen

Die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), die landeseigene Burgen und Schlösser betreut, baut angesichts deutlich gestiegener Energiekosten ebenfalls auf Energiesparen. Es seien in Räumen Temperaturen reduziert worden, allerdings nur so weit, dass sie den konservatorischen Anforderungen gerecht würden, teilt das Innenministerium mit. Auch werde auf eine verbesserte Steuerungstechnik gesetzt, Beleuchtung werde – soweit möglich – abgeschaltet. Bei Erneuerungen von Heizungs- und Lüftungsanlagen werde auf effizientere Systeme oder Systeme zur Wärmerückgewinnung gesetzt. Einige Liegenschaften der GDKE werden den Angaben zufolge schon mit Erdwärme beheizt.

Für Hecher auf Burg Rheinstein ist eine für Erdwärme nötige Erdbohrung unmöglich. Das dafür nötige Gerät lasse sich ohne Straße kaum auf das Gelände bringen, sagt er. Tauschen möchte er trotz aller Herausforderungen seinen Wohnort – den einst sein Großvater 1975 für 360.000 D-Mark kaufte, nicht. Man dürfe als Burgherr nicht nur auf Bequemlichkeit aus sein, sagt er. Seine Frau und er hätten mal nach einem normalen Wohnhaus gesucht, doch sie hätten am Ende die Aussicht auf den Rhein nicht missen wollen. „Da kommt vielleicht ein bisschen die Arroganz eines Burgherren durch“, sagt er schmunzelnd.