Rheinland-Pfalz

Wann Ausländer mitwählen sollten: Studie empfiehlt Beteiligung zumindest auf kommunaler Ebene

Mainzer Sozialwissenschaftler haben untersucht, wie es mit der politischen Mitwirkung von Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte in Rheinland-Pfalz bestellt ist.  Foto: dpa
Mainzer Sozialwissenschaftler haben untersucht, wie es mit der politischen Mitwirkung von Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte in Rheinland-Pfalz bestellt ist. Foto: dpa

Menschen mit ausländischer Herkunft beteiligen sich kaum an der demokratischen Mitwirkung an ihrem Wohnort. Eine Studie zweier Mainzer Sozialwissenschaftler mit dem Titel „Politische Partizipation und Migrationshintergrund in Rheinland-Pfalz“ stellt Empfehlungen auf, wie das geändert werden kann. Dazu gehören „die Einführung eines residenzbasierten, allgemeinen Kommunalwahlrechts für Ausländerinnen und Ausländer und die Beibehaltung der Migrationsbeiräte“.

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Die Studie wurde jetzt von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz veröffentlicht. Ihr Direktor Bernhard Kukatzki spricht von einem „noch nicht vollständig ausgeschöpften Potenzial eines relevanten Bevölkerungsteiles bei der demokratischen Mitgestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens“.

Mehr als 900.000 Menschen in Rheinland-Pfalz haben nach Daten von 2016 einen Migrationshintergrund – im Mikrozensus definiert als Situation, wenn man „selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt“. Das sind 22,6 Prozent der Bevölkerung. Mehr als die Hälfte von ihnen (56,8 Prozent) sind deutsche Staatsangehörige, die übrigen besitzen keinen deutschen Pass. Die Reihenfolge der anderen Staatszugehörigkeiten wird angeführt von der Türkei, Polen, Syrien und Italien. „Die Kommunalpolitik eignet sich besonders gut als Einstieg in den politischen Prozess“, schreiben die beiden Autoren Luis Caballero und Stefan Diehl. Von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft dürfen sich bislang aber nur Bürger aus EU-Staaten an Kommunalwahlen beteiligen. Und bei der Arbeit der Migrationsbeiräte, so ergab die Studie, wünschen sich Migranten mehr Befugnisse, mehr Geld und auch mehr Interesse.

„Es ist schade, dass die Migrationsbeiräte leider nur eine beratende Funktion haben“, sagt die Mainzer Soziologin Nihal Bayram, die acht Jahre lang für die Kurdische Liste im Mainzer Beirat war, bis sie bei der Neuwahl 2019 nicht mehr dafür antrat. „Ein Migrationsbeirat ist grundsätzlich eine gute Idee, um Menschen zusammenzubringen und gemeinsam stark zu werden für alle Mitbürgerinnen und Mitbürger“, sagt Bayram. Sie habe aus ihrer Arbeit in Mainz viel mitgenommen, etwa das Kennenlernen anderer Kulturen und Religionen. Aber der Beirat habe eine sehr schwache Stellung, Entscheidungen würden an anderer Stelle getroffen.

Die Ergebnisse der Studie stützen diese Einschätzung: Vor allem in ländlichen Regionen scheine „das Zusammenspiel von Migrationsbeiräten und Verwaltung defizitär zu sein“, schreiben die Autoren. Als Erklärung für die geringe kommunalpolitische Beteiligung von Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte nannten die Befragten mangelnde Sprachkenntnisse, bürokratische Hindernisse und soziale Benachteiligung. Daneben gab es auch „Stimmen, die trotz der hemmenden Faktoren eine stärkere Beteiligung der Migrantinnen und Migranten selbst einfordern und erwarten, dass sie die Partizipationsmöglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stehen, häufiger nutzen“. Dabei wird auch die Mitarbeit in Parteien und politischen Verbänden genannt.