Experten warnen vor Facebook-Fallen

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Der Rücktritt des CDU-Politikers Christian von Boetticher wegen einer Affäre mit einer 16-Jährigen, hat eine neue Debatte über den Umgang von Jugendlichen mit Kommunikationsplattformen im Netz ausgelöst. Der 40-jährige Politiker und die junge Frau haben sich über Facebook kennen gelernt. Damit ist die Minderjährige in guter Gesellschaft: Die Mitgliedschaft bei einer Internet-Plattform ist für Teenager beinahe genauso selbstverständlich wie die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Drei Viertel aller Zehn- bis 18-Jährigen tummeln sich bei Facebook, Schüler-VZ und Co.

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Der Rücktritt des CDU-Politikers Christian von Boetticher wegen einer Affäre mit einer 16-Jährigen, hat eine neue Debatte über den Umgang von Jugendlichen mit Kommunikationsplattformen im Netz ausgelöst. Der 40-jährige Politiker und die junge Frau haben sich über Facebook kennen gelernt.

Berlin Die Teenager-Affäre des zurückgetretenen CDU-Landeschefs in Schleswig-Holstein Christian Boetticher schockiert die CDU im hohen Norden und lässt in ganz Deutschland die Eltern ins Grübeln kommen: Mit wem verabredet sich mein Kind in Internet-Plattformen wie Facebook? Die 16-Jährige, die aus Nordrhein-Westfalen stammen soll, hat von Boetticher offenbar über Facebook kennen gelernt.

Christian von Boetticher
Christian von Boetticher kurz vor der Bekanntgabe seines Rücktritts.
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Damit ist die Minderjährige in guter Gesellschaft: Die Mitgliedschaft bei einer Internet-Plattform ist für Teenager beinahe genauso selbstverständlich wie die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Drei Viertel aller Zehn- bis 18-Jährigen tummeln sich bei Facebook, Schüler-VZ und Co. Wie eine Studie des Branchenverbandes Bitkom zeigt, sind Mädchen mit 82 Prozent in den sozialen Netzwerken noch aktiver als Jungs, die diese nur zu 64 Prozent nutzen.

Wo sonst Rufe nach schärferen Gesetzen laut werden, sehen die Experten wenig Chancen, die Jugendlichen mit immer neuen Paragrafen zu schützen. „Die Kommunikationsplattformen im Internet bergen Gefahren, die teilweise von Jugendlichen unterschätzt werden. Da sind die Eltern gefragt, ihren Kindern eine vorsichtige und verantwortliche Handhabe zu zeigen“, sagte die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP) unserer Zeitung.

Aus Sicht der Jugendschutz-Expertin müssen Eltern bei ihren Kindern eine ganze Palette an Themen ansprechen, bevor sie den Nachwuchs unbeaufsichtigt chatten und surfen lassen. „Nicht nur zweifelhafte Bekanntschaften aus dem Internet können Jugendlichen gefährlich werden. Viele Jugendliche sind auch empfänglich für politisch radikale Gruppen oder Sekten“, betont Laurischk, die selbst Mutter dreier Kinder ist.

Auch der Rechtsexperte der NRW-Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, Sebastian Gutknecht, sieht vor allem die Eltern in der Pflicht: „Man kann die Kinder nicht von Seiten des Internets vor schlechten Bekanntschaften schützen. Das kann kein Gesetz der Welt leisten.“ Die Kinder und Jugendlichen müssten über die Gefahren aufgeklärt werden, betonte er. Kommunikation sei eben etwas anderes als Inhalte, die für Jugendliche verboten werden könnten.

Viele Teenager haben die Gefahren des Netzes schon selbst kennen gelernt. Der Bitkom-Studie zufolge haben schon 34 Prozent der Jugendlichen negative Erfahrungen im Netz gemacht. So wurde jedes sechste Mädchen im Internet schon einmal sexuell belästigt. Vielfach werden Jugendliche auch Opfer von Cyber-Mobbing. Drei Viertel der Teenager fordern, dass sie und ihre Daten im Netz besser geschützt werden.

Laurischk sieht dies als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Wir Liberalen sind gegen immer neue Gesetze und Beschränkungen, vielmehr müssen wir als Gesellschaft den Umgang mit der neuen Technologie lernen.“ Die FDP-Politikerin regte weitere Selbstverpflichtungen der Anbieter und deren Zusammenarbeit mit Datenschützern an.

In Deutschland gibt es bereits die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter“. Kommunikationsplattformen, die dort Mitglied sind, verpflichten sich beispielsweise, die persönlichen Profile der unter 16-Jährigen so zu schützen, dass sie nicht über Suchmaschinen gefunden werden können. Mitglied in dem Verein sind die beispielsweise die VZ-Plattformen und „Wer kennt wen?“. Anbieter mit Sitz im Ausland wie Facebook gehören nicht dazu.

Von Eva Quadbeck