FIFA-Streit: DFB-Boss Theo Zwanziger verteidigt Blatter

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DFB-Präsident Theo Zwanziger macht sich in der FIFA für Blatter stark. Foto: DPA

Zürich/Altendiez – Fünf Tage vor der geplanten Wahl des neuen FIFA-Präsidenten hat DFB-Präsident Theo Zwanziger dem amtierenden Präsidenten Sepp Blatter seine Unterstützung zugesagt. „Wir können seine Stärken und Schwächen einschätzen. Weil stets nur die ganz großen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen, wird häufig völlig übersehen, wie sehr sich die Fifa unter seiner Führung weiterentwickelt hat“, schreibt Zwanziger in einem Gastbeitrag für unsere Zeitung.

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Zürich/Altendiez – Fünf Tage vor der geplanten Wahl des neuen FIFA-Präsidenten hat DFB-Präsident Theo Zwanziger dem amtierenden Präsidenten Sepp Blatter seine Unterstützung zugesagt. „Wir können seine Stärken und Schwächen einschätzen. Weil stets nur die ganz großen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen, wird häufig völlig übersehen, wie sehr sich die Fifa unter seiner Führung weiterentwickelt hat“, schreibt Zwanziger in einem Gastbeitrag für unsere Zeitung:

Von Theo Zwanziger
Am kommenden Mittwoch wird es ernst im Hallenstadion von Zürich. Dann steht auf dem Fifa-Kongress die Wahl des neuen Präsidenten an. Und die ist ohne Zweifel weitaus interessanter als die Tatsache, dass ich den Platz von Franz Beckenbauer im Exekutivkomitee des Weltverbandes einnehmen werde. Vor allem, weil es dieses Mal zu einer Kampfabstimmung zwischen Amtsinhaber Joseph S. Blatter sowie dem Präsidenten des asiatischen Kontinentalverbandes, Mohamed bin Hammam aus Katar, kommen wird.

Kampfabstimmungen um so hohe Positionen sind immer auch kompliziert, weil man an den Tag nach der Wahl denken muss. Schon im Vorfeld entstehen durch das Werben um Stimmen und Mehrheiten Risse in der internationalen Fußballfamilie, die sich oft erst nach längerer Zeit wieder kitten lassen. So war es beispielsweise auch 1998, als Josef S. Blatter sich gegen Lennart Johannsen durchsetzte. Und auch diesmal wird es, das steht schon heute fest, wieder diese tiefen Risse geben. Schließlich sind die Medien seit Wochen voll von Anschuldigungen und Verdächtigungen, aktuell müssen sich die beiden Kandidaten für das höchste Amt im Fußball sogar vor der Ethikkommission erklären. Ich wünsche mir sehr, dass aus diesem Schritt mehr Klarheit gewonnen werden kann. So oder so.

Ausschließlich sachbezogen
Für einen weltweit angesehenen Verband wie den DFB ist es indes wichtig, sich vor einer so wichtigen Wahl frühzeitig klar zu bekennen. Unabhängig von Verdächtigungen, ausschließlich sachbezogen und ohne Blick auf sich entwickelnde Mehrheiten. So haben wir es bei den Fifa-Präsidentschaftswahlen 1998 und 2002 gehalten und auch 2007, als der heutige Uefa-Präsident Michel Platini gegen Lennart Johannsen kandidierte. Eine solch klare Positionierung vor einer Wahl ist durchaus vertrauensbildend, weil die späteren Gewinner und Verlierer gleichermaßen damit besser umgehen können.

Das zeigt sich auch darin, dass wir heute zu Blatter und Platini ein exzellentes Verhältnis haben. Und das, obwohl wir beide nicht immer bei ihren Wahlen unterstützt haben.
Was ist nun bei der Wahl am Mittwoch besser für den Fußball in Deutschland, Europa und der Welt? Sepp Blatter kennen wir besonders gut. Wir können seine Stärken und Schwächen einschätzen. Weil stets nur die ganz großen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen, wird häufig völlig übersehen, wie sehr sich die Fifa unter seiner Führung weiterentwickelt hat.

Die Fifa besteht aus 208 Nationalverbänden, und Blatters Wirken war stets stark daran orientiert, den Fußball überall auf dem Planeten gleichermaßen zu entwickeln. Gerade auch in den armen Ländern unserer Welt. Ich hatte in den vergangenen Jahren häufig die Gelegenheit, andere Nationalverbände in Europa, Afrika oder Asien zu besuchen. Und egal, ob in Nordkorea, Serbien, Ungarn oder Ruanda – überall finden sich gute Spuren der Fifa-Aufbauarbeit. Eine Entwicklung, die es ohne Blatter, seine Geisteshaltung und sein Verständnis für die sozial- und gesellschaftspolitische Bedeutung unseres Sports nie gegeben hätte.
Zudem finden die großen Weltmeisterschaften längst nicht mehr nur noch in Südamerika und Europa statt, auch Asien und Afrika profitieren von diesem einzigartigen Event. Was hat man Blatter gerade im Zusammenhang mit der WM in Südafrika alles vorgeworfen? Harsche Kritik musste er einstecken, auch von deutschen Besserwissern. War die WM nicht dennoch ein toller Erfolg? Sie hat Afrika, diesem über Jahrhunderte gebeutelten Kontinent, neues Selbstbewusstsein und Stolz gegeben.
Allein diese Beispiele zeigen deutlich: Die Fifa hat unter Sepp Blatter in der Sache vieles richtig gemacht. Aber sie hat, auch das ist unstrittig, aktuell ein akutes Kommunikations- und Imageproblem. Ihr Ansehen hat zuletzt tiefe Kratzer bekommen. Dass der Weltverband durch Fehler selbst dazu beigetragen hat, ist unbestritten. So war es nicht klug, die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 gemeinsam zu vergeben. Die Absicht war gut gemeint, denn die immensen Bewerbungskosten für diese Vergaben sollten reduziert, die Bewerber auf zwei Termine ausgerichtet werden. In Wirklichkeit wurde jedoch eine Situation geschaffen, die die Möglichkeit für Absprachen, möglicherweise auch sachwidrige, gefördert hat.

Wer behebt die Fehler?
Von welchem der beiden Kandidaten können wir nun erwarten, dass er diese Fehler behebt? Mohamed bin Hammam kommt aus Katar. Dem Nationalverband also, der durch die stark kritisierte Entscheidung der Fifa, die WM 2022 dort auszurichten, am meisten begünstigt wurde. Kann man gerade von ihm daher wirklich Aufklärung, neue Entscheidungsstrukturen und Transparenz erwarten? Ich bin, bei allem Respekt, dem wir auch diesem Kandidaten schulden, eher skeptisch.

Sepp Blatter hat in den langen Jahren seiner Fifa-Tätigkeit als Generaldirektor und Präsident bei aller berechtigten oder unberechtigten Kritik an seinen Entscheidungen stets bewiesen, dass er notwendige Änderungen und strukturelle Verbesserungen angehen und durchsetzen kann. Als sich die Korruptionsvorwürfe gegen zwei Exekutivmitglieder erhärteten, handelte er und suspendierte die betroffenen Personen. In den anderen Fällen, die derzeit die Medien füllen, sind wir aktuell noch im Prozess des Verdachts. Und ich warne deshalb ein wenig davor, jeden Verdacht sofort mit Wahrheit gleichzusetzen.
Eines ist jedoch klar. Egal, wer die Wahl in Zürich für sich entscheidet: Es wartet die große Aufgabe auf ihn, das Image des Fußball-Weltverbandes in der Öffentlichkeit deutlich zu verbessern, den Fußballfans ein Stück Vertrauen in die „fußballerische Weltregierung“ zurückzugeben und diese erneut zu einen. Wie das gelingen kann? Vor allem durch die Schaffung transparenter Findungsprozesse bei wichtigen Entscheidungen der Fifa. So gewünscht, werde ich den Fifa-Präsidenten, unabhängig wie er heißt, auf diesem Weg unterstützen und stets die nötigen, vielleicht manchmal auch unangenehmen Fragen stellen. Schließlich profitiert von einer besseren Darstellung in der Öffentlichkeit und einer gestärkten Glaubwürdigkeit nicht nur die Fifa, sondern der Fußball auf der ganzen Welt. Auch in Deutschland.