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Limburg

Holocaust-Überlebende: Trotz ihrer Biografie will sie nicht hassen

Vor 200 Schülern der Friedrich-Dessauer-Schule in Limburg erzählt die Holocaust-Überlebende Henriette Kretz die Geschichte ihrer Familie in der Zeit des NS-Terrors.  Foto: Bistum Limburg
Vor 200 Schülern der Friedrich-Dessauer-Schule in Limburg erzählt die Holocaust-Überlebende Henriette Kretz die Geschichte ihrer Familie in der Zeit des NS-Terrors. Foto: Bistum Limburg

Sie hat als Kind miterlebt, wie deutsche Soldaten ihre Eltern erschossen. Da war Henriette Kretz acht Jahre alt. Zuvor konnte sich die jüdische Familie vor den Nazis auf dem Dachboden einer nicht-jüdischen Familie in der polnischen Stadt Sambor verstecken. In dieser Woche war Henriette Kretz als Zeitzeugin zu Gast in der Friedrich-Dessauer-Schule in Limburg. Die 82-jährige Holocaust-Überlebende erzählte vor 200 Schülern von ihrer zunächst glücklichen Kindheit in Polen, dem Überfall auf das Land, den Umzug der Familie in ein Getto und von der Ermordung ihrer Eltern. „Ich erzähle Ihnen die Geschichte einer Familie, meiner Familie“, beginnt die zarte Frau ihren Vortrag. Seit fast 20 Jahren ist die pensionierte Lehrerin, die in Antwerpen lebt, als Zeitzeugin in Schulen unterwegs.

Lesezeit: 3 Minuten
Als sie von Verfolgung, Krieg, Deportationen, Todesangst und Einsamkeit berichtet, ist es sehr still in der Aula. Den Tag, an dem sie entdeckt wurden, schilderte die 82-Jährige eindringlich. „Ich kann mich heute manchmal nicht erinnern, was ich am Tag zuvor gegessen habe, aber hier erinnere ich mich an jedes Detail.“ ...
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Geflüchtet, überlebt, emigriert, zurückgekehrt: Lebensweg führte von Stanislawów nach Antwerpen

Henriette Kretz wurde am 26. Oktober 1934 in der damals polnischen Stadt Stanislawów (heute Iwano-Frankiwsk in der Ukraine) geboren. Seit 1935 lebte die jüdische Familie in der Nähe von Opatów im südöstlichen Polen, wo ihr Vater als Arzt tätig war. Ihre Mutter war Anwältin von Beruf, widmete sich aber ganz der Erziehung der Tochter. Nach dem Überfall auf Polen im Herbst 1939 floh die jüdische Familie vor den heranrückenden Deutschen. Henriette Kretz kam mit ihren Eltern zuerst nach Lemberg und bald darauf ins benachbarte Sambor. Ihr Vater wurde Direktor eines Sanatoriums für tuberkulosekranke Kinder. 1941 wurde die Familie aus ihrer Wohnung vertrieben. Sie musste in einen jüdischen Stadtbezirk umsiedeln, wo kurze Zeit darauf ein Getto eingerichtet wurde. Mehrmals gelang es ihrem Vater, seine Familie vor der Erschießung zu retten und aus dem Gefängnis zu befreien. Immer wieder mussten sie sich verstecken. Henriette Kretz' Eltern wurden von deutschen Soldaten erschossen. Sie selbst überlebte den NS-Terror dann in einem Waisenhaus. Nach dem Krieg kam sie auf Umwegen nach Antwerpen in Belgien, studierte Kunstgeschichte und wurde Lehrerin für Französisch in Israel, wo sie insgesamt 13 Jahre lang lebte. 1969 kehrte sie schließlich nach Antwerpen zurück. Henriette Kretz ist verheiratet, sie hat zwei Söhne und vier Enkel. Henriette Kretz ist außerdem Mitglied des polnischen Vereins „Kinder des Holocaust“, dem Juden angehören, die als Kinder den NS-Terror meist in Verstecken überlebt haben.

Weitere Informationen zu dem Verein sind auf der Internetseite www.holocaustchild.org zu finden.

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