Gesund dank Omas Hausmittelchen: Eigentherapie statt Medikamente

Von Nicole Mieding

Medizinische Anwendungen beruhen seit je auf Erfahrungswissen. Schon lang bevor es laborerprobte Medikamente gab (oder auch nur, weil sie zu teuer oder gerade nicht verfügbar waren), wussten Menschen sich bei Krankheiten mit Eigentherapien zu helfen. Hühnersuppe, Wadenwickel, Zwiebelsaft – das Wissen um sogenannte Hausmittel wird von Generation zu Generation durchgereicht.

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Wohl dem, der eine Oma hat. Denn die weiß immer genau, was zu tun ist, wenn der Hals kratzt, das Fieber steigt oder ein Zahn weh tut. Sogar Mediziner setzen in ihrer ärztlichen Praxis inzwischen wieder auf Mittel aus der Volksheilkunde. Weil sie wissen, dass schon Zuwendung, Rituale und eine warme Mahlzeit wesentlich zum Heilungsprozess beitragen. Und der oft einfach nur seine Zeit braucht – mit oder ohne Therapie. Neben jahrelanger Erfahrung sind manche Wirkweisen inzwischen sogar wissenschaftlich untersucht und bestätigt. Wir haben uns für unsere Serie „Heilen mit der Natur“ einige weit verbreitete Mittel angeschaut.

Honig bei Husten und Wunden.

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Hühnersuppe hilft bei Erkältung.

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Lavendel für guten Schlaf.

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Gewürznelken vertreiben Zahnschmerzen.

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Wadenwickel senken Fieber.

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Zwiebelsaft gegen Halskratzen und Ohrenschmerzen.

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Flohsamen fördern die Verdauung.

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Heusack gegen Rheuma und Muskelschmerzen.

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1 Hühnersuppe hilft bei Erkältung. Dafür soll das Huhn mindestens zwei Stunden lang vor sich hin köcheln. Ein Familienrezept ist dagegen nicht zwingend nötig, behaupten US-Forscher: Ihre Vergleichsstudie mit Fertigsuppen aus dem Supermarkt hat ergeben, dass einige gekaufte Suppen besser, andere schlechter wirkten als die hausgemachte.

Wirkung: Hühnersuppe hemmt die Bewegungsfreiheit bestimmter weißer Blutkörperchen, die Erkältungssymptome wie geschwollene Schleimhäute, Hals- oder Gliederschmerzen hervorrufen. Das Schlürfen heißer Flüssigkeit hilft, die Nase zu befreien. Zudem wirkt das Ritual der Zubereitung tröstlich auf den Patienten – Zuwendung stärkt die Selbstheilungskräfte. Die Forschung bestätigt günstige Effekte bei Erkältung. Ob sie das Hühnerfleisch hervorruft, das Gemüse, die Gewürze oder ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, ist bislang ungeklärt.

Risiken: Es besteht die Gefahr von Verbrühungen bei zu heißer Suppe, Hühnereiweiß kann allergische Reaktionen verursachen.

2 Lavendel für guten Schlaf. Die Heilpflanze hat den Ruf, beruhigend zu wirken. Zur Anwendung kommen meist getrocknete Blüten oder Essenzen in Form von Duftölen, Kräuterkissen, Raumsprays oder Aufgüssen.

Wirkung: Die ätherischen Öle werden über die Haut und die Atmung aufgenommen. Wer ein Vollbad nimmt, entspannt zudem durch das warme Wasser. Die Naturheilkunde beruft sich bei solchen Anwendungen auf jahrhundertelange Erfahrung, durch wissenschaftliche Studien belegte Ergebnisse gibt es allerdings nicht.

Risiken: Bei Kreislaufproblemen sollte man nicht zu lang baden und anschließend ruhen.

3 Honig bei Husten und Wunden. Ein bis zwei Löffel Honig im Tee oder pur im Mund zergehen lassen, das soll den Hustenreiz vermindern und Schwellungen der Schleimhäute abklingen lassen. Sogar die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt Honig als Heilmittel. Medizinischer Honig aus dem australischen Manuka-Strauch („Medihoney“) wird zur Wundversorgung genutzt. Er wirkt antibakteriell und reinigend. In einer Vergleichsstudie verabreichten US-Mediziner erkälteten Kindern Honig, Hustensaft oder ließen sie unbehandelt. Die Honiggruppe kam ruhiger durch die Nacht und erholte sich am besten. Es wird angenommen, dass dunkle Honigsorten besser wirken als helle, weil in ihnen mehr Phenole enthalten sind.

Risiken: Babys sollten keinen Bienenhonig bekommen. Er kann Keime enthalten, die ihren empfindlichen Darm schädigen.

4 Flohsamen fördern die Verdauung. Die Samenschalen der Wegerichsorten (Plantago indica, Plantago afra) sind ein natürliches Regulativ bei Verdauungsstörungen. Bei Durchfall können sie entwässern, eine träge Verdauung bringt die Einnahme von gequollenen Flohsamen wieder in Schwung. Diese Wirkung ist wissenschaftlich belegt, die europäische Arzneimittelagentur und andere Fachgesellschaften empfehlen die Anwendung. Einige Studien deuten sogar darauf hin, dass Flohsamen den Cholesterinspiegel senken können.

Risiken: Flohsamen können Blähungen und Völlegefühl hervorrufen. Wer zu wenig trinkt, riskiert einen Darmverschluss. Für Kinder ungeeignet.

5 Gewürznelken vertreiben Zahnschmerzen. Gelutscht oder zwischen die Zähne gesteckt, dämpfen sie den Schmerz. Verantwortlich dafür sind 36 Inhaltsstoffe, die betäuben und antibakteriell wirken. Im Praxistest hatte Nelkenöl eine ebenso starke Betäubungskraft wie das chemische Betäubungsmittel Benzocain. Auch bei Patienten mit starken, teils sogar chronischen Kopfschmerzen wurden gute Linderungseffekte erzielt.

Risiko: Kann die Mundschleimhaut reizen. Das Erste-Hilfe-Mittel ist als Sofortmaßnahme zu verstehen, es kann nicht den Gang zum Zahnarzt ersetzen.

6 Heusack gegen Rheuma und Muskelschmerzen. Durch Erhitzen werden flüchtige Stoffe der Gräser und Wiesenblumen freigesetzt, ätherische Öle und Cumarine fördern die Durchblutung der Haut und lockern Muskelverspannungen. Eine Überblicksstudie mit 1000 Patienten ergab, dass Wärme aus unterschiedlichen Quellen Rückenschmerzen mildert. Allerdings hält dieser Effekt nicht lang an.

Risiken: Den Heusack nicht zu heiß auflegen und nicht bei offenen Hautverletzungen anwenden.

7 Wadenwickel senken Fieber. Dieses Verfahren nach Kneipp wird von Medizinern gern empfohlen. Die feuchtwarmen Wickel, die um die Wade gelegt und mit einem trockenen Außentuch bedeckt werden, entwickeln Verdunstungskälte und bringen so den Körper dazu, Wärme abzugeben. Dieser Prozess klingt plausibel, wissenschaftlich basierte Studien, die ihn belegen, gibt es aber nicht.

Risiken: Frösteln, Zittern, Kreislaufversagen. Sobald die Wickel kalt werden, sollte man sie abnehmen, sonst droht Auskühlung. Zudem darf das Wasser nicht zu kalt sein, weil es die Arterien verengt und der Körper dann kaum Wärme abgeben kann.

8 Zwiebelsaft gegen Halskratzen und Ohrenschmerzen. Der Saft der Küchenzwiebel enthält Alliine, die wie ein natürliches Antibiotikum wirken. Deshalb hilft ihr Saft bei Halsschmerzen, Mandelentzündung und Insektenstichen.

Auch Ohrenschmerzen lassen sich lindern, indem man die Zwiebel zerkleinert, erwärmt und die Stücke in ein Baumwolltuch füllt, das aufs Ohr gelegt wird. Grob gewürfelt und mit Zucker in ein Glas gegeben, entsteht ein natürlicher Hustensaft. Neben der Fähigkeit, Keime zu bekämpfen, schreibt die Pflanzenmedizin dem Zwiebelsaft aufgrund seiner knoblauchähnlichen Struktur außerdem die Fähigkeit zu, den Blutdruck/Blutfettwert zu senken. Tests haben seine antimikrobielle, antiasthmatische und antiallergische Wirkung bestätigt.

Risiken: Wer Zwiebelsaft direkt ins Ohr träufelt oder Zwiebelstücke hineinsteckt, riskiert, dass das Trommelfell reißt. In großer Menge getrunken, kann Zwiebelsaft den Magen reizen und zu Blähungen führen.

Literatur: Sandra Bachmann/ Alfred Längler: „Hausmittel in der modernen Medizin – Tees, Wickel, Bäder & Co“, Urban & Fischer Verlag, 136 S., 35,95 Euro

Der Hausmittelcheck

Wirksamkeit: Die Anwendung von Hausmitteln basiert auf Erfahrungswissen. Wissenschaftliche Studien gibt es bislang nur zu einigen wenigen Anwendungen.

Kosten: Die Anwendung erfordert in der Regel nur haushaltsübliche Zutaten, größere Anschaffungskosten fallen dabei nicht an.

Ausbildung: Um Hausmittel anzuwenden, genügen eine Großmutter und grundlegende Kochkenntnisse.
Von unserer Redakteurin Nicole Mieding