London

Shocking!: Britischer Taxifahrer lässt sich mumifizieren

Als der 61-jährige Alan Billis am 14. Januar 2011 seinen letzten Atemzug machte, wusste seine Witwe Jan, dass sie nicht lange trauern würde. „Bis der Tod euch scheidet“: Der alte Kirchenspruch betraf sie nicht, denn ihr Mann hatte den Tod auf seine Art ausgetrickst. Der englische Taxifahrer aus dem malerischen Städtchen Torquay in Devon zog es vor, nicht begraben zu werden, sondern das Schicksal der ägyptischen Pharaonen zu teilen und in einem öffentlichen Experiment für die Ewigkeit konserviert zu werden.

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London. Als der 61-jährige Alan Billis am 14. Januar 2011 seinen letzten Atemzug machte, wusste seine Witwe Jan, dass sie nicht lange trauern würde. „Bis der Tod euch scheidet“: Der alte Kirchenspruch betraf sie nicht, denn ihr Mann hatte den Tod auf seine Art ausgetrickst.

Der englische Taxifahrer aus dem malerischen Städtchen Torquay in Devon zog es vor, nicht begraben zu werden, sondern das Schicksal der ägyptischen Pharaonen zu teilen und in einem öffentlichen Experiment für die Ewigkeit konserviert zu werden.

„Ich denke ständig an ihn und frage mich, was er gerade macht, während er dort liegt“, sagt die 68-jährige Jan in einem Interview. Nicht ohne Stolz fügt die Pensionärin hinzu: „Ich bin die einzige Britin, die mit einer Mumie verheiratet ist.“

Die Themen von Channel 4 sind oft nichts für schwache Nerven

Ob gefilmte Abtreibungen, „Russisches Roulette“ oder Obduktionen vor laufender Kamera – der britische Fernsehsender Channel 4 schockiert seine Zuschauer gern mit gewagten Dokumentationen, die oft Wellen von Beschwerden nach sich ziehen. Jetzt hat der öffentliche Kanal ein neues Genre erfunden: Reality-TV aus dem Jenseits. Am Montagabend konnten die Briten im Fernsehen erleben, wie zwei Wissenschaftler der Universität York eine Leiche ausnehmen und sterilisieren und sie in einer schützenden Hülle aus Bienenwachs und Ölen in einem Salzbad versenken, um die Mumie später in Leinentücher einzuwickeln – genau so wie es die alten Ägypter mit ihren verstorbenen Herrschern gemacht haben. Channel 4 nennt den Film ein „ernsthaftes wissenschaftliches Projekt“.

Für den schwer kranken Alan Billis war die Mumifizierung vor allem eine einzigartige Möglichkeit, seinen Nachkommen lange nach dem eigenen Tod erhalten zu bleiben. „Meine Urenkel sollen ihren Freunden erzählen können, dass ihr Opa ein echter Pharao sei“, scherzte der Brite kurz vor seinem Tod.

Er hatte die Anzeige in der Zeitung gesehen, als es keine Hoffnung mehr für seine von Krebs befallenen Lungen gab. Als Fan historischer Dokus wusste Billis sofort, dass er diese Chance nutzen musste. „Die Menschen haben schon immer ihre Körper nach dem Tod der Wissenschaft überlassen. Ohne die Freiwilligen hätte es keinen Fortschritt in der Welt gegeben“, erklärt der kräftig gebaute Mann mit dem rötlichen Gesicht in einem Video auf der Internetseite von Channel 4. Seine Frau war einverstanden. „Er sagte mir: ,Ich habe eben wegen meiner Mumifizierung telefoniert‘, und ich dachte: ,Das ist so typisch‘“, erinnert sich Jan, die nicht religiös ist. „Wir wussten beide, dass Alan nicht in den Himmel kommen wird. Natürlich war mir auch klar, dass uns viele Menschen für verrückt halten würden.“

Bald soll der verstorbene Taxifahrer im Museum ausgestellt werden

Der Chemiker Stephen Buckley und die Archäologin Jo Fletcher von der Uni York gehörten nicht dazu – ganz im Gegenteil: Das Forscherduo war froh darüber, die Ergebnisse seiner jahrelangen Studien der ägyptischen Mumien einmal unter kontrollierten Bedingungen in der Praxis testen zu können. Nach Billis‘ Tod bearbeiteten sie seinen Leichnam drei Monate lang in einem Labor mit heißer, trockener Luft, um die klimatischen Bedingungen am Nil zu simulieren. Das Ergebnis übertraf ihre Erwartungen. „In 3000 Jahren wird Alan genauso gut aussehen wie heute manche Vertreter der 18. Dynastie“, sagt Buckley in dem Film. Der größte Kummer des „Pharaos von Devon“ war, dass er nicht die Dokumentation über sich selbst sehen würde. Immerhin hatte Billis zu Lebzeiten das Versprechen bekommen, als Mumie im Museum ausgestellt zu werden.

Von unserem Londoner Korrespondenten Alexei Makartsev