RZ-KOMMENTAR: Gefahr ist lange verdrängt worden

Wer angesichts der Terrorwarnung des Innenministers jetzt in Panik verfällt, muss geglaubt haben, Deutschland sei eine Insel des Friedens. Er muss ein Meister der Verdrängung sein.

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Wer angesichts der Terrorwarnung des Innenministers jetzt in Panik verfällt, muss geglaubt haben, Deutschland sei eine Insel des Friedens. Er muss ein Meister der Verdrängung sein.

Denn unser Land war schon immer im Visier des Terrors. Nicht nur kamen die New Yorker Todesflieger von hier, es gab auch aktive Versuche, hierzulande möglichst viele Mitbürger möglichst willkürlich zu töten. So wie in London und Madrid. Die Täter waren Leute, die mitten unter uns lebten. Erinnert sei an die Kofferbomber von Koblenz und Dortmund oder an die Sauerlandgruppe. Erinnert sei auch an den Anschlag von Djerba, der gezielt deutschen Touristen galt und 21 Opfer forderte.

Sie hassen den Westen, und das ist eben nicht nur Amerika, sie hassen das Christentum, und das ist unsere Religion, sie hassen Demokratie, Freiheit und Toleranz, auch sexuelle Toleranz, und das ist unser Lebensstil. Sie hassen das Leben. Sie haben den Krieg gegen uns ausgerufen. Die Deutschen haben diese Kriegserklärung bisher einfach verdrängt. Das war möglich, weil die Sicherheitskräfte still, aber effektiv im Hintergrund arbeiteten und sie schützten. Nun kann man die Gefahr auch im Alltag nicht mehr übersehen.

Verändert dies das Land? Hoffentlich in dem Sinne, dass die Naivität aufhört. Auch weiterhin muss man sicherheitspolitische Vorschläge darauf abklopfen, ob sie wirksam und angemessen sind. Aber vielleicht kann man jenen, die schärfere Gesetze fordern, nun ein wenig mehr abnehmen, dass es ihnen um die Abwendung realer Gefahren geht. Auf der anderen Seite: Hoffentlich verändert die aktuelle Lage unser Land nicht so, dass wir untereinander intolerant werden, uns gegenseitig verdächtigen oder Fremde ausgrenzen.

In den nächsten Wochen gilt es, die Sicherheitskräfte zu unterstützen und selbst etwas mehr als bisher auf Ungewöhnliches zu achten. Mittelfristig aber ist es notwendig, den Kampf gegen den Terror auch hierzulande als eine zentrale Aufgabe zu akzeptieren. Militärisch, polizeilich und politisch. Denn der Terrorismus wird auch das Leben in Deutschland noch viele Jahre prägen. Ob wir wollen oder nicht.

E-Mail an: werner.kolhoff@rhein-zeitung.net