Von unserem Redakteur Dietmar Brück
Noch steht kein Verhandlungstermin fest. Und natürlich ist immer auch ein Vergleich möglich. Doch im Moment scheinen die Gräben zu tief, als dass man sie noch überbrücken könnte. „Vergleichsgespräche wurden bisher abgelehnt“, meinte DEAG-Vorstandschef Peter Schwenkow auf Anfrage unserer Zeitung. „Wir bevorzugen, zu gewinnen.“ Beide Seiten streiten um eine Summe, die sich um rund zwei Millionen Euro bewegt. Dies wurde unserer Zeitung von der DEAG bestätigt. „Zunächst“, hieß es allerdings einschränkend mit Blick auf die Höhe der aktuellen Forderungen. Es könnten also noch höhere Summen auf den Tisch kommen.
Doch auch der Nürburgring-Betreiber CNG dürfte Pfeile im Köcher haben. Nach der Verlegung des geplanten Hardrock-Festivals vom Ring nach Schalke gingen dem Eifelkurs satte Einnahmen verloren. Das jährlich stattfindende Rockfestival war stets ein Gewinnbringer an der Rennstrecke. Auch hier dürfte es um einen siebenstelligen Betrag gehen, den die CNG dem Berliner Konzertveranstalter in Rechnung stellen könnte. Ob es so weit kommt, wird vom Verlauf der juristischen Auseinandersetzung abhängen. Äußern will sich dazu natürlich niemand.
Die Klage der DEAG ging vor ein paar Tagen am Nürburgring ein. Nun sitzen die Anwälte über den Schriftsätzen. Das Verfahren kann sich über Monate ziehen.
Eskaliert war der Konflikt im Frühjahr. Ein katastrophaler Vorverkauf am Nürburgring machte die DEAG nervös. Das geplante Grüne-Hölle-Rockfestival schien vollgas gegen die Wand zu fahren. Doch niemand wollte weltberühmte Bands wie Metallica und Kiss vor einem Häuflein Fans spielen lassen. Zumal dem Frankfurter Konzertveranstalter Marek Lieberberg, den man in der Eifel blauäugig vor die Tür gesetzt hatte, die Karten für „Rock am Ring“ in Mendig aus den Händen gerissen wurden. Die Musikszene der Republik hatte ohnehin schon die Köpfe geschüttelt, wie jemand auf die Idee kommen konnte, zwei derart hochkarätige Festivals nahezu gleichzeitig und in räumlicher Nähe zu veranstalten.
Als sich das Desaster abzeichnete, begannen CNG und DEAG hinter den Kulissen um Millionen zu feilschen. Das Gezerre eskalierte in einer öffentlichen Schlammschlacht. Schließlich wurde aus „Grüne Hölle Rock“ „Rock im Revier“. Die Tickets für Schalke wurden später nahezu verramscht. Trotzdem herrschte in den Oberrängen der Veltins-Arena gähnende Leere.
Die DEAG kämpft nun an mehreren Fronten. Der Musikveranstalter hat die Gothaer Versicherung verklagt, weil diese nach der Pleite am Ring trotz einer 7,5-Millionen-Euro-Ausfallversicherung nicht zahlen will. Der Ausgang dieses Rechtsstreits ist so ungewiss wie der mit den Ring-Betreibern. CNG-Geschäftsführer Carsten Schumacher wirft seinem Ex-Partner nach wie vor, dass dieser seine Ziele in Marketing und Vertreib „eklatant verfehlte“. Und die DEAG hält die CNG für vertragsbrüchig. Sie glaubt, dass diejenigen, die in einem Boot sitzen, nicht nur Gewinne, sondern eben auch Verluste teilen müssen.
Am Nürburgring will man trotz der Querelen nach vorn schauen. Lieberberg bleibt mit „Rock am Ring“ zwar vorerst in Mendig (Kreis Mayen-Koblenz), aber möglicherweise lassen sich mit ihm andere Musikformate wie beispielsweise ein Technofestival an der Rennstrecke entwickeln. Vielleicht muss auch erst noch etwas Gras über die Verwerfungen der Vergangenheit wachsen, bis ein wirklicher Neustart möglich wird.