Wer beherrscht den Weinstil Kabinett am besten? Um das herauszufinden, haben wir Winzer aus den Anbaugebieten Mosel, Mittelrhein, Nahe, Rheinhessen und dem Rheingau gebeten, uns ihre Kabinettweine zu schicken. 166 kamen an – in größerem Umfang hat es eine solche Probe wohl noch nie gegeben. Im Wettbewerb waren ausschließlich 2019er Rieslinge der Geschmacksstufen halbtrocken, feinherb und fruchtsüß („lieblich“).
Die Juroren
Neben unserer Redakteurin Nicole Mieding saßen in der Jury die Sommelière und Weinjournalistin Katharina Matheis („Wirtschaftswoche“, „Feinschmecker“), der Sommelier und Autor Sebastian Bordthäuser („Effilée“, „Meiningers Sommelier“), Weinblogger und „Vinum“-Autor Ralf Kaiser sowie Michael Schmidt, „Fine“-Autor und Mitglied im deutschen Testerteam der britischen Weinkritikerin Jancis Robinson.
Die Probe
Im Blindtest – also ohne zu wissen, welcher Wein eingeschenkt wird – beurteilten die fünf Fachjuroren jeden einzelnen Wein nach einer 100-Punkte-Skala, die 25 Weine mit der höchsten Punktzahl wurden im Finale erneut blind nebeneinander verkostet. Aus der daraus ermittelten Durchschnittsnoten ergab sich unsere Rangfolge. Die anschließende Enthüllung der Flasche förderte einen eindeutigen Sieger zutage, aber auch manche Überraschung.
Das sind die Besten
Als uneinholbar erwies sich das Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar. Es gehört dem Moderator Günther Jauch und wird von Andreas Barth geführt, der als Oenologe auch die Weine verantwortet und an der Terrassenmosel sein eigenes Weingut Lubentiushof betreibt. Gleich vier seiner Weine haben es in die Top 15 geschafft, auch der Sieger kommt von dort. Zweitplatzierter und mit zwei Weinen ganz vorn vertreten ist ein Winzer aus Rheinhessen: Kai Schätzel aus Nierstein. Die Bestplatzierten im Wettbewerb:
1. Wiltingen Kupp (Othegraven, Kanzem/Saar)
2. Pettenthal (Schätzel, Nierstein/ Rheinhessen)
3. Kanzem Altenberg (Othegraven)
4. Niersteiner (Schätzel)
4. Conradus Mosel (Martin Con-rad, Brauneberg/Mosel)
6. Lieserer Niederberg Helden (Schloss Lieser, Lieser/Mosel)
7. Faß 5 (Peter Lauer, Ayl/Saar)
7. Erdener Treppchen (Joh. Jos. Christoffel Erben, Ürzig/Mosel)
7. Piesporter Goldtröpfchen (Daniel Kirsten, Piesport/Mosel)
10. Ayler Kupp (Bischöfliche Weingüter Trier/Saar)
10. Trittenheimer Altärchen (Claes Schmitt Erben, Trittenheim/Mosel)
10. Wawern Herrenberg (Othegraven)
13. Ritterpfad (Van Volxem, Wiltingen/Saar)
13. Brauneberger Juffer (Lieser)
15. Ockfen Bockstein (Othegraven)
15. Ayler Kupp (Bischöfliche Weingüter Trier/Saar)
15. Krettnacher Altenberg (Stefan Müller/Saar)
Die vollständige Liste der Weine inklusive Bewertung und Herstellerangaben finden Sie unter ku-rz.de/kabipreis
Das sagt die Jury
Aus unserem Wettbewerb wurden wahre Moselfestspiele: Nicht nur die meisten, auch die bestbewerteten Weine wuchsen dort, auffällig viele stammen von der Saar – dem kühleren Teil der Anbauregion Mosel im äußersten Westen von Rheinland-Pfalz.
Katharina Matheis: „Mein Favorit ist von Othegravens Kanzemer
Altenberg: Wunderbare Struktur, saftig und in der Nase feine Steinobstaromen. Dennoch zeigt er sich kühl und kompakt mit straffer Säure. Dadurch entsteht ein spannendes Spiel auf der Zunge, das die Flasche ruck, zuck leert. Und das ohne die kabinett-typische Leichtigkeit vermissen zu lassen.“
Sebastian Bordthäuser: „Das Faß 5 von Peter Lauer ist eine Sonderabfüllung, die bei der Trierer Auktion vor internationalen Weinsammlern versteigert wird. Während es an der Mittelmosel für diesen Stil allmählich zu warm wird, zeigt dieser Kabinett die kühle Saar als Gewinnerin des Klimawandels: Feine, filigrane Weine mit seidiger Textur und dem unvergleichlichen Säurespiel ergeben Weine, die größtes Trinkvergnügen garantieren – heute, morgen und die nächsten 25 Jahre.“
Michael Schmidt: „Mir gefiel Kai Schätzels Niersteiner Kabinett sehr gut: Toller Duft, in dem sich frische grüne Kräuter, Zitrusfrüchte und etwas Steinobst wiederfinden. Geschmacklich wunderbar erfrischend. Die feinen Spontinoten (grüne Kräuter) bringen eine angenehme Kühle auf den Gaumen, die Zitrusfrucht schwebt zwischen Grapefruit und Orange, saftig und spritzig, perfekt unterstützt von animierender Säure.“
Die Reifeprüfung
Unter dem Motto „Was Kabi kann“ waren die Spezialisten dieses Weintyps aufgerufen, uns reifere Weine zuzuschicken. Die Proben reichten bis ins Jahr 1988 zurück: ein Steinberger Riesling Kabinett aus der Schatzkammer der Hessischen Staatsweingüter – jenem Ort, an dem alles begann. „Ein Wein, der im Alter von 32 Jahren keine Spur von Müdigkeit zeigt“, sagt Ralf Kaiser. Als absolut klassisch und auf perfekte Art gereift empfand er Egon Müllers Scharzhofberger Kabinett aus dem Jahr 1994: „Eine tolle Cassisfrucht, Holunder und die nach 26 Jahren immer noch sehr animierende Säure machen ihn auch heute noch zu einem echten Erlebnis.“ nim