In den vergangenen Wochen hat unser journalistische Nachwuchs Kontakt zu Wählerinnen und Wählern aus Koblenz und der Umgebung aufgenommen, um sie bis zur Kommunalwahl bei ihrer Entscheidungsfindung zu begleiten. In fünf verschiedenen Artikeln haben unsere Volontäre die Protagonisten zunächst vorgestellt. Jetzt wollten sie wissen, wie die Gesprächspartner die Werbung im Wahlkampf wahrnehmen und ob sie vielleicht schon zu einer Partei oder einem Kandidaten tendieren.
Wie Erstwählerin Helin Yitmez die Plakate findet
Erstwählerin Helin Yitmez aus Staudt (Westerwaldkreis) betont, erstaunt darüber gewesen zu sein, dass die Wahlplakate erst so spät aufgehängt wurden. „In meinem Heimatort Staudt hängt kaum etwas. Als ich dann aber mal in Neuwied oder Koblenz unterwegs war, ist mir schon mehr begegnet.“ Dabei seien ihr vor allem die Plakate der FDP aufgefallen. Besonders die Schriftzüge und die Wortwahl – auf einigen Plakaten habe das Wort „Macher“ gestanden – erweckten bei der 17-Jährigen den Eindruck, dass damit gezielt jüngere Leute angesprochen werden sollten.
Dass manche Parteien augenscheinlich bewusst auf eine andere Gestaltung als in den vergangenen Jahren setzten, trage nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit dieser Parteien bei, findet die Schülerin. „Manche Plakate finde ich auch einfach schlichtweg alarmierend“, schildert Yitmez ihre weiteren Eindrücke. Die Wortwahl einiger Botschaften könne sie keineswegs unterstützen.
Doch nicht nur durch Wahlplakate, sondern auch auf Social Media ist der Westerwälderin bereits einiges an Wahlwerbung begegnet. Eine endgültige Entscheidung, wen sie am 9. Juni wählen wird, hat sie trotzdem noch nicht getroffen. „Durch die Wahlplakate gibt es nun aber zumindest einige Parteien, die ich definitiv ausschließen kann“, sagt die 17-Jährige.
Familienvater Jörn Janssen verfolgt Wahlkampf intensiv
Jörn Janssen, Familienvater aus Hausen an der Wied, berichtet währenddessen, dass derzeit wenig im Wiedtal mit Blick auf die Kommunalwahl passiert: „Bis auf drei Wahlplakate hängt quasi nichts im Wiedtal“, betont der 47-Jährige. In den Nachbargemeinden wie Melsbach oder Niederbieber würden dagegen mehr Wahlplakate hängen, wie er erstaunt feststellt. Dennoch verfolgt Janssen intensiv den Wahlkampf in seiner Heimatregion im Landkreis Neuwied.
Ortsbürgermeister Martin Lerbs (CDU) aus Waldbreitbach würde beispielsweise alle Interessierten zu einem Eis einladen, um mit den Einwohnern ins Gespräch zu kommen. Spitzenkandidat Pierre Fischer sei dagegen online sehr präsent. In den vergangenen Wochen habe er fast täglich einen Post auf der Social-Media-Plattform Facebook abgesetzt. „Ansonsten passiert hier nichts!“, betont Jörn Janssen, um ergänzend klarzustellen: „Ich bleibe aber auch weiterhin am Ball.“
Rentner Wolfgang Wagner vermisst Plakate manch einer Partei
Der 72-jährige Wolfgang Wagner findet hingegen, dass die Parteien sich in diesem Jahr bei der Wahlwerbung zurückgehalten haben. Der Koblenzer habe meist nur kurze Botschaften auf Plakaten gesehen, hauptsächlich von der SPD und den Grünen. Oft seien es auch nur Bilder der Stadtratskandidaten mit ihrer Listenplatznummer gewesen. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm die Plakate der Grünen mit der Aufschrift „Koblenz gemeinsam bewegen!“ Werbung anderer Parteien, zum Beispiel der CDU, habe er in seiner Wohngegend derweil überhaupt nicht gesehen.
Auf anderen Kanälen, wie zum Beispiel im Fernsehen, sei sie ihm noch gar nicht untergekommen, wundert sich der Rentner. Wen genau er wählt, ist für Wagner schon lange klar. Trotzdem bleibt er für andere Positionen offen und möchte sich weiterhin informieren, was andere Parteien vor der Wahl versprechen, erzählt der 72-Jährige.
Gastronomin Anna Stephany findet Wahlwerbung im Netz persönlicher
Die Gastronomin Anna Stephany aus Andernach nimmt die Wahlwerbung dagegen deutlich wahr: Plakate und Stände in der Innenstadt, Werbung auf Instagram. „Man merkt schon, dass viele aktiv sind, um für sich zu werben.“ An den Straßen sieht man ein Plakat nach dem anderen. Aber nur wenige stechen heraus oder bleiben ihr besonders im Gedächtnis.
Für die 35-Jährige scheint die Wahlwerbung eher auf Emotionen abzuzielen, als politische Inhalte zu vermitteln. Die Aufschriften wirken dabei für Stephany umgangssprachlich und so, als sollten sie alle Menschen gleichermaßen ansprechen. Um politische Inhalte zu vermitteln, setzen die Parteien laut Stephany eher auf die Stände auf dem Marktplatz: Bei einem Eis soll man beispielsweise ins Gespräch kommen. „Man wird schon gelockt“, meint Stephany dazu. In den sozialen Netzwerken begegnet ihr ebenfalls viel Wahlwerbung, diese wirkt persönlicher als Plakate und Stände: „Da schauen die nicht so ernst wie sonst.“
Trotz der vielen Berührungspunkte ist die Wahl in ihrem Umfeld noch kein häufiges Gesprächsthema, weder in ihrer Familie noch bei ihren Kunden. Sie selbst setzt sich allerdings deutlich mit der Wahl auseinander und informiert sich über die Kandidaten. Wen sie wählen will, hat sie noch nicht endgültig entscheiden, meint Stephany. Doch sie habe bereits eine Tendenz.
Landwirt Norbert Grimm befürwortet zentrale Plakatwände
Zu der Wirkung der Wahlwerbung hat Norbert Grimm aus Rehborn eine klare Meinung. „Umso professioneller die Plakate gestaltet sind, desto eher können sie beeinflussen“, findet der Landwirt. Ihn selbst tangieren Wahlplakate kaum – er nimmt sie aber wahr, sagt er.
Im Moment begegnet ihm Wahlwerbung eher weniger über das Internet, sondern vorrangig über Wahlplakate. Er vermutet, dass sich das in den nächsten Wochen noch ändern wird, je näher die Kommunalwahl rückt. Dass Wahlplakate meist an zahlreichen Laternenpfählen in den Orten verteilt hängen, findet der 57-Jährige nicht besonders gut. Schöner findet er zentral gelegene Plakatwände.
Die Wahlwerbung wird ihn nicht von seiner Meinung abbringen, sagt Grimm. Dafür müsste etwas „Gravierendes“ passieren, wie zum Beispiel ein sehr negativer Auftritt eines Politikers. Gleichwohl: Einen gewissen Einfluss habe die Werbung schon, gibt Grimm zu bedenken, sei aber nicht entscheidend. Darüber hinaus ist für den Landwirt die zu wählende Person bei der Kommunalwahl deutlich wichtiger als die dahinterstehende Partei: „Die Partei steht auf kommunaler Ebene nicht im Vordergrund“, macht Grimm deutlich.
Für die Kommunalwahl informiert sich der Landwirt über die lokalen Medien. Außerdem falle die Entscheidung leichter, ob man einen Politiker wählt oder nicht, wenn man ihn persönlich kenne und ihn und seine Arbeit daher besser einschätzen könne.