Sinzig. Mancher Sinziger, der einen Soldaten traf, „wurde ausgekleidet und misshandelt, das weibliche Geschlecht öffentlich genotzüchtigt, sogar die Gattin im Angesicht des Gatten“, schreibt Wilhelm Vogel.
Vogel war von 1815 bis 1822 erster preußischer Bürgermeister von Sinzig. Er stellte 1819 eine Chronik der Stadt zusammen, auch für die Jahre vor seiner Zeit als Bürgermeister. Gerade die Epoche der französischen Besatzung ab 1794 behandelte Vogel besonders ausführlich. Damit jeder Sinziger einen guten Zugang zur Vergangenheit hat, hat Hans Kleinpass, der dieses Jahr verstorben ist, im Heimatjahrbuch Sinzigs von 1993 einige von Vogels Beobachtungen aufgearbeitet. Jeder kann dort nachlesen, wie Vogel die Besatzung durch die Franzosen als eine für die Sinziger sehr schwere Zeit schildert. Jeglicher Handel sei gelähmt, Wirtshäuser und Kramläden geschlossen. Dafür waren die französischen Soldaten mit sogenannten Assignaten versehen gewesen. Damit zahlten die Besatzer, aber die Rücknahme dieses Papiergelds verweigerten sie. Das brachte viele Sinziger in Schulden und Not. Das Gefolge der französischen Armee soll ungewöhnlich zahlreich gewesen sein. Gewehre, Kleidung, Tuch, Heu, Hafer, Stroh und Holz wurden für die Besatzung akquiriert. Die Deutschen seien „als neue Brüder“ geplündert und misshandelt worden, zur gleichen Zeit hätten sie aber die Freiheitslieder der Franzosen mitsingen müssen. Dazu gehörte auch, dass sie „Vive la République“ aus vollem Halse mitschreien mussten, um nicht die Freiheit oder das Leben zu verlieren. Auch eine Viehseuche, die Sinzig 1796 ereilte, machte den Menschen zu schaffen. 800 Rinder starben. Für den Chronisten und Bürgermeister Vogel war dafür Napoleons Gefolge verantwortlich. Die Franzosen zogen seiner Beschreibung nach mit Viehherden „in kläglichem Zustand“ durch die Region.
Von der Säkularisierung war auch das Minoritenkloster auf dem Helenenberg in Sinzig betroffen. Dies wurde einst von Kapuzinern und zuletzt von Minoriten bewohnt, die bis 1794 ebenfalls ein Gymnasium dort leiteten. Klostergebäude und Kirche wurden von der französischen Regierung 1804 an den Meistbietenden verkauft. Gleich danach ließ der private Verkäufer die Kirche abreißen. mey