London

Stonehenge gibt neues Geheimnis preis

Eine Illustration zeigt, wie die neu entdeckten Steine früher vermutlich aufgereiht waren. Archäologen haben in der Nähe des Steinkreises Stonehenge in England Belege für ein weiteres Monument gefunden.  Foto: dpa
Eine Illustration zeigt, wie die neu entdeckten Steine früher vermutlich aufgereiht waren. Archäologen haben in der Nähe des Steinkreises Stonehenge in England Belege für ein weiteres Monument gefunden. Foto: dpa

Wer das Unesco-Denkmal von Stonehenge in der sanften Hügellandschaft von Südwestengland besucht, hat bisher nur ahnen können, wie viele weitere archäologische Schätze sich hinter dem Anblick friedlich grasender Schafe und Kühe verbergen. Noch brausen die Autos über die Landstraße A 345, an der Forscher jetzt ein neues riesiges Steinmonument gefunden haben, das vermutlich vor rund 4500 Jahren entstand – und damit sogar noch älter wäre als Stonehenge. Das Areal „Durrington Walls“ soll um rund 2600 vor Christus entstanden und rund fünfmal so groß sein wie Stonehenge.

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Von Anna Tomforde

„Diese Entdeckungen sind etwas absolut Neues, sie sind von einer ganz anderen Dimension“, sagt Projektleiter Professor Wolfgang Neubauer. Das von Neubauer geführte Ludwig-Boltzmann-Institut in Wien hat im Rahmen des Projekts „Versteckte Landschaften“ zusammen mit britischen Universitäten geforscht. Rund drei Kilometer von Stonehenge entfernt fanden die Archäologen rund 90, zum Teil noch aufrechte Steine, von bis zu viereinhalb Metern Höhe. „Sie waren über Jahrtausende versteckt, und nur durch modernste Technologien konnten Archäologen sie entdecken, ohne dass sie graben mussten.“

Nach Abschluss der Forschungsarbeiten ist es wahrscheinlich, dass die Geschichte von Stonehenge in einem neuen Licht erscheint, sagt Neubauer. „Im Gesamtzusammenhang gesehen werden wir die Geschichte von Stonehenge auf jeden Fall neu schreiben können.“ Der Einsatz modernster Messsysteme, neuester Radartechnologie und von Fernerkundungsflügen hat es erlaubt, statt punktueller örtlicher Forschungen „ganze Landschaften“ zu erkunden. „Wir messen einfach alles: Wo was ist und wo nichts ist“, erklärt Neubauer. „Dieser revolutionäre Ansatz erlaubt uns, einen virtuellen Untergrund zu schaffen, in dem wir virtuell graben können.“

Von den etwa 90 in einer langen Reihe aufgestellten Steinen sollen noch etwa 30 völlig intakt sein. Viele scheinen mutwillig umgestoßen oder in der Erde vergraben worden zu sein. Neubauer glaubt, dass „Lücken“ in den Steinreihen darauf hindeuten, dass die bis zu 25 Tonnen schweren Kolosse nach entsprechender „Bearbeitung“ auch für den Bau von Stonehenge genutzt wurden.

„Es fehlen so viele, dass man locker ein Stonehenge davon bauen kann“, sagte er. Das würde „viel mehr Sinn“ machen als bisherige Theorien, wonach die Steine aus Entfernungen von bis zu 40 Kilometern nach Stonehenge gebracht wurden. Trotz der geschichtsträchtigen Funde geht das Rätselraten um den Ursprung der Steine und ihre Nutzung und Bedeutung als vermutliche Kultstätten weiter. „Es gibt Umwälzungen in der Landschaft, die wir nicht verstehen“, sagt Professor Vince Gaffney von der Universität Bradford. Für ihn ähneln die neu entdeckten Steinformationen einer Kathedrale.

Laut Neubauer bedarf es nach wie vor noch viel Arbeit, um endgültig zu bestimmen, was der Sinn der neolithischen Steinkreise war. „Das ist ein Punkt, über den wir nur spekulieren können.“