Tatsächlich ist in seinem Imbiss mehr als genug Platz für jeden, der hineingehen will. Auch der Blick zum gegenüberliegenden Marktplatz bestätigt seine Einschätzung. Unter dem gespannten Sonnensegel sitzen vielleicht zehn Festivalbesucher, vor Jakobs' Imbiss sitzen ebenso viele und freuen sich über ein gutes Essen. „Früher saßen um diese Zeit drüben 200 Leute, bei uns einen Platz zu kriegen, war chancenlos“, sagt Jakobs. Bis zu eine Stunde hätten die Gäste da auf ein Essen gewartet. An diesem Samstag warten sie keine zehn Minuten. „Das ist echt bitter“, resümiert er.
Auch bei den benachbarten Restaurunt- und Imbissbetrieben gibt es noch genügend Sitzplätze, sogar in der Eisdiele müssen die Gäste trotz der Hitze nicht lange auf eine süße Leckerei warten. Ähnliches berichtet ein Mitarbeiter eines ansässigen Supermarkts. „Hier ist kaum was los“, sagt er. Wo sich vor einigen Jahren noch palettenweise Getränkedosen stapelten, fällt in Sachen Sortiment heute kaum auf, dass die Nature One nahe Kastellaun stattfindet.
Anders sieht das im und vor dem Edeka/Convenda aus. Der Bierbrunnen ist gut besucht, auch einige Einheimische, die nicht zum Festival gehen, nutzen die Gelegenheit für ein kühles und frisch gezapftes Blondes vor dem Supermarkt. Nebenan gibt es bei Külzers Imbiss aus Buch die „beste Wurst der Stadt“. Es herrscht ein wenig Volksfeststimmung.
Busse fahren Marktplatz spät an
Jakobs vermutet, dass das in erster Linie an den Shuttlebussen liegt. Denn die halten vom Festivalgelände kommend erst einmal vor dem Edeka. Im Anschluss gehe es durch die Bahnhofstraße in die Südstraße und weiter über die Laubacher Straße zurück, erklärt Oliver Vordemvenne vom Veranstalter I-Motion. Haltestellen seien in der Bahnhofstraße, der Südstraße, am Schwimmbad und am Marktplatz vorgesehen. Dieser werde aber als Letztes angefahren, kritisieren manche Kastellauner. „Die Leute wissen gar nicht, wo der Bus noch hinfährt, wo sie noch aussteigen könnten und was sie dort erwartet“, sagt Jakobs. Festivalbesucher hätten ihm berichtet, dass sie gar keine Infos von den Busfahrern bekommen hätten. Im Gegenteil: Diese seien sogar unfreundlich geworden und hätten lediglich darauf hingewiesen, dass mit dem Fahrer nicht gesprochen werden dürfe. „Das war früher anders, da haben die Busfahrer die Festivalbesucher informiert“, ist Jakobs sicher.
Dabei biete I-Motion die Fahrten extra kostenlos an, um möglichst viele Besucher nach Kastellaun zu bringen, sagt Vordemvenne. „Darüber hinaus haben wir uns dagegen entschieden, auf dem Campinggelände einen großen Supermarkt zu betreiben, wie dies bei vielen Festivals mittlerweile üblich ist. Wir investieren also viel Geld und verzichten auf relevanten Umsatz“, sagt er. Denn die Kosten für die Shuttlebusse trage der Veranstalter zu 100 Prozent. Und diese seien nicht unerheblich. Immerhin führen neun Gelenkbusse an zwei Tagen jeweils zehn Stunden, sagt der Veranstalter.
Für informierte Festivalbesucher bleibt der Brunnen in der Stadt dennoch Anziehungspunkt. Ein großer Trupp aus dem Raum Bad Kreuznach findet sich um die Mittagszeit dort ein, um schon einmal den ersten Schaum zu erzeugen. „TJ, der DJ“ leert eine Spüliflasche ins Wasser, Leon Schnell – 17 Jahre alt und das erste Mal auf der Nature – erhält kurzerhand die „Nature-Taufe“ und wird mit dem Kopf ins Schaumwasser getunkt. Mit insgesamt 17 Autos sei die Gruppe angereist, und diese Anreise sei katastrophal gewesen. „Sieben bis acht Stunden haben wir gestanden“, berichtet Sandra Schnell, die das Festival bereits seit 17 Jahren besucht. Für sie steht daher fest: „Im kommenden Jahr werden wir schon am Mittwoch anreisen.“
Weitaus länger waren Anna-Lena Guggenbühler und ihre Freunde unterwegs, bis sie auf dem Campinggelände angekommen sind. Am Donnerstagmorgen um 6 Uhr brach die Gruppe aus Achern in Baden-Württemberg auf, um schließlich um 2.45 Uhr endlich das Lager aufbauen zu können. „Das Warten war aber irgendwie auch cool, die Leute haben Bierpong oder Rugby gespielt“, erzählt sie. Nach fünf Stunden sei die Luft dann aber doch irgendwann raus gewesen. Auch wenn der Freitag aufgrund der kurzen Nacht ziemlich gelaufen war, habe das Festival selbst alles wieder rausgerissen. „Wir sind nachts glücklich, zufrieden und tanzend zurück zum Camping“, sagt sie – und ist sicher, dass die zweite Nature nicht ihre letzte war.
Stadt füllt sich mehr und mehr
Am späteren Nachmittag füllt sich denn auch die Burgstadt mehr und mehr mit Festivalbesuchern. Auch das Schwimmbad freut sich über viele Gäste, nachdem am Morgen (das Aqua Fit öffnete am Samstag um 9 Uhr) rein gar nichts los war, wie das Team berichtet. Das Angebot, ein wenig zu schwimmen und zu duschen, nutzen nicht nur die Besucher aus Baden-Württemberg gern. Und freuen sich auf eine weitere Nacht auf der 29. Nature One.
Darüber aufklären, worum es sich bei der Pydna eigentlich handelt und was es mit der Hunsrücker Friedensbewegung auf sich hat, will am Wochenende eine Gruppe, die zu einer „Mahnwache für den Frieden“ auf den Kastellauner Marktplatz eingeladen hat. Angemeldet von Andreas Wald, wollen er und seine Mitstreiter auch deutlich machen, dass 2026 erneut US-Marschflugkörper in Deutschland stationiert werden sollen. Die Geschichte scheine sich also zu wiederholen, und das hätten viele der jungen Leute gar nicht auf dem Schirm. „Außerdem wollen wir die, die in den 1980er-Jahren aktiv waren, wach rütteln“, sagt Wolfgang Link.
Neben alten Fotos nennen sie auf Plakaten auch Daten und Fakten: So hätte Deutschland etwa im vergangenen Jahr 64,5 Milliarden US-Dollar für Rüstung ausgegeben, die NATO 1,224 Milliarden. Dem gegenüber stünden 30 bis 50 Milliarden, die zur Bekämpfung des Welthungers ausgegeben würden. „Der Unterschied ist eben, dass die Rüstungsausgaben auch Gewinn erzielen, die Kosten gegen den Hunger hingegen fallen zur Last“, sagt Organisator Wald. Zahlreiche Flyer der Organisation „Ohne Rüstung leben“ sollen Interessierte aufklären.
Nebenan wirbt die Stefan Morsch Stiftung dafür, sich typisieren zu lassen. Einige Meter weiter stehen die Zeugen Jehovas und bieten kostenlose Bibelkurse an. Wie viel Erfolg sie damit bei den Nature-One-Besuchern haben, steht in den Sternen.