Manuel Neuer spürt das Vertrauen und istals Nummer eins wohlunstrittiger denn je
War da mal eine Torwartdiskussion? – Torhüter Manuel Neuer unstrittiger denn je
Euro2024: Deutschland - Schottland
War die Nummer eins, ist die Nummer eins, bleibt die Nummer eins: Torhüter Manuel Neuer. Foto: Tom Weller/dpa
dpa / Tom Weller. dpa

Unsereiner täte sich wesentlich leichter, zählte er einfach all jene Menschen aus dem weit gefassten nationalen Fußball-Cosmos auf, die sich in der vergangenen Woche nicht zur Causa Manuel Neuer gemeldet haben. Fast schien es so, als besiegelten ein, zwei Fehlgriffe eines Fußball-Torhüters das Schicksal einer ganzen Nation – so wollten es zumindest die fachlich geprüften Krümelsucher weiß machen.

Lesezeit 3 Minuten

Bevor die Empörungswelle die ganze herbeigepredigte EM-Vorbereitungs-Harmonie im DFB-Tross endgültig unter sich zu begraben drohte, spielte die deutsche Nationalmannschaft bei diesem Heim-Turnier schnell ihr Auftaktspiel. Sie gewann mit 5:1, Neuer ward einzig und allein von einem Mitspieler bezwungen und hätte ansonsten über die 90 Minuten auch mögliche Ziele für den nächsten Skiurlaub googeln können.

Alle Aufregung, so scheint es, hat sich mal wieder in Wohlgefallen aufgelöst. Die Torwartfrage im deutschen Team scheint ihre Brisanz verloren zu haben. Hatte sie überhaupt diesen Zündstoff? Klar ist, die Torhüterposition in einer Mannschaft ist die Personalie, die am wenigsten als Experimentierfeld geeignet ist. Und so fand Bundestrainer Julian Nagelsmann auch nach den letzten Testspielen gegen die Ukraine und Griechenland trotz des einen oder anderen Lapsus beim 38 Jahre alten Neuer gute Gründe, den gebürtigen Gelsenkirchener guten Gewissens in sein achtes Turnier zu schicken. Basta!

Einen Schutzpanzer zugelegt

Neuer jedenfalls betonte auf der gestrigen PK im Basis-Camp der DFB-Auswahl in Herzogenaurach, wie wenig ihn die öffentlich geführte Diskussion um seine Person tangiert habe. Er hat sie erst gar nicht an sich herangelassen. „Ich habe das wie immer von Außen betrachtet und nichts zu dem Thema gelesen“, berichtet Neuer von dem Schutzpanzer, den er sich im Laufe der Jahre zugelegt hat. Für ihn komme es einzig und allein auf das Vertrauen an, „und das spüre ich bei allen Verantwortlichen im Team“, so der Nationaltorwart, der mit seinem Einsatz im zweiten EM-Spiel am Mittwoch gegen Ungarn (18 Uhr, ARD) nach EM-Einsätzen mit Italiens Torwart-Legende Gianluigi Buffon gleichziehen kann.

Für Neuer nicht mehr als eine Petitesse. „Das ist ja ganz nett, aber das Spiel mit der Mannschaft gegen die Ungarn ist mir wichtiger. Wir wollen hier als Gemeinschaft etwas erreichen. Das zählt für mich“, bekräftigte Neuer das allgemeingültige DFB-Credo dieser Turniertage, wonach der Einzelne nichts zählt, die Mannschaft aber alles.

Wichtiger Bestandteil der Mannschaft

Er selbst sieht sich nach wie vor als „wichtiger Bestandteil einer Mannschaft, in der eine gute Kommunikation herrscht und eine gute Gemeinschaft“, urteilte Neuer mit der Erfahrung aus sieben Groß-Turnieren über das Miteinander im DFB-Tross. Auf dem langen Weg, bei dieser Heim-EM am Ende Zählbares mitnehmen zu können, sieht der erfahrene Keeper diesen Kader jedenfalls auf einem guten Weg. „So ein erstes siegreiches Spiel, bei dem wir von Anfang an Dominanz ausgestrahlt haben, hilft natürlich“, so Neuer zum 5:1-Auftakterfolg gegen Schottland.

„Wir wollten eine gewisse Stabilität auf den Platz bringen, vor allem auch defensiv. Das ist uns gelungen, auch wenn ich in dem Spiel jetzt nicht die ganz krassen Situationen hatte. Wir bleiben auf dem Boden und wissen, dass die nächsten Spiele schwerer werden“, sagte der Nationaltorhüter. Dabei musste er gar nicht so weit in die Zukunft blicken. Routinier Thomas Müller warnte bereits vor dem zweiten Turnierspiel, mit dem eine deutsche Mannschaft in der Vergangenheit schon immer so ihre Probleme hatte.

Vorsicht vor den Ungarn!

Und Ungarn als zweiter Turniergegner ist nicht gerade eine Mannschaft, die der DFB-Auswahl liegt. „Ein unangenehmer Gegner, der aggressiv in die Zweikämpfe geht“, erinnert sich Neuer noch zu gut an das letzte Gruppenspiel bei der EM 2020, respektive 2021, als sich die deutsche Mannschaft zu einem 2:2 gegen die Magyaren quälte. „Wir werden den Gegner nicht unterschätzen und wollen im Flow bleiben“, umschrieb Neuer die Zielsetzung für Mittwoch.

Mit Freude sieht der Keeper bei seinem womöglich letzten großen Turnier („damit beschäftige ich mich, wenn dieses Turnier zu Ende ist“) das große Fan-Aufkommen in den Spiel-Städten und die überwiegend friedliche Atmosphäre. „Wir sind dabei, eine ähnliche Euphorie zu entfachen wie bei der WM 2006“, glaubt ein im deutschen Tor einmal mehr unangefochtener Neuer. Mit einem Erfolg über Ungarn dürfte die DFB-Auswahl für noch mehr gute Stimmung im Land sorgen. Und Neuer mit einer tadellosen Leistung für das Ende einer Diskussion, die vielleicht nie eine war.

Top-News aus der Region