Montabaur

Jahrhunderprojekt ICE-Bahnhof Montabaur: Und dann kam alles ganz anders

Noch heute ist der Altbürgermeister der Verbandsgemeinde und Stadt Montabaur, Paul Possel-Dölken, stolz auf sein größtes Projekt, den ICE-Bahnhof Montabaur.
Noch heute ist der Altbürgermeister der Verbandsgemeinde und Stadt Montabaur, Paul Possel-Dölken, stolz auf sein größtes Projekt, den ICE-Bahnhof Montabaur. Foto: Sascha Ditscher

Man glaubt es kaum: Seit fast einem halben Jahrhundert ist die Schnellbahnstrecke Köln–Rhein/Main ein Thema in unserer Zeitung – und wird es auch weiter bleiben. Die ersten Planungen aus den 70er-Jahren verschwanden bald wieder in den Schubladen, doch in den 80er-Jahren wurde das Projekt wieder aufgenommen und mit konkreten Planungen begonnen, die eine Strecke den Rhein entlang favorisierten. Doch dann kam alles ganz anders – und der Westerwald ins Spiel.

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„Vom Westerwälder Kreistag wurde 1988 sogar eine Resolution gegen eine Trasse durch den Westerwald verabschiedet“, erinnert sich Paul Possel-Dölken, der in der Planungszeit und beim Bau der ICE-Strecke nicht nur Bürgermeister der Verbandsgemeinde und Stadt Montabaur war, sondern heute als Vater des ICE-Bahnhofs Montabaur gilt. „Man wollte der Landesregierung und Koblenz nicht in den Rücken fallen. Denn die Rhein-Mosel-Stadt sollte den rheinland-pfälzischen ICE- Bahn-hof erhalten. Mehrere Trassen wurden untersucht, schließlich blieb vor allem aus Gründen des Umweltschutzes und wegen der Kosten (trotz der dann nötigen vielen Tunnel) nur die mit der Autobahn gebündelte Trasse übrig. Und die führte eben durch den Westerwald.“

Anfangs nur ein Haltepunkt geplant

1989 erging dann der Auftrag der Bundesregierung, die Schnellbahnstrecke durch den Taunus und den Westerwald zu bauen. In unserer Zeitung wurde in den Folgejahren das Thema zuerst des Baus eines Bahnhofs, später dann der gleich mehrerer heftig diskutiert. Possel-Dölken erinnert sich: „Der ursprüngliche Plan war der Bau eines Bahnhofs auf der Westerwaldseite der Lahn bei Limburg. Der damalige, aus dem Westerwald kommende Staatssekretär Karl Hoppe brachte erstmals einen Halt bei Montabaur direkt an der A 3 ins Gespräch. Anfangs wurde das kaum ernst genommen, aber dann stellte sich heraus, dass die Bahnhöfe Limburg wie Montabaur sehr unterschiedliche Einzugsbereiche haben, und sich dadurch nicht gegenseitig Konkurrenz machten. Zumal man dann den Limburger Bahnhof jenseits der Lahn bei Eschhofen bauen wollte.“

Aber auch wenn der Bürgermeister in dem Projekt sofort große Chancen für Montabaur und die Region sah, mussten die lokalen Entscheidungsgremien erst noch überzeugt werden. „Als die Planverfahren anliefen, wurde uns sogar Gigantismus vorgeworfen“, lacht Possel-Dölken heute. Doch damals war die Sache todernst. Außer ihm glaubten gar nicht so viele wirklich an den Erfolg des Projektes. „Da mussten wir viele Pressegespräche führen, um mittels der Medien die Bürger von der Sache zu überzeugen. In der Berichterstattung stand dann gottseidank immer die Sache im Vordergrund. Auch wenn zum Beispiel durch Bürgerinitiativen und mehr zum Teil die Emotionen hochkochten. Und in der Bevölkerung fanden dann schließlich auch die für die Strecke und den Bahnhof erforderlichen Baumaßnahmen Zustimmung. Das gelang zum Beispiel dadurch, dass die beim Tunnelbau anfallenden Erdmassen für Lärmschutzwälle an der A 3 genutzt wurden.“

Gewerbegebiet am Bahnhof entwickelt

Doch Paul Possel-Dölken hatte noch eine ganz andere Vision: „Wenn wir schon den für den ICE-Bahnhof sogar erstmals in Deutschland einen eigenen Autobahnanschluss gebaut bekommen, dann könnten wir doch das Gelände um den ICE-Halt mitsamt dem ehemaligen Regionalbahnhof zum städtebaulichen Entwicklungsgebiet machen.“ Gesagt, getan. Wer sich heute das ICE-Gebiet in Montabaur ansieht, wird feststellen, dass es dort kaum noch Lücken gibt. Über die Jahre kamen dort immer mehr Bürogebäude, Parkhäuser und auch das Factory Outlet Center hinzu. „Unser großes Glück war damals, dass wir (mit nur einer Stimme Mehrheit im Rat) mit dem Montabaurer 1&1-Gründer und Investor Ralf Dommermuth einen Vorvertrag zur Entwicklung des Gebietes schließen konnten“, freut sich Possel-Dölken im Rückblick. „Damit konnten wir unsere Jahrhundertchance nutzen. Limburg hat damals die Entwicklung verpasst.“ Mittlerweile ist „PoDö“ längst im Ruhestand. Die Früchte seines unermüdlichen Kampfes für den ICE-Bahnhof Montabaur und sein Umfeld kann man aber täglich bewundern. Und immer wieder können wir in unserer Zeitung über die weitere erfolgreiche Entwicklung dort berichten.