Koblenz

75 Jahre Baugeschichte: Die Gebäude der Rhein-Zeitung

Für viele Jahre Heimat der Rhein-Zeitung: Das Verlagsgebäude mit Druckhaus in der August-Horch-Straße.
Für viele Jahre Heimat der Rhein-Zeitung: Das Verlagsgebäude mit Druckhaus in der August-Horch-Straße. Foto: Herbert Piel

Die Anfänge der Rhein-Zeitung sind so bescheiden wie die der jungen Republik Deutschland nach dem Krieg. Der im Jahr 1946 von Bauingenieur Peter Josef Stein aus Mayen und Wilhelm Nowack in Koblenz gegründete Rhein-Mosel-Verlag startete am 20. April 1946 mit der Rhein-Zeitung, die damals von der Görres-Druckerei gedruckt wurde.

Anzeige
Bauarbeiten zum neuen Verlagsgebäude der Rhein-Zeitung in der Koblenzer Innenstadt, an der Ecke Stegemannstraße-Viktoriastraße-Schlossstraße.
Bauarbeiten zum neuen Verlagsgebäude der Rhein-Zeitung in der Koblenzer Innenstadt, an der Ecke Stegemannstraße-Viktoriastraße-Schlossstraße.
Foto: Herbert Piel

Schon im Dezember 1947 übernahm Walter Twer den Geschäftsanteil von Nowack. Gemeinsam mit Chefredakteur Oscar Richardt, Michael Weber, Erich Schneider und Joachim Ulrich gründet er im Jahr 1948 den Mittelrhein-Verlag. Das junge Verlagsteam zog hoch über Koblenz in ein nicht gerade als Traumimmobilie zu nennendes Gebäude.

Kaum ein Standort könnte so bezeichnend für den damaligen Zustand der Nation sein wie die Ruine des Forts Asterstein, die zum ersten Produktionsstandort der Rhein-Zeitung werden sollte. Und noch etwas spiegelt die damalige Zeit. Trotz der widrigen Umstände, mit denen das besiegte Deutschland die ersten Jahre nach dem Krieg zurechtzukommen hatte, fanden sich doch Menschen, für die nach Jahren faschistischer Propaganda freier und neutraler Journalismus etwas war, für das sie alle möglichen Unannehmlichkeiten auf sich nahmen. Und derer gab es reichlich.

Das „Verlagsgebäude“ des 1948 gegründeten Mittelrhein-Verlags mussten sich die Männer und Frauen mit Ratten und Wildkaninchen teilen, der Weg in die Redaktion der Rhein-Zeitung und zur Produktion musste durch hohes Brennnesselgestrüpp erkämpft werden.

Wer den hochmodernen Maschinenpark der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, die in diesen Tagen die Ausgaben der Rhein-Zeitung druckt, mit dem vergleicht, was in den ersten Jahren zur Verfügung stand, wird verwundert fragen, wie damals die Produktion einer Tageszeitung überhaupt gelingen konnte.

Die unbedingte Verpflichtung zu einem lokalen, ehrlichen und unbeeinflussten Journalismus fand in der Bevölkerung Anklang, und so wurde die unter zuweilen abenteuerlichen Umständen produzierte Rhein-Zeitung zu einem festen Bestandteil der Medienlandschaft rund um Koblenz.

Die Zeiten besserten sich für die Menschen in Deutschland – und die Rhein-Zeitung als steter Begleiter der Menschen in der Region wuchs und benötigte mehr Platz als noch in den Gründertagen. 1949 druckte die Rotationsmaschine bereits täglich die Rhein-Zeitung, die in 17 Orten der französisch besetzten Zone gelesen werden konnte. In der Stegemannstraße im Stadtzentrum fand man im Jahr 1951 einen neuen Standort, der für den moderner werdenden Maschinenpark ausreichend Platz bot. Hier ist man im Jahr 1954 in der Lage, 150 000 Exemplare der immer beliebter werdenden Rhein-Zeitung zu drucken.

Als Walter Twer im Jahr 1957 stirbt, hinterlässt er ein gut aufgestelltes Verlagshaus, in dem schon ein Jahr später auf nun zwei Rotationsmaschinen jeweils 32 Seiten gedruckt werden können, auf der Titelseite sogar mit einer zusätzlichen Farbe.

Auch wenn die Rhein-Zeitung in der Stegemannstraße „mittendrin“ ist, die Expansionsmöglichkeiten sind im aufstrebenden Zentrum Koblenz nicht groß. Schon bald platzt der Verlag aus allen Nähten, und die Entscheidung, neueste Drucktechnologie nutzen zu wollen, fordert Platz, den es in der Innenstadt im Jahr 1966 längst nicht mehr gibt.

Auf einem Grundstück im Rheinhafen, dem wachsenden Industriegebiet von Koblenz, stellt die Verlagsleitung noch im selben Jahr die Weichen für die kommenden 55 Jahre. Hier soll der neue Standort des Mittelrhein-Verlags und ihres Herzstücks, der Rhein-Zeitung, entstehen. Modern, funktional und weithin sichtbar wird es an der vielbefahrenen August-Horch-Straße ein Zeichen setzen. Den Anfang macht, wie auch schon beim vorigen Umzug, die Druckerei, um die neue 96-Seiten-Rotationsdruckmaschine wird das Druckhaus „herumgebaut“, und im Jahr 1968 entstehen hier die ersten Ausgaben der Rhein-Zeitung, noch wird mit Bleiplatten gesetzt, aber auch das wird sich schon bald ändern.

1973 stellt ein besonderes Jahr dar, denn nun feiert der Verlag nicht nur seinen 25. Geburtstag, das neue Verlagshaus in der August-Horch-Straße zeigt weithin sichtbar das Bekenntnis der Rhein-Zeitung zur Region.

Die Umstellung von Blei- zu Fotosatz im selben Jahr und die Auflagensteigerung auf mehr als 200 000 Exemplare gemeinsam mit den vielen Heimat- und Lokalausgaben, die inzwischen zur Rhein-Zeitungs-Familie gehören, lassen schon im Jahr 1975 ahnen, dass auch der Standort in der August-Horch-Straße nicht für immer ausreichend Platz bieten wird. Noch ist jedoch die Heimat der Rhein-Zeitung das bekannte Gebäude mit seinen großen Anzeigentafeln an der Straßenfront verbunden mit Heimatjournalismus, lokaler Berichterstattung und Auszeichnungen, wie zum Beispiel dem „goldenen Winkelhaken“, der an verdiente Persönlichkeiten im Ausgabengebiet verliehen wird.

Nachdem im Jahr 1978 eine weitere Rotationsmaschine zum Maschinenpark des Verlages hinzugefügt wird, entstehen in der Stegemannstraße im Jahr 1980 das Kommunikationszentrum „RZ-Forum Rotation“ und die „RZ Reisen und Leben“. Nähe zu den Menschen im Ausgabengebiet prägt vom ersten Tag an das Arbeiten der Rhein-Zeitung; ein weit gespanntes Netz aus Lokalredaktionen ist da, wo Nachrichten passieren. Die Geschäftsstellen der Rhein-Zeitung sind der Link zu den Menschen im Land, hier können private Anzeigen persönlich aufgegeben werden, während geschulte Medienberater als kompetente Ansprechpartner für die Unternehmen am Ort agieren.

Am Standort Koblenz wird es um die Jahrtausendwende langsam wieder eng. Nach der Umrüstung von Hochdruck auf Rollenoffset im Jahr 1993 wird auch der Umbruch auf elektronisches Setzen umgestellt.

Neues Druckhaus der Rhein-Zeitung an der A 61. Außenansicht der Baustelle.
Neues Druckhaus der Rhein-Zeitung an der A 61. Außenansicht der Baustelle.
Foto: Rhein-Zeitung

Die digitale Entwicklung schreitet bei der Rhein-Zeitung mit großen Schritten voran. 1996 geht die RZ „online“, am 30. Mai 2001 startet die Rhein-Zeitung als erste Tageszeitung überhaupt mit einem E-Paper. Während sich das Blatt auf das neue Jahrtausend einstellt und mit der Entwicklung eines eigenen Layout-Systems Maßstäbe setzt, wächst die Planung eines neuen Standortes im Hintergrund. Den Beginn soll wieder das Druckhaus machen, dessen Grundstein wird im Jahr 2010 feierlich gelegt. Seit diesem Zeitpunkt reißt die Bautätigkeit am Standort nahe der A 61 nicht ab. Dem Druckhaus angeschlossen entsteht ein Besucherzentrum, mit dem die Rhein-Zeitung wie auch schon zuvor die Brücke zu den Leserinnen und Lesern schlägt. Ein Blick in die Produktion der Tageszeitung ist für viele hochinteressant, Schulklassen werden von den Azubis des Unternehmens vormittags in Empfang genommen, während in den frühen Abendstunden Besuchergruppen den „Andruck“ live erleben können.

Das neue Gelände nimmt Gestalt an. Mit der Inbetriebnahme des Druckzentrums im Jahr 2012 ist das Projekt noch nicht abgeschlossen. Eine Erweiterung folgt im Jahr 2018, eine dritte Offsetrotationsmaschine komplettiert den Druckmaschinenpark. Rund um das Drucken ist ein ganzes Logistikzentrum gewachsen. Die Verarbeitung von Beilagen ist in großer Zahl möglich, sowohl voll automatisiert als auch per Hand. Für die Anlieferung von Prospektmaterial steht ein Hochregallager zur Verfügung, der Kreis schließt sich mit dem Verladebereich, von dem aus in den späten Abendstunden die Rhein-Zeitung und ihre Heimatausgaben auf die Reise zu den Briefkästen des Landes gehen.

Letztes Puzzleteil an der A 61 ist das neue Medienhaus. Die Immobilie in der August-Horch-Straße, für mehr als ein halbes Jahrhundert Heimat für alle „RZ-ler“ und „MRV-ler“, ist in andere Hände übergegangen.

Jetzt beginnt mit dem Umzug ins neue Verlagshaus ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Verlages und der Rhein-Zeitung, denn nicht nur die Tageszeitung zieht in das neue Verlagsgebäude ein, sondern auch der 1964 noch von Erich Schneider gegründete Verlag für Anzeigenblätter und die 1985 gegründete Satz und Produktionsgesellschaft sapro GmbH. An Ort und Stelle sind bereits der Druckdienstleister und das Logistikunternehmen Mittelrhein LastMile.