Landespartei ist wohl über Äußerungen ihres früheren Vorsitzenden erbost - Der will sich gegen Ausschlussverfahren wehren
Uwe Junge droht der Rauswurf aus der AfD: Der will sich gegen Ausschlussverfahren wehren
Kurz vor der Landtagswahl hatte Uwe Junge die AfD in Rheinland-Pfalz als nicht wählbar bezeichnet, weshalb ihm nun wohl ein Ausschlussverfahren droht. Junge warnt vor dem Einfluss des völkischen „Flügels“, der die Partei, wie er sagt, vom bürgerlichen Kurs abbringen wolle.
picture alliance/dpa

Rheinland-Pfalz. In der rheinland-pfälzischen AfD offenbart sich ein immer größerer Graben zwischen einzelnen Spitzenpolitikern. Nach Informationen unserer Zeitung droht Uwe Junge sogar der Rauswurf aus der Partei. Dem 63-Jährigen, der viele Jahre die Landespartei und die Fraktion im Mainzer Landtag anführt, werden parteischädigende Äußerungen vorgeworfen.

AfD-Landesvize Sebastian Münzenmaier sagt unserer Zeitung auf Anfrage: „Der Landesvorstand hat einstimmig beschlossen, Uwe Junge zu einer Stellungnahme zu diversen öffentlichen Aussagen über die eigene Partei aufzufordern.“ Diese gilt als Vorstufe eines möglichen Parteiausschlussverfahrens. „Ob und welche Ordnungsmaßnahme verhängt wird, entscheidet der Landesvorstand nach dem Eingang der Stellungnahme“, sagt Münzenmaier, der Bundestagsabgeordneter aus Mainz ist. Als mögliche Sanktionen sieht die Satzung der Partei eine Abmahnung, Ämtersperre oder den Ausschluss aus der AfD vor.

Dem Vernehmen nach stören sich Junges Kritiker daran, dass er die Partei vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz öffentlich als unwählbar bezeichnet haben soll. So hatte Junge getwittert, die AfD wäre ohne Gauland eine „bürgerliche, konservative und wählbare Opposition“. Unserer Zeitung sagt der aus dem Landtag ausscheidende Junge, er wisse vom Landesvorstand, dass „ein Parteiausschlussverfahren angestrebt wird und dass ich zur Stellungnahme aufgefordert werden soll“. Eingegangen sei bislang nichts. „Ich gehe kämpferisch in das Verfahren, weil ich der AfD nie geschadet habe“, sagt Junge. Einen eigenen Austritt aus der AfD schließt Junge aus. „Ich möchte die Partei retten und nicht denen das Feld überlassen, die das kaputtmachen, was wir in Rheinland-Pfalz aufgebaut haben.“

Junge erklärt die Rauswurfversuche damit, dass der als völkisch geltende „Flügel“ stärkeren Einfluss auf die rheinland-pfälzische AfD nehme und diese immer stärker von einem bürgerlichen Kurs abkehre. „Wenn Jörg Meuthen fällt, ist es mit der Bürgerlichkeit der AfD dahin“, warnt er.

In einer E-Mail, die Junge an mehrere AfD-Politiker im Land geschickt haben soll und die unserer Zeitung vorliegt, wird der Ex-Parteichef konkreter. Rheinland-Pfalz sei kein bürgerlich-konservativer Landesverband mehr, schreibt er darin und begründet das auch mit jüngsten Schlagzeilen um Bernd Schattner. Der ist amtierender AfD-Landesvize, kandidiert aussichtsreich als Bundestagskandidat aus Rheinland-Pfalz und hatte laut SWR-Bericht in einer internen E-Mail den Sturz von AfD-Bundessprecher Meuthen ins Spiel gebracht. Junge fordert nun ein Parteiausschlussverfahren für Schattner.

In seiner E-Mail an mehrere AfD-Politiker nennt Junge als Hintermänner, ihn aus der Partei werfen zu wollen, namentlich Fraktionsvize Jan Bollinger, den parlamentarischen Geschäftsführer Damian Lohr und den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier. Diese nennt er darin eine „Beutegemeinschaft“, die „schon jetzt zu ihrem eigenen Nutzen und zum Schaden des Verbandes ganze Arbeit geleistet“ habe.

Gerade an Münzenmaier äußert Junge harte Kritik, bezeichnet ihn als „Obmann des Flügels“ in Rheinland-Pfalz und unterstellt, dass Alexander Gauland versuche, „über seinen Zögling Münzenmaier Einfluss auf unseren Landesverband zu nehmen“. Vor diesem Hintergrund seien auch die Demütigungen gegen Joachim Paul zu verstehen.

Der gilt in der Partei als Meuthen-nah, stieg zuletzt im Landtag vom AfD-Fraktionsvize zum einfachen Abgeordneten ab und verlor selbst eine Kampfabstimmung um den zweiten Stellvertreterposten gegen Iris Nieland mit 4:5.

Münzenmaier verneint die Vorwürfe des Ex-Parteichefs: „Ich kann Uwe Junge und seine Aussagen seit geraumer Zeit nicht mehr ernst nehmen. Das ist völliger Quatsch. Ich wünsche mir eine pluralistische AfD und habe nie einer Parteiströmung angehört – weder dem Flügel noch der alternativen Mitte“, sagt der Bundestagsabgeordnete.

Geht es um einen Rauswurf von Junge, ist die Partei gespalten. Aus Kreisen seiner Gegner heißt es, der für seine militärische Führung umstrittene Junge wirbele Dreck auf, seit ihm 2019 die Wahl in den AfD-Bundesvorstand verwehrt worden sei. „Uwe Junge ist als eitel bekannt und danach an seiner Eitelkeit zugrunde gegangen“, sagt ein AfD-Politiker. Andere Parteimitglieder warnen dagegen scharf vor Konsequenzen: „Uwe Junge rauszuwerfen, hat das Potenzial, die Partei auseinanderfliegen zu lassen. Er hat es geschafft, den Landesverband vom Narrensaum fernzuhalten“, sagt einer. Ein anderer betont bitterböse: „Ein Stabsoffizier und Veteran des Afghanistan-Krieges soll sich nun Abiturienten erklären. Das irritiert einen schon im besonderen Maß.“

Offiziell zitieren lässt sich der AfD-Landtagsabgeordnete Matthias Joa. Er sagt: „Ein Rauswurf von Uwe Junge wäre fatal und würde uns schlecht bekommen. Er ist beliebt bei der Mitgliedschaft und hat Wiedererkennungswert. Dafür habe ich kein Verständnis.“ Auch der Trierer und AfD-Landeschef Michael Frisch lehnt einen Rauswurf von Junge ab. „Ich unterstütze ein Parteiausschlussverfahren keinesfalls und sehe dafür auch keine Mehrheiten“, sagt Frisch.

Von Florian Schlecht

Top-News aus der Region