Rheinland-Pfalz
Union gewinnt Europawahl: CDU-Politiker zufrieden, sehen sich gut aufgestellt – Weg für Schnieder frei
Gordon Schnieder soll neuer Fraktionsvorsitzender der CDU werden
Gordon Schnieder (re.) löste im vergangenen Jahr - nach heftigen internen Querelen - Christian Baldauf als CDU-Landtagsfraktionschef ab. Folgt nun im Herbst die Staffelstab-Übergabe auf dem Parteivorsitzenden-Stuhl?
Frank Rumpenhorst/dpa

Die CDU geht gestärkt aus der Europawahl hervor - auch in Rheinland-Pfalz. Entsprechend zufrieden fallen die Reaktionen aus. Was folgt nun aus dem Wahlergebnis, das die Christdemokraten als Erfolg interpretieren? Leitet Landtagsfraktionschef Gordon Schnieder weitergehende Ansprüche daraus ab? Am Dienstag könnte es definitiv Neuigkeiten geben - auch mit Blick auf die nächste Landtagswahl im Frühjahr 2026.

Die Karte von Rheinland-Pfalz ist nach der Europawahl tiefschwarz. In allen Regionen des Landes liegt die CDU nach der Europawahl klar vorn, vor allem im nördlichen Rheinland-Pfalz ist sie wieder stark. Landesweit kommt die CDU auf 30,7 Prozent. Damit liegen die Christdemokraten eindeutig an der Spitze, verlieren aber in Rheinland-Pfalz im Vergleich zur Europawahl 2019 leicht (minus 0,6 Prozentpunkte) – und fahren historisch ihr schlechtestes Ergebnis ein. Die Interpretation unter Christdemokraten ist aber eine andere: Ergebnis gehalten – und das in herausfordernden Zeiten.

Christine Schneider, rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin der CDU und parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, erklärt am Wahlabend im Mainz, dass sie mit dem Ergebnis der Union von zu diesem Zeitpunkt knapp 30 Prozent zufrieden sei. Natürlich hätte sie sich gewünscht, dass die Union der AfD mehr Stimmen wegnimmt. Allerdings seien die Wähler in Scharen von den Ampelparteien (SPD, Grüne und FDP) weggelaufen, betont die Pfälzerin. Sie hoffe, dass die Ampel „die Warnsignale“ registriere.

CDU-Parteitag Rheinland-Pfalz
Koblenz: Der Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen CDU, Christian Baldauf (links) spricht beim CDU-Parteitag im vergangenen Jahr mit den CDU-Europa-Abgeordneten Christine Schneider (Mitte) und Ralf Seekatz (rechts). Schneider und Seekatz wurden bei der Europawahl am 9. Juni wieder ins Europäische Parlament gewählt.
Thomas Frey/dpa

Die Christdemokraten hätten jedenfalls den „klaren Wählerauftrag bekommen“ – und den Auftrag, Ursula von der Leyen erneut zur EU-Kommissionspräsidentin zu wählen. Von der Leyen hatte vor dem Wahltag nicht ausgeschlossen, sich im Europaparlament auch von der italienischen Rechtsaußen-Partei von Ministerpräsidentin und Postfaschistin Giorgia Meloni wählen zu lassen. Wie steht Schneider dazu? Sie sagt, „die klare Brandmauer“ zu Rechtsextremisten stehe. Man werde nur mit pro-europäischen, rechtsstaatlichen und pro-ukrainischen Kräften zusammenarbeiten. Das hatten viele Unionspolitiker rund um den Wahltermin beteuert.

Nach der Europawahl - CDU
Berlin: Carsten Linnemann (von links nach rechts), CDU-Generalsekretär, Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, Ursula von der Leyen, Spitzenkandidatin der CDU für die Europawahl 2024 sowie Präsidentin der Europäischen Kommission, Daniel Caspary (CDU), Mitglied des Europäischen Parlaments, und David McAllister (CDU), Mitglied des Europäischen Parlaments, applaudieren vor der Bundesvorstandssitzung der CDU im Konrad-Adenauer-Haus von der Leyen. Bei der Europawahl 2024 wurde die CDU die stärkste Kraft.
Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Meloni habe sie, so Schneider, in den vergangenen Monaten „positiv überrascht“, ohne die italienische Ministerpräsidentin wäre kein Asylkompromiss zustande gekommen. Andere Fraktionen hätten kein grünes Licht gegeben – auch die Grünen nicht, so Schneider.

Der rheinland-pfälzische CDU-Chef Christian Baldauf scheint mit dem Zwischenergebnis am Sonntag vor 19 Uhr ebenfalls nicht unzufrieden zu sein. Baldauf flachst, führt mit einer Weinschorle in der Hand lockere Gespräche, die Stimmung ist gut. Ob sich denn auch die rheinland-pfälzische CDU durch das Wahlergebnis gestärkt fühlt? Baldauf antwortet mit einem „Ja“. Man lebe in „schweren, herausfordernden und volatilen Zeiten“. Als CDU komme man „aus einem Tal der Tränen“ – der CDU-Landeschef meint die verlorene Bundestagswahl 2021 – in dem man nicht geschlossen aufgetreten sei – „ganz im Gegenteil“, schaut der Landeschef zurück. Heute sei das anders, die Partei sei auf Bundes- sowie Landesebene gut aufgestellt, die Bundestagsfraktion in Berlin geschlossen.

Baldauf: Scholz muss Vertrauensfrage stellen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei „extrem schwach, völlig uneinsichtig“, schimpft Baldauf. Er fordert – genau wie andere Konservative an diesem Wahlabend und am Tag danach: Scholz müsse im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. So könne es für die Berliner Ampelkoalition nicht weitergehen, ist der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende überzeugt. Ob denn die 30 Prozent für die Union CDU-Bundeschef Friedrich Merz für eine mögliche Kanzlerkandidatur Rückenwind geben? „Ja, ich sehe auch nicht, dass das in irgendeiner Form strittig ist“, erklärt Baldauf, bevor er wieder in die Menschensammlung eintaucht.

Die Vize-Landesvorsitzende Ellen Demuth spricht am Montag beim Ausblick auf die Landtagswahl 2026 und die Aufstellung der CDU von einer „sehr guten Ausgangslage“ und einem „hervorragenden Ergebnis, das zeigt, wie geschlossen die CDU ist“. Auch andere Christdemokraten berichten von einem „guten Signal“ für die anstehenden Wahlen – Bundestagswahl 2025, Landtagswahl 2026.

An der Annahme, dass der Eifeler Landtagsfraktionschef Gordon Schnieder die Partei in den Landtagswahlkampf führen wird, gibt es spätestens seit Sonntagabend nicht mehr den leisesten Zweifel. Und dass die Entscheidung pro Schnieder an der Parteispitze unmittelbar bevorsteht, wurde am Montag dann endgültig klar, als die Einladung zur Pressekonferenz des Landesverbands aktualisiert wurde – wenn auch noch einigermaßen kryptisch

Wird Schnieder zum Parteichef gewählt, ist er der logische Herausforderer

„Wir bitten Sie um Beachtung, dass wir aktuell außerdem über unseren Fahrplan zum Landesparteitag der CDU Rheinland-Pfalz am 21. September informieren möchten“, hieß es. Im politischen Mainz gab es zuvor unter CDU-Leuten vermehrte Verweise eben auf jene Pressekonferenz. Wird der Eifeler dann im Herbst zum Parteichef gewählt, ist er definitiv der logische Herausforderer – entweder von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) oder von einem anderen SPD-Spitzenkandidaten.

Derweil wird der Westerwälder Ralf Seekatz den Norden von Rheinland-Pfalz auch in den kommenden fünf Jahren im Europäischen Parlament vertreten. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt der Westerburger, er sei glücklich, dass man als CDU beim bundesweiten Ergebnis mit 30 Prozent (plus 1,1 Prozentpunkte) zugelegt habe. Seekatz räumt allerdings ein, „dass es schöner gewesen wäre, wenn wir noch mehr hinzugewonnen hätten – und die AfD nicht so stark gewesen wäre“. Das Erstarken der AfD erschrecke ihn.

Ich bin glücklich, dass die CDU zugelegt hat. Es wäre allerdings schöner gewesen, wenn wir noch mehr hinzugewonnen hätten – und die AfD nicht so stark gewesen wäre.

Der Westerwälder EU-Abgeordnete Ralf Seekatz

Im Europawahl-Ergebnis zeige sich eine große Unzufriedenheit mit der Bundesampel und „dass das Migrationsthema die Menschen umtreibt“, stellt der EU-Abgeordnete fest. Dass die AfD bei den jungen Wählern gut ankam und mehr oder weniger mit der Union gleichauf liegt, offenbare, dass man sich auf EU-Ebene mehr um die jungen Leute und ihre Themen kümmern müsse, so Seekatz.

Brandl gewinnt Landratswahl – Fraktion braucht neuen Parlamentsgeschäftsführer

In die Hand nehmen muss die CDU-Landtagsfraktion die Frage, wer auf den Parlamentsgeschäftsführer Martin Brandl folgen wird. Brandl wurde im pfälzischen Landkreis Germersheim mit 50 Prozent und 24 Stimmen Vorsprung zum neuen Landrat gewählt, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Er sei „sehr dankbar über das hervorragende Ergebnis im ersten Wahlgang“, sagt der Pfälzer. Sein neues Amt wird Brandl zum 1. Dezember übernehmen.

Gordon Schnieder und Martin Brandl
Gordon Schnieder (links), Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag von Rheinland-Pfalz, muss einen Nachfolger für Parlamentsgeschäftsführer Martin Brandl suchen. Der Pfälzer hat die Landratswahl im Kreis Germersheim gewonnen - und wird am Ende des Jahres neuer Landrat.
Sebastian Gollnow/dpa

Für seine Nachfolge als parlamentarischer Geschäftsführer werde CDU-Fraktionschef Schnieder einen Vorschlag, der mit ihm eng abgestimmt sei, machen, kündigt Brandl an. Da im Fraktionsvorstand zurzeit neben Brandl nur noch ein Pfälzer vertreten ist, dürfte die Neubesetzung ebenfalls aus der Pfalz kommen, heißt es im politischen Mainz.

Als Kandidaten werden der Jurist und rechtspolitische Sprecher Marcus Klein, der aktuell auch stellvertretender Fraktionschef ist, sowie der finanzpolitische Sprecher Christof Reichert sowie der mobilitätspolitische Sprecher Markus Wolf genannt. Wobei Klein in CDU-Kreisen als Favorit gilt. Für ihn spreche sein strategisches Denken und seine politische Erfahrung – der Pfälzer leitete früher das Büro des Chefs der saarländischen Staatskanzlei und das Büro des ehemaligen saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller.

Hier war die CDU bei der Europawahl besonders stark:

Die CDU ist bei der Europawahl in Rheinland-Pfalz in allen zwölf kreisfreien Städten sowie allen 24 Landkreisen stärkste Kraft geworden. Das zeigt das Landesergebnis des Landeswahlleiters am Montag. Betrachtet man die zwölf kreisfreien Städte, die 29 verbandsfreien Gemeinden sowie die 129 Verbandsgemeinden im Land, lag die Union in 169 der 170 kommunalen Einheiten vor. Einzige Ausnahme: Germersheim. Hier belegte die AfD mit 27,2 Prozent Platz ein (CDU: 26,9 Prozent). Die CDU kann also, trotz insgesamt leichten Stimmenverlusten, ihre Dominanz auf regionaler Ebene im Land ausbauen.

Ein detaillierter Blick auf die Resultate in Rheinland-Pfalz zeigt, dass die CDU vor allem im Nordwesten und Norden von Rheinland-Pfalz stark abgeschnitten hat. Nach Auskunft des Landeswahlleiters holten die Christdemokraten mit 47,2 Prozent in der Verbandsgemeinde (VG) Adenau (Kreis Ahrweiler) ihr bestes Ergebnis. Laut Landeswalleiter ist es das stärkste aller Parteien auf VG-Ebene. Zum Vergleich: Die SPD erreichte in der VG 11,2 Prozent. In der VG Kelberg (Kreis Vulkaneifel) kam die CDU auf 46,3 Prozent, in der VG Altenahr auf 45 Prozent.

Der Landeswahlleiter berichtet außerdem, dass sich ein Zusammenhang zwischen einem hohen Bevölkerungsanteil jüngerer Menschen von 15 bis 19 Jahren und den Stimmenanteilen von AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht gezeigt habe. CDU und FDP hätten derweil in Gebieten mit vielen älteren Menschen vergleichsweise gut performt. bas

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