Rheinland-Pfalz
Übernahmeverhandlungen gescheitert: Gemeinschaftsklinikum in der Krise
Das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, Kemperhof, in Koblenz. Das Gemeinschaftsklinikum (GKM) Mittelrhein steht nach gescheiterten Verhandlungen vor einer ungewissen Zukunft.
Kevin Rühle

Bereits seit 2021 verhandelt der private Klinikkonzern Sana mit den Gesellschaftern der Koblenzer Klinikgruppe. Jetzt wurde bekannt, dass die Gespräche ergebnislos beendet wurden. Das Gemeinschaftsklinikum (GKM) Mittelrhein steht damit vor einer ungewissen Zukunft. Klar ist allerdings: Das Land wird dem GKM nicht zur Seite springen, wie Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) erklärte.

Das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, Kemperhof, in Koblenz. Das Gemeinschaftsklinikum (GKM) Mittelrhein steht nach gescheiterten Verhandlungen vor einer ungewissen Zukunft.
Kevin Rühle

Einem Paukenschlag kam die Nachrichten im vergangenen Jahr gleich, dass vier DRK-Kliniken an fünf Standorten in Rheinland-Pfalz Insolvenz anmelden. Jetzt steht erneut ein ähnlich großer Player in der rheinland-pfälzischen Kliniklandschaft vor einer sehr ungewissen Zukunft: das Gemeinschaftsklinikum (GKM) Mittelrhein, ein Krankenhausverbund mit fünf zugehörigen Häusern in Koblenz, Mayen, Boppard und Nastätten.

Es haben sich Hoffnungen zerschlagen, die das seit Jahren finanziell angeschlagene Klinikum perspektivisch in ein sichereres Fahrwasser gebracht hätten – in dies in Zeiten einer ausgeprägten Klinikkrise, die sich auch in Rheinland-Pfalz bemerkbar macht: Allein 2023 mussten fünf Kliniken an sechs Standorten in Rheinland-Pfalz Insolvenz anmelden, darunter die DRK-Krankenhausgesellschaft. Die wirtschaftliche Lage der Kliniken im Land ist „insgesamt schlecht“, erklärt die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz auf Anfrage. Demnach rechnen laut einer repräsentativen Umfrage der Gesellschaft 71 Prozent der Kliniken im Land mit einem Fehlbetrag im Jahresabschluss 2023.

Unklare Situation

Grund für die aktuell unklare Situation am GKM sind gescheiterte Verhandlungen zwischen den Trägern des GKM und dem Krankenhauskonzern Sana. Anfang der Woche wurde bekannt, dass die seit 2021 laufenden Gespräche über einen Verkauf der Mehrheitsanteile an Sana ergebnislos beendet wurden. Dies teilten die Stadt Koblenz und der Kreis Mayen-Koblenz gemeinsam mit. Die beiden Kommunen sind neben vier Stiftungen Träger des GKM mit den fünf Kliniken Kemperhof und Evangelisches Stift in Koblenz, Hospital zum Heiligen Geist in Boppard, St. Elisabeth in Mayen und Paulinenstift in Nastätten mit rund 4100 Beschäftigten.

Ich bedauere das Scheitern der Verhandlungen. Vor allem weil nun klar ist, dass wertvolle Zeit für eine Neuausrichtung und dringend notwendige Investitionen verloren wurde.

Gesundheitsminister Clemens Hoch

Eigentlich sei man laut Stadt und Kreis in den insgesamt komplexen Verhandlungen auf einem guten, lösungsorientierten Weg gewesen. Dieser beschrittene Pfad endete demnach allerdings bei der Frage, wer für die Absicherung von Rentenbeiträgen der Beschäftigten in den Kliniken aufkommt. Es soll sich um eine Summe von 300 Millionen Euro handeln. Hier konnte keine Einigkeit zwischen Sana und den kommunalen Trägern des GKM erzielt werden. Der Schlusspunkt für die bisherigen Verhandlungen. Die Rentenbeiträge ergeben sich aus der Mitgliedschaft in der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK).

Minister Hoch bedauert das Scheitern der Verhandlungen

Dass die Verhandlungen zwischen Trägergesellschaft und Sana stocken, hatte sich bereits seit einer Weile abgezeichnet. Als ein Knackpunkt hatten sich auch die Rentenbeiträge herauskristallisiert, an denen die Verhandlungen nun offenbar tatsächlich scheiterten. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) hatte Ende vergangenen Jahres die Verhandlungspartner wie auch die RZVK dazu aufgerufen, sich an einen Tisch zu setzen und offene Fragen zu klären.

Gespräche Rheinland-Pfalz mit islamischen Verbänden

Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD)

Arne Dedert. picture alliance/dpa

Dass letztlich kein Konsens erzielt werden konnte, findet Hoch bedauerlich, wie er auf Anfrage unserer Zeitung erklärte: „Ich bedauere das Scheitern der Verhandlungen. Vor allem weil nun klar ist, dass wertvolle Zeit für eine Neuausrichtung und dringend notwendige Investitionen verloren wurde.“

Dennoch bleibt er vorsichtig optimistisch: „Dass die Verhandlungen eher an bestehenden Verpflichtungen aus der Vergangenheit gescheitert zu sein scheinen, gibt aber Hoffnung, dass es Betriebskonzepte gibt, mit denen in Zukunft gearbeitet werden kann.“

Die Übernahme von Betriebskosten steht uns als Instrument nicht zur Verfügung.

Gesundheitsminister Clemens Hoch

Eine klare Absage machte der Minister an potenzielle Erwartungen, dass sich das Land nun finanziell einbringe, um die kommunalen Träger bei der Finanzierung des Klinikverbunds zu stützen: „Die Übernahme von Betriebskosten steht uns als Instrument nicht zur Verfügung. Die Gesellschafter des GKM und die als Gesellschafter am Klinikum beteiligten Kommunen sind davon unmittelbar betroffen – und haben diesbezüglich auch in der Vergangenheit Verantwortung übernommen.“ Hierfür sei der Minister „dankbar“.

Hoch verwies allerdings darauf, dass das Land bei seiner Zusage bleibe, Investitionen für eine sogenannte Einstandortlösung größtmöglich zu fördern. Gemeint ist hiermit ein angedachter Klinikneubau, in dem die beiden bisherigen GKM-Standorte in Koblenz – Kemperhof und Evangelisches Stift – unter einem Dach vereint werden könnte.

Medizinische Versorgung soll sichergestellt bleiben

Apropos Verantwortung: Dieser sind sich die Stadt Koblenz und der Kreis Mayen-Koblenz bewusst. In der Mitteilung zum Ende der Verhandlungen mit Sana heißt es, dass man sich als „maßgebliche Gesellschafter der GKM gGmbH“ der Verantwortung stellen werde, um die medizinische Versorgung von Menschen in Stadt und Kreis sicherzustellen – und zwar mit „leistungsfähigen Krankenhäusern“. Das bedeutet nichts anderes, als dass die kommunalen Träger das GKM absehbar auch weiterhin mit nicht gerade geringen Summen an Steuermitteln unterstützen müssen.

Wie es nun genau weitergehen soll mit dem GKM sollte am Dienstagabend in einer nicht öffentlichen Sondersitzung des Koblenzer Stadtrats und des Kreistags besprochen werden. Denkbar sind offenbar eine geordnete Insolvenz oder eine neue Ausschreibung zur Übernahme des Klinikums.

„Fairer Wettbewerb geboten“

Just das Vorgehen, dass Steuergelder in kommunale Krankenhäuser fließen, sieht der Chef der privaten Marienhaus GmbH, Sebastian Spottke, übrigens kritisch. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt er, dass in Deutschland ein Drittel der Krankenhäuser staatlich subventioniert wird. Er sieht darin eine Wettbewerbsverzerrung zulasten von privaten und frei gemeinnützigen Trägern. Es seien aber faire Wettbewerbsbedingungen geboten – insbesondere auch vor dem Hintergrund der anstehenden Krankenhausreform.

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