Wenn Spitzenpolitiker in Rheinland-Pfalz aus dem Amt ausscheiden, erhalten sie bis zu drei Jahre lang ein Übergangsgeld. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob sie freiwillig zurücktreten oder entlassen werden. Zum Zeitpunkt, an dem die Amtsbezüge enden, zahlt der Staat für den sogenannten Übergang. Einkünfte aus anderen Jobs werden mit dem Geld verrechnet. Der kürzlich zurückgetretenen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) steht ab August bis einschließlich Oktober monatlich ein Übergangsgeld von voraussichtlich knapp 16.500 Euro brutto zu, wie die rheinland-pfälzische Staatskanzlei auf Anfrage unserer Zeitung erklärt.
In den ersten drei Monaten nach dem Ausscheiden erhalten Ministerinnen und Minister in Rheinland-Pfalz das volle Amtsgehalt für den Übergang. Danach gibt es vom Staat je nach Amtszeit bis zu maximal drei Jahren noch die Hälfte. Weil die 63-jährige Dreyer aber auch Anspruch auf Ruhegehalt hat, wird bei ihr nur der höhere der beiden Beträge gezahlt, wie die Staatskanzlei erklärt. Ab November ist dies das Ruhegehalt in Höhe von knapp 12.000 Euro brutto, das Übergangsgeld läge dann bei etwa 8250 Euro.
Seit Rücktritt: 100.000 Euro für Roger Lewentz
Dreyers Parteifreund Roger Lewentz (SPD) erhält bereits seit 21 Monaten Übergangsgeld. Im Oktober 2022 war er in Folge der Flut-Aufarbeitung als Innenminister zurückgetreten. Seitdem hat der SPD-Landesvorsitzende und verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion laut Staatskanzlei rund 100.000 Euro brutto Übergangsgeld vom Land erhalten. Wegen seiner langen Amtszeit von 2011 bis 2022 hat auch Lewentz den laut Ministergesetz maximalen Anspruch auf drei Jahre lang Zahlungen.
Weil Anne Spiegel zuletzt wieder in der Öffentlichkeit auftauchte, machten schnell Spekulationen über eine Rückkehr auf die politische Bühne die Runde. Noch hat die Ex-Ministerin Anspruch auf Übergangsgeld.Ex-Ministerin Anne Spiegel: So viel Anspruch auf Übergangsgeld hat sie noch
In den ersten drei Monaten nach Rücktritt hatte er laut Staatskanzlei theoretisch Anspruch auf sein Ministergehalt in Höhe von etwa 15.000 Euro brutto. Danach reduzierte sich der Betrag bis November 2025 um etwa die Hälfte. Da Lewentz vor seiner Ministerkarriere aber lange Zeit auch Beamter war und dadurch bereits Ruhegehalt erhält, wurde das Übergangsgeld etwas gekürzt. Der SPD-Chef sitzt derzeit auch noch im rheinland-pfälzischen Landtag. Die Abgeordnetenentschädigung von monatlich etwa 7750 Euro sinkt durch eine Verrechnung mit dem Übergangsgeld auf derzeit etwa 4000 Euro.
Steuerzahlerbund kritisiert Doppelmoral der SPD
Als jüngst bekannt wurde, wie viel Anspruch auf Übergangsgeld die ehemalige Bundes- und Landesministerin Anne Spiegel (Grüne) nach ihrem Rücktritt noch hat, kam scharfe Kritik von der SPD. „Öffentliche Gelder dürfen keine Prämie fürs Nichtstun sein“, sagte der Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten (SPD) aus Bad Kreuznach. Das sei Doppelmoral, meint René Quante, Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbund. Mit der Kritik hätten die Genossen zwar recht, „nur ist diese Regelung genauso falsch, unangemessen und nicht vermittelbar, wenn die Profiteure ein rotes statt grünes Parteibuch haben“, sagte er unserer Zeitung. Dreyer und Lewentz profitierten vom Grundsatz her von derselben Übergangsgeldregelung wie Spiegel. „Wo bleibt hier der Aufschrei der SPD? Oder fängt der Kampf um soziale Gerechtigkeit bei der eigenen Brieftasche an?“, fragt Quante.
Im Land gibt es ein Jahr länger Geld als im Bund
Der Steuerzahlerbund fordert eine neue Regelung für das Übergangsgeld, das in Rheinland-Pfalz mit drei Jahren im Vergleich zum Bund mit zwei Jahren üppiger ausfällt. Aus Sicht des Vereins müsse die Höchstgrenze – wie auch in einigen anderen Bundesländern – zumindest auf diese zwei Jahre gesenkt werden. Besser sei aber nur ein Jahr, so Quante. „Angesichts der beruflichen Erfahrung, persönlichen Verbindungen und finanziellen Möglichkeiten sollte man erwarten können, dass ein Ex-Minister in der Regel nach einem Jahr wieder auf eigenen Beinen stehen kann, ohne eine ‚Prämie fürs Nichtstun‘ vom Steuerzahler zu kassieren.“
Staatssekretäre erhalten Geld nur bei Entlassung
Etwas anders verhält es sich indes beim mittlerweile ehemaligen Chef der Staatskanzlei, Fabian Kirsch (SPD). Der neue Ministerpräsident Alexander Schweitzer hatte ihn in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil er seinen Vertrauten Fedor Ruhose (SPD) zum neuen Chef der Staatskanzlei ernennen wollte. Bei einer Entlassung erhalten auch Staatssekretäre als politische Beamte, wie Kirsch es war, Übergangsgeld. Weil er aber nicht entlassen, sondern nur in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, hat er darauf keinen Anspruch. Zunächst erhält Kirsch bis einschließlich Oktober sein bisheriges Brutto-Gehalt von knapp 14.500 Euro (ohne Zulagen). Sofern er keinen neuen Beamtenjob annimmt, hätte er drei Jahre lang Ansprüche auf ein erhöhtes Ruhegehalt von etwa 72 Prozent seiner bisherigen Bezüge, was den Regelungen beim Übergangsgeld ähnelt.