Kastellaun

Reportage: Mehr Besucher auf der Nature One als je zuvor

Nature One tanzt zum Rekord Foto: dpa

Da, wo sonst nichts ist, ist jetzt alles – für ihn, für seine Freunde, für Tausende weiterer junger Leute. Mike grinst versonnen, als DJ Moguai am Freitagabend an die Regler tritt, den Bass einsteuert, die Meute tanzen lässt. Mike ist jedes Jahr hier, seit sechs Jahren schon. Jetzt geht es wieder los, der erste Nature-One-Abend kommt in Fahrt. Mike ist 29, er wird tanzen, bis die Sonne wieder aufgeht, dann wird er zum Campingplatz wanken, freudetrunken in sein Zelt fallen – und sich auf den nächsten Abend freuen.

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Von unserem Reporter Alexander Hoffmann

Die Leere des ehemaligen Armeegeländes bei Kastellaun ist jetzt wie weggeblasen von den Basstürmen, weggeleuchtet von den Lasern an den Traversen, weggefeiert von den Electro-Fans. Mike ist einer von 64 000 Gästen. So viele waren es noch nie. Besucherrekord bei der Nature One – noch einmal 3000 Gäste mehr als im alten Rekordjahr 2009.

Nik Schär verkündet die Zahlen

Als Festivalchef Nik Schär das in der Nacht zum Sonntag verkündet, hat sich Mike schon eine Blase am Fuß getanzt und einen Sonnenbrand auf der Stirn überwunden. „Egal, Nature One ist nur einmal im Jahr“, sagt er am Samstagabend achselzuckend. Dann ist sein versonnenes Grinsen wieder da. Wieder da ist auch Laserkraft 3D. Das Duo aus Mannheim und Kaiserslautern will nach seinem Überraschungshit „Nein Mann“ noch ein bisschen tanzen – auf der Bühne der Nature One, versteht sich.

Vor zwei Jahren noch als Newcomer gefeiert, lastet am Samstagabend eine weit größere Erwartungshaltung auf den jungen Schultern von Tim Hoffmann und Niels Reinhard. „Ach, das wird schon“, sagt Tim Minuten vor dem Auftritt. Er sollte recht behalten: Vor dem Open-Air-Floor feiern Tausende die beiden Jungs mit ihren Laserbrillen und ihrem Konzept „einfach mehr live zu machen, mit Samples, Gesang, Synthies“, wie Niels erklärt.

Das Nature-One-Gelände umfasst 350.000 Quadratmeter – da ist Platz für allein 19 Klubbühnen und für Entdeckungen. Stacheldraht, alte Munitionskisten und massive, olivfarbene Stahltore an den Bunkern, die ehemals Atomsprengköpfe beheimatet haben. In einem dieser tunnelförmigen Bunker legt Dave Ryder auf, knarzigen, harten Techno. Bis Haare und Nasenflügel zu vibrieren beginnen.

Den Stars zum Trotz, unter denen sich auf den vier Hauptbühnen auch Legenden wie Sven Väth oder Sander van Doorn tummeln: Die wahre Bühne ist hier vor der Bühne. Ein Rave ist kein Konzert, ein DJ ist kein Fixpunkt wie ein Rockstar, es sind die Boxen, die hier die Welt bedeuten, nicht die Bühnenbretter. In der Sommerschwüle tanzt man in der Masse, geht auf unter Tausenden und ist doch ganz für sich.

Electro ist wie Meditation

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Dass der Bass vor allem den Bauch massiert statt den Kopf, ist da nur allzu sinnfällig. Electro genießen heißt, sich einer im lautesten Sinne meditativen Musik hinzugeben – weil sie so herrlich gleichbleibend pulsiert. Dass gefühlt jeder Dritte eine Prinzessinnenkrone, eine Superheldenmaske oder ein grellgelbes Shirt trägt, das ihn leuchten lässt wie eine neonfarbene Bratwurst, gehört dazu, macht den Spaß aus, den sich die zappelnde Menschenmenge auf der Nature One vor allem aus sich selbst heraus macht.