Berlin/Brüssel
Reformpoker hat Folgen: Griechenland-Premier Tsipras immer stärker isoliert

Gänzlich frei von Sorgen sind diese beiden offensichtlich nicht: Griechenlands Premier Alexis Tsipras (links) und der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis bei einem Spaziergang durch einen Park im Zentrum Athens.

dpa

Berlin/Brüssel. Im monatelangen Reformpoker mit den Geldgebern hat die griechische Links-rechts-Regierung unter Premier Alexis Tsipras ihr Blatt offenbar überschätzt: Sie verliert jetzt auch noch die Sympathien der gemäßigten sozialdemokratischen Kräfte in Europa, die Griechenland bisher stärker entgegenkommen wollten als die Konservativen.

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Von unserer Berliner Korrespondentin Birgit Marschall

SPD-Chef Sigmar Gabriel griff Tsipras massiv an. Überall in Europa wachse das Gefühl, dass „es reicht“: „Immer mehr fühlen sich von der griechischen Regierung an der Nase herumgeführt“, schrieb Gabriel in einem Beitrag für die „Bild“-Zeitung. Auch in Frankreich, Italien und im Europaparlament gehen Sozialisten und Grüne auf Distanz zu Tsipras.

Damit ist der Druck auf die Regierung in Athen maximal gestiegen, endlich auf die Reformforderungen der Geldgeber einzugehen. In Brüssel gingen die Verhandlungen am Wochenende in die alles entscheidende Phase. Am Sonntagabend brach EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker einen Vermittlungsversuch ab. Es gebe bei den diskutierten Reformen für Griechenland einen deutlichen Unterschied zwischen den Plänen der Geldgeber und Athens, teilte ein Kommissionssprecher mit.

Spätestens am Donnerstag muss der Euro-Gruppe der Finanzminister bei ihrem nächsten Treffen ein beschlussfertiger Vertrag vorliegen. Andernfalls kann das laufende zweite Hilfsprogramm nicht abgeschlossen und die letzten Hilfstranchen von 7,2 Milliarden Euro Ende Juni nicht ausgezahlt werden. Der erfolgreiche Abschluss des zweiten Programms ist auch Voraussetzung dafür, dass Griechenland ab Juli weiter geholfen wird. Ohne Finanzhilfen wäre Griechenland Ende Juni zahlungsunfähig und würde unfreiwillig aus dem Euro ausscheiden müssen.

SPD-Chef Gabriel drohte indirekt mit einem Ende der Unterstützung der SPD für weitere Finanzhilfen. Man lasse sich von Griechenland nicht erpressen. „Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen“, versicherte Gabriel.

„Die große Mehrheit in der SPD will Griechenland im Euro halten, aber sie verzweifelt immer mehr an der griechischen Regierung, die unendlich viel Vertrauen zerstört hat“, sagte SPD-Haushaltssprecher Johannes Kahrs. „Bei uns beginnt die Griechenland-Unterstützung zu bröckeln.“ Über den griechischen Finanzminister Giannis Varoufakis „herrscht blanke Fassungslosigkeit“, sagte Kahrs.

Varoufakis hatte mehrfach offen erklärt, Griechenland werde seine Schulden an die Gläubiger niemals zurückzahlen. Am Wochenende sagte er, er halte die Drohgebärden der EU für einen Bluff.

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