Kaiserslautern

„Leck mich...“-Urteil: Kein Freibrief für Pfälzer

Eigentlich fehlten ja noch Sprachwissenschaftler als Gutachter: Gehört ein „Leck mich am A ...“ in der Pfalz zum normalen Umgangston? Ja, meinte das Amtsgericht. Doch den Freispruch für einen Handwerker hat das Landgericht jetzt aufgehoben.

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Oktober 2010, Bahnhof Kaiserslautern. Ein Handwerker (43) aus dem Donnersbergkreis raucht vor den Augen von Polizisten in der Rauchverbotszone. Doch die Ermahnung eines Polizisten quittiert der Mann nur mit einem „Sie können mich am Arsch lecken“. Es folgen Personalienfeststellung, Strafanzeige wegen Beleidigung, Prozess – und Freispruch! Die Formulierung, so hatte das Amtsgericht entschieden, gehöre zum pfälzischen Sprachgebrauch. Der Handwerker habe nur zum Ausdruck bringen wollen, dass er in Ruhe gelassen werden will.

Das Amtsgericht hatte sich damit einer Sichtweise des Amtsgerichts im schwäbischen Ehningen angeschlossen und den Standpunkt vertreten, wie in Schwaben bedeute die Redewendung auch in der Pfalz keine Beleidigung. Das schwäbische Gericht hatte einem Beitrag des Juliblogs zufolge zwar „einen derben Ausspruch“ darin gesehen, aber gemeint: „Eine Herabwertung der Ehre des Gesprächspartners ist damit aber noch nicht verbunden.“ Das Urteil ging noch weiter: „Die Aussage reicht je nach Bildungsstand, Gepflogenheit, Herkunft, Landsmannschaft, Geschmack oder äußerem Anlass von der Ehrenkränkung und Beschimpfung über eine Verfluchung oder über Gefühlsausbrüche bei Schmerz, Freude oder Rührung bis hin zu einem Segensspruch.“
Doch am Landgericht erlebt man solche “Segenssprüche" wohl anders oder seltener. Das Gericht machte kurzen Prozess, nach wenigen Minuten war der Handwerker am Montagmorgen verurteilt. 20 Tagessätze a 30 Euro wegen Beleidigung: Der Umgang mit der Redewendung bleibt also schwäbisches Privileg.

Der Handwerker zeigte nach dem Urteil keine Reaktion, die ein Amtsgericht vermuten lassen könnte, dass er einfach in Ruhe gelassen werden will. Rechtskräftig ist das Urteil nach Angaben eines Gerichtssprechers allerdings noch nicht.

Lars Wienand