Drei Spiele, drei Siege, neun Punkte – auf den ersten Blick ist die deutsche Mannschaft souverän ins Viertelfinale eingezogen. Doch auch das Dänemark-Spiel hat wieder gezeigt, dass es trotz maximaler Punkteausbeute noch längst nicht an allen Stellen rund läuft im Spiel der DFB-Auswahl. Mesut Özil wartet weiterhin auf sein Durchbruch-Spiel, Lukas Podolski und Thomas Müller sind trotz Leistungssteigerung längst noch nicht am Limit, und die Abwehr war auch gegen die Dänen längst nicht immer sattelfest. Hätte der Schiedsrichter nach dem Foul von Holger Badstuber an Nicklas Bendtner auf Strafstoß entschieden, hätte es 1:2 aus deutscher Sicht gestanden. Wie die Partie dann ausgegangen wäre, darüber kann man an dieser Stelle nur spekulieren.
Gegen taktisch clever agierende und hinten gut verschiebende Dänen war das deutsche Spiel oftmals viel zu breit angelegt. Es wurde nicht schnell genug gespielt, um den Gegner in Verlegenheit bringen zu können. So gesehen erinnerte der Auftritt des DFB-Teams an die Spiele der Münchner Bayern in der abgelaufenen Saison. Viel Ballbesitz, aber wenig Durchschlagskraft in der Offensive.
Was die Mannschaft von Joachim Löw jetzt braucht, ist eine Begegnung, in der sie auch spielerisch mal durchgängig überzeugt und den Gegner voll im Griff hat. So gesehen kommt Viertelfinalgegner Griechenland gerade recht. Ich halte die Griechen neben Irland für das schwächste Team im Turnier.
Was passieren kann, wenn eine Mannschaft einen solchen, vermeintlich schwachen Kontrahenten unterschätzt, haben die Russen im letzten Gruppenspiel gezeigt. Weil nicht alle Spieler 100 Prozent gegeben haben, schlug am Ende ein 0:1 zu Buche. Damit waren die Russen raus, obwohl sie bei Punktgleichheit das bessere Torverhältnis hatten. Direkter Vergleich vor Torverhältnis – diese Regelung halte ich ohnehin für falsch. Soll auf diese Weise der Offensivfußball gefördert werden? Wohl kaum ...
Jürgen Kohler (46), Welt- und Europameister, ist EM-Experte unserer Zeitung.