Eat Pray Love

Karrierefrau Liz Gilbert (Julia Roberts) ist auf dem Selbstfindungstrip - und genießt das Leben dabei in vollen Zügen.
Karrierefrau Liz Gilbert (Julia Roberts) ist auf dem Selbstfindungstrip - und genießt das Leben dabei in vollen Zügen. Foto: Verleih

Mit ihrem Lächeln verzaubert Julia Roberts schon seit Jahren die Kinogänger. Nun reist sie auf dem Selbstfindungstrip „Eat Pray Love“ nach Italien, Indien und Bali – und rettet mit ihrem Charme die ziemlich verkitschte Story.

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Mit ihrem Lächeln verzaubert Julia Roberts schon seit Jahren die Kinogänger. Nun reist sie auf dem Selbstfindungstrip „Eat Pray Love“ nach Italien, Indien und Bali – und rettet mit ihrem Charme die ziemlich verkitschte Story.

Wo liegt der Weg zu uns selbst? Im Kino. Zumindest wirbt ein neues Roadmovie mit Hollywoodstar Julia Roberts damit, möglicherweise das Patentrezept für ein sinnerfülltes Leben gefunden zu haben: „Eat Pray Love“ (Essen Beten Lieben), so der Titel des Films, der den gleichnamigen amerikanischen Bestseller jetzt auf die Leinwand bringt. Eine Romanze für Frauen, die gern ungehemmt ihre Lebenslust zelebrieren – und sich nicht vom Kinobesuch abschrecken lassen, obwohl die Moral der Geschichte so reduziert ist wie ihr Titel.

Die Karrierefrau Liz Gilbert alias Julia Roberts flüchtet vor ihrer Ehe und ihrem eingefahrenen Leben in New York auf eine Reise ohne Ziel. Auf ihrem Egotrip landet sie erst in Rom, um dort die italienischen Gaumenfreuden zu genießen, dann in einem indischen Ashram, um in sich zu kehren, und schließlich auf Bali, um sich in eine leidenschaftliche Liebesgeschichte zu stürzen.

Dieser Film ist nicht einfach nur kitschig. Dieser Film feiert den Kitsch. Und das 140 Minuten lang. Regisseur Ryan Murphy lässt kein Klischee aus, das die selbstverliebte Weiblichkeit betont: Maßloser Genuss, verklärte Gefühlswelten, sinnliche Körperlichkeit. Klingt fast unerträglich? Wäre die Geschichte auch, würde nicht der gelegentliche Einbruch der Ironie sie davor retten, gänzlich von den Plattitüden auf ein unterirdisches Niveau gedrückt zu werden.

Das alles ist nur deshalb sympathisch, weil die Hauptfigur von einer hervorragenden Schauspielerin verkörpert wird. Zu sehen ist Julia Roberts in einer Paraderolle. Wie mit einer Lupe nähert sich die Kamera der Vollblut-Diva: Jedes breite Lächeln, jeder Augenaufschlag, jede Geste eine Großaufnahme. Hier wird reichlich für all jene Zuschauer aufgetischt, die sich an dieser Schauspielerin nicht sattsehen können.

Und seit Pippi Langstrumpf mit ihrer Schere hat mit Sicherheit niemand mehr so leidenschaftlich in einem Kinofilm Spaghetti gegessen. Was für eine Szene! Wenn Julia Roberts in Rom zu Opernmusik die langen Nudeln wie bei einem Kindergeburtstag selbstvergessen in sich hineinsaugt, wieder und wieder, ohne Rücksicht auf Knigge und Konventionen, dann trieft ihre neu gewonnene Lebenslust förmlich mit der Tomatensoße aus der Leinwand heraus – und der eingefahrene Alltag der amerikanischen Einheitsehe mit schickem Mann und Haus und unliebsamen Kinderplänen scheint endlich vergessen.

Überhaupt hat lange kein Film so intensiv kulinarische Köstlichkeiten in Szene gesetzt. Eine Feier für Feinschmecker, wenn das native Olivenöl über den grünen, knackigen Spargel läuft, die Parmesanhobel auf die Pasta fallen, oder wenn der festliche Truthahn, weil er zu spät aufgetaut wurde, nach einer langen Nacht im Ofen einfach zum Frühstück serviert wird.

Das ist das heilsame Kontraprogramm zu „Sex and the City“: Sollten nämlich die Jeans vor lauter Pizzapartys nicht mehr so recht passen, dann kaufen sich die Frauen in diesem Film einfach neue – und futtern munter weiter. Eine Absage an die Schönheitsideale der Magermodels und Hochglanzillustrierten. Da verzeiht man dem Film doch gleich noch etwas leichter, dass er das „dolce far niente“, das süße italienische Nichtstun, mit amerikanischer Verklärung durch die Hollywood-Mangel dreht.

Keine Frage: Die angeblich so tiefgründige Sinnsuche der Liz Gilbert hält manch banales Fazit bereit. Doch Buch wie Drehbuch gelingt es gelegentlich auch (das mag das Erfolgsgeheimnis der Romanvorlage sein), die gar zu schwülstig geratenen Lebensphilosophien mit der notwendigen humorvollen Distanz zu betrachten.

Schade nur, dass der Film von seinem Wortwitz nicht noch mehr Gebrauch macht. Denn in der letzten Episode auf Bali läuft die Romantik doch arg aus dem Ruder, als Liz dort dem Latin Lover Felipe verfällt (selten in solch einer seichten Rolle gesehen: Javier Bardem). Dennoch hebeln einige ironisch-komischen Dialoge, die Ryan als Regisseur der Fernsehserie „Nip/Tuck – Schönheit hat ihren Preis“ mit gekonnter Untertreibung in Szene zu setzen weiß, den Kitsch in „Eat Pray Love“ in just jenen Momenten aus, wenn er Gefahr läuft, ganz und gar übermächtig die Handlung und die Charaktere zu beherrschen.