Dienstunfall Amoklauf – Winnender Lehrer setzt sich durch

Stuttgart – Ein Winnender Lehrer erlebt den Amoklauf an seiner Schule vor dem Fernseher und meldet danach wegen einer psychischen Erkrankung einen Dienstunfall an. Das war nach einem Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgericht vom Mittwoch zwar rechtswidrig, trotzdem bekam der 60-Jährige wegen eines Behördenfehlers Recht

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Stuttgart – Ein Winnender Lehrer erlebt den Amoklauf an seiner Schule vor dem Fernseher und meldet danach wegen einer psychischen Erkrankung einen Dienstunfall an. Das war nach einem Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgericht vom Mittwoch zwar rechtswidrig, trotzdem bekam der 60-Jährige wegen eines Behördenfehlers Recht.

Der Lehrer hatte die Bluttat im März 2009, bei der ein 17-Jähriger in Winnenden (Baden-Württemberg) und Wendlingen 15 Menschen erschoss und sich anschließend selbst tötete, im Krankenhaus vor dem Fernseher verfolgt und war danach psychisch erkrankt. Sechs Wochen später stellte er einen Antrag, dies als Dienstunfall anzuerkennen. Den bewilligte das Regierungspräsidium Stuttgart, widerrief ihn aber später. Diese Entscheidung sei aus formalen Gründen rechtswidrig gewesen, urteilten die Richter. Deshalb müssten die gesundheitlichen Folgen des Amoklaufs für den 60-Jährigen als Dienstunfall gelten.

Ein Dienstunfall kann nach Auskunft des Gerichts höhere Pensionsansprüche nach sich ziehen, wenn der Beamte frühzeitig in den Ruhestand geht. Der Lehrer für Englisch, Erdkunde und katholische Religion arbeitet derzeit noch an der Schule. Er litt einer ärztlichen Diagnose zufolge nach dem Amoklauf unter einer Belastungsreaktion und einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Während des Amoklaufs am 11. März 2009 war der Pädagoge zu einer Nierenstein-Behandlung in einem Stuttgarter Krankenhaus. Nach eigenen Angaben arbeitet der Lehrer schon seit 1972 an der Realschule. In der langen Zeit habe er eine tiefe emotionale Verbindung zu den Lehrerkollegen und Schülern aufgebaut. Als er die TV-Bilder vom Amoklauf gesehen habe, sei das für ihn ein Schock gewesen.

Dass der Dienstunfall-Antrag bewilligt wurde, sei „ein Sachverhaltsirrtum“ gewesen, sagte der zuständige Rechtsassessor vom Regierungspräsidium Stuttgart, Peter Forster, vor Gericht. Auf dem Formular habe die Albertville-Realschule in Winnenden als Unfallstelle gestanden. Dass der Lehrer beim Amoklauf überhaupt nicht dort war, sei erst später bemerkt worden. „Man konnte sich gar nicht vorstellen, dass jemand so einen Antrag stellt, ohne in der Schule gewesen zu sein.“ (Az.: 12 K 960/10)