EM-Kolumne
Klaus Reimann zu den Krawallen in Warschau: Randale mit Ansage

Es hatte den Anschein, als seien es Bilder aus zwei verschiedenen Welten. Doch der Schein trog. Es handelte sich um Bilder aus ein und derselben Stadt. Während im Warschauer Nationalstadion die polnischen Fans vor der emotionsgeladenen Partie gegen Russland voller Inbrunst ihre Hymne sangen, missinterpretierten ein paar Kilometer weiter einige Hundert gewaltbereite Landsleute den Nationalismusgedanken, indem sie auf russische Fans eindroschen.

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Es hatte den Anschein, als seien es Bilder aus zwei verschiedenen Welten. Doch der Schein trog. Es handelte sich um Bilder aus ein und derselben Stadt.

Während im Warschauer Nationalstadion die polnischen Fans vor der emotionsgeladenen Partie gegen Russland voller Inbrunst ihre Hymne sangen, missinterpretierten ein paar Kilometer weiter einige Hundert gewaltbereite Landsleute den Nationalismusgedanken, indem sie auf russische Fans eindroschen.

Hooligans, Nationale und politische Rechte bahnten sich ihren Weg – mit Baseballschlägern, Böllern und Schlagstöcken. Die EM hat ihren ersten Skandal. Wirklich überraschen kann das niemanden.

Die Randale auf Warschaus Plätzen und Straßen war absehbar. Als gastfreundlich, liberal und weltoffen wollen sich die Polen bei dieser EM präsentieren. Also ganz anders, als es die Bilder vergangener Monate gezeigt haben. Rechte Parolen in den polnischen Stadien, Rassismus, Schlägereien – chaotische Zustände, begleitet von ohnmächtigen Ordnungshütern. Im Sinne der Liberalität erlaubte die Warschauer Bürgermeisterin den russischen Gästen am Spieltag, der auf den russischen Nationalfeiertag fiel, einen „Marsch durch Warschau“. Einzige Auflage für die Gäste: Sie durften weder durch Gesten noch durch Gesänge provozieren.

Wer die polnisch-russische Geschichte kennt, der ahnte, dass dieser Marsch allein Provokation genug war für viele Polen. Und allemal ein Anlass für die radikale Rechte, den Russen das Fürchten zu lehren. Dass unter den russischen Fans auch Familien mit Kindern waren, schreckte die Gewalttäter nicht ab. Nun ließe sich darüber streiten, ob der Verbot eines Marsches die Situation deeskaliert hätte. Wahrscheinlich nicht. Während sich der Fußball im Nationalstadion als Friedensstifter alle Mühe gab, setzten sich ein paar Kilometer weiter jene wie befürchtet in Szene, die den Sport lediglich als Bühne für ihr krudes Gedankengut missbrauchen. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit griff diesmal zumindest die Polizei hart durch. Wirklich trösten kann das nicht.

E-Mail an den Autor: klaus.reimann@rhein-zeitung.net

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