Paris

Arda Turan, Timoschtschuk und Co.: Die etwas andere Elf der EM-Vorrunde

Beliebter türkischer Jungstar und unbeliebter Kapitän: Emre Mor (links) und Arda Turan.
Beliebter türkischer Jungstar und unbeliebter Kapitän: Emre Mor (links) und Arda Turan. Foto: Imago

Nicht weiterzukommen bei dieser Mammut-EM, ist fast schon eine Kunst. Aber: Acht Teams haben die Runde der letzten 16 tatsächlich verpasst. Die 184 Akteure dieses Oktetts werden versuchen, das Turnier zu vergessen.

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Von unserem Reporter Christoph Erbelding

Nicht allen Spielern wird das gelingen, denn auch sie haben Einprägsames, Kurioses, Negatives und Angenehmes erlebt. Das zeigt unsere etwas andere Elf der Vorrunde.

Tor

Igor Akinfejew (Russland): Als das Aus besiegelt war, setzte die russische Nationalelf ihrem peinlichen Auftritt die Krone auf: Nach der Auswechslung von Kapitän Roman Schirokow gegen Wales fand sich kein Akteur, der dessen Binde übernehmen wollte. Letztlich erbarmte sich Keeper Akinfejew.

Abwehr

Aleksandar Dragovic (Österreich): Es ist davon auszugehen, dass der Verteidiger gegnerische Strafräume künftig meidet. Gegen Ungarn (0:2) sah Dragovic für ein Foul im Sechzehner der Magyaren Gelb-Rot. Nach seiner Sperre wagte er sich gegen Island (1:2) wieder vor – und verschoss einen Elfmeter.

Mergim Mavraj (Albanien): Der Abwehrspieler des 1. FC Köln war sportlich eine Säule des EM-Neulings. In Erinnerung bleibt Mavraj aber vor allen Dingen, weil er medial in souveräner Art Verantwortung übernahm. Nach sämtlichen Spielen gewährte er als eine Art Teamsprecher Einblicke ins Seelenleben seiner Kollegen – ob nach den bitteren Niederlagen gegen die Schweiz (0:1) und Frankreich (0:2) oder nach dem umjubelten Sieg gegen Rumänien (1:0). Hauptsächlich Mavraj war somit dafür verantwortlich, dass Albanien vielerorts die Sympathien zuflogen.

Roman Neustädter (Russland): Dank des russischen Passes, den er kurzfristig erhalten hatte, kam Neustädter zu EM-Ehren. Nach viel Kritik an seiner Leistung wird er sich nun fragen, ob es so klug war, ohne Eingewöhnung nach Frankreich zu fahren.

Mittelfeld

Anatoli Timoschtschuk (Ukraine): Eigentlich war der frühere Bayern-Spieler nur noch als moralische Instanz mitgefahren. Gerüchte besagen, der 37-Jährige hat im Trainingscamp der Ukraine mehr Tischtennis als Fußball gespielt. Im letzten Gruppenspiel gegen Polen (0:1) schickte Trainer Mychailo Fomenko Timoschtschuk aber noch einmal für zwei Minuten ins Getümmel und sorgte dafür, dass das unglückliche Turnier für die Ukraine sentimental endete.

Arda Turan (Türkei): Cristiano Ronaldo, Zlatan Ibrahimovic, David Alaba – die Liste der Stars, die bei dieser EM zumindest zeitweise Kritik einstecken mussten, ist lang. Bei keinem anderen Spieler entlud sich die Empörung aber so heftig wie bei Arda Turan. Beim 0:3 gegen Spanien wurde der türkische Kapitän gnadenlos ausgepfiffen. Da Turan beim FC Barcelona spielt, sprangen dem 29-Jährigen immerhin prominente Weggefährten zur Seite. „Es bleibt für mich ein bitterer Nachgeschmack“, sagte Spaniens Andres Iniesta.

Emre Mor (Türkei): Das Gegenstück zu Turan war Emre Mor. Der 18-Jährige verzückte mit Tricks von einer Qualität, die sogar Vergleiche mit dem argentinischen Weltfußballer Lionel Messi laut werden ließ. Da bleibt zu hoffen, dass Mor sein Niveau halten kann. Nicht, dass es ihm irgendwann so ergeht wie Arda Turan.

Tomas Rosicky (Tschechien): Der frühere Dortmunder ist mittlerweile 35 Jahre alt, sieht aber immer noch so aus, als wäre er erst kürzlich 20 geworden. Optisch ein Wunder der Natur, taugt das Innenleben seines Körpers nicht dazu, die Biologie auszutricksen: Rosicky kämpft regelmäßig mit Verletzungen, er hat in der vergangenen Saison kein einziges Ligaspiel für den FC Arsenal bestritten. Dass er nun zweimal in der Startelf der Tschechen stand, überraschte viele. Dass er im dritten Spiel wieder verletzt fehlte, hingegen nicht.

Angriff

Bogdan Stancu (Rumänien): Der Stürmer von Genclerbirligi Ankara stand nach zwei Spielen in der Torjägerliste oben. Danach war Schluss. Stancus Problem: Er traf nicht aus dem Spiel heraus, sondern nur zweimal per Elfmeter.

Marcus Berg (Schweden): Es dauerte bis zur fünften Minute des dritten Gruppenspiels (insgesamt 185 Minuten), ehe Berg den ersten schwedischen Torschuss überhaupt abgab. Der Ex-Hamburger verwertete die Chance so, wie es die Fans aus seiner HSV-Zeit (2009/10; 2011 bis 2013) von ihm gewohnt sind. Belgiens Torhüter Thibaut Courtois parierte mühelos.

Armando Sadiku (Albanien): In Zukunft muss Sadiku schon einiges anstellen, um in seiner Heimat in Ungnade zu fallen. Der Angreifer des FC Vaduz (Liechtenstein) schoss gegen Rumänien den ersten EM-Treffer der Albaner. Mit etwas Abstand wird eher dieser historische Moment in Erinnerung bleiben und nicht das unglückliche Ausscheiden.