Mit der Verpflichtung des ehemaligen Zweitliga-Profis Kevin Kraus ist den Verantwortlichen des SC Idar-Oberstein ein Königstransfer gelungen. Noch bis Sommer stand der 32-Jährige beim FCK in der 2. Bundesliga unter Vertrag und will nun dem SC helfen, die Mission Klassenerhalt in der Oberliga erfolgreich zu gestalten. Wir sprachen mit ihm über seine Ziele, die Blase Profifußball und über die Temperaturen im Haag.
Herr Kraus, nach Michael Lehmann, Thomas Riedl und Jeff Kornetzky sind sie bereits der vierte ehemalige FCK-Profi, der zum Ende seiner Karriere noch einmal die Fußballschuhe für den SC Idar-Oberstein schnürt. Wie kam der Kontakt zum Verein zustande?
Den ersten Kontakt gab es tatsächlich schon in der Sommertransferperiode, als mich der Idarer Co-Trainer Christian Henn angeschrieben und angefragt hat. Zu diesem Zeitpunkt war es allerdings noch mein Ziel, in den Profibereich zu wechseln, weswegen ich erst einmal abgesagt habe. Und beim zweiten Mal kam der Kontakt über Manfred Reichert zustande. Nach dem Anruf ging alles relativ schnell: Wir haben uns getroffen, die Verantwortlichen haben einen sehr guten Eindruck hinterlassen, die Infrastruktur rund um den Haag hat mir sehr gut gefallen und so habe ich dann auch schnell zugesagt. Zusammen mit meiner Frau hatte ich ohnehin beschlossen, dass wir in der Pfalz wohnen bleiben möchten, sodass das auch mit Blick auf die Entfernung sehr gut passt. Und so bin ich nun ein Teil des SC Idar-Oberstein und freue mich auf die neue Herausforderung.
Aber dann war es eigentlich schon Ihr Plan, dass Sie nach dem Auslaufen des Vertrags beim 1. FCK im Sommer noch einmal im Profibereich anheuern.
Ja, das wäre ehrlicherweise mein Wunsch gewesen. Ich habe auch das eine oder andere Angebot, vor allem aus dem Ausland, bekommen, aber da war für mich nichts Passendes dabei. Auch weil ich im Dezember Papa geworden bin, musste und muss das Ganze auch zu meiner aktuellen Lebenssituation passen – und das war nicht der Fall. Da ich mich in der Pfalz, wo ich auch meine Frau kennengelernt habe, sehr wohl und heimisch fühle, haben wir uns entschieden, dort zu bleiben.
Wie haben Sie das vergangene halbe Jahr verbracht, wie haben Sie sich fit gehalten?
Ich hatte das Glück, dass ich beim SV Morlautern mittrainieren und mich dort fit halten und eben auch am Mannschaftstraining teilnehmen konnte. Das Vereinsgelände ist ganz nah an meinem Zuhause und ich kenne den einen oder anderen Spieler, sodass sich das angeboten hat. Ich bin dem Verein sehr dankbar, dass er mir diese Gelegenheit gegeben hat. Zudem habe ich regelmäßige Kraft- und Laufeinheiten absolviert. Das halbe Jahr war auch eine gute Möglichkeit, um für meine Frau und seit Dezember für unseren Sohn da zu sein, die Zeit mit der Familie zu genießen.
Und so kam es dann auch, dass Sie sich im August die Partie zwischen dem SV Morlautern und dem SC Idar-Oberstein angeschaut haben.
Genau. Wenn es mir zeitlich möglich war und ist, habe ich mir immer mal wieder ein Spiel angeschaut und zufälligerweise auch das gegen Idar (lacht).
Erinnern Sie sich denn noch an die Partie und Ihre Eindrücke?
Ein wenig schon, Florian Zimmer und der Keeper Tobias Edinger sind mir dabei beispielsweise aufgefallen. Es waren auch ein paar ordentliche Ballstafetten dabei, allerdings lief dann durch die Rote Karte einiges gegen den SC. So ist es im Fußball, da entscheiden oft Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage.

SC Idar-Oberstein holt Ex-FCK-Kapitän Kevin Kraus
Der SC Idar-Oberstein hat ein dickes personelles Ausrufezeichen gesetzt. Der Fußball-Oberligist hat Kevin Kraus bis zum Saisonende verpflichtet. Der Innenverteidiger hat gut 300 Profi-Spiele auf dem Buckel und war zuletzt Kapitän des 1.
Auch wegen solcher Spiele steht der SC derzeit in der Liga ein wenig mit dem Rücken zur Wand. Wieso haben Sie sich für einen Verein entschieden, der gegen den Abstieg kämpft?
In den Gesprächen mit den Verantwortlichen wurde schnell deutlich, dass die Mannschaft in vielen Spielen auf Augenhöhe mit dem Gegner agiert hat und oft auch nicht das nötige Spielglück hat. Und bei einer jungen Mannschaft, gerade im ersten Jahr in der Oberliga, muss dieser Entwicklungsprozess durchlaufen werden. Daraus muss man lernen. Ich glaube schon, dass die Qualität im Kader vorhanden ist, dass ein Stück weit einfach die Abgezocktheit noch fehlt.
Nachdem Sie jetzt einige Oberligaspiele gesehen und auch schon in Morlautern und beim SC mittrainiert haben, wo sind für Sie die größten Unterschiede zum Profifußball?
Im Prinzip steckt die Antwort schon in der Fragestellung. Auf der einen Seite sind die Profis, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als sich mit Fußball zu beschäftigen. Auf der anderen Seite sind Amateure beziehungsweise Hobbyfußballer, die vor dem Training oder dem Spiel in der Regel schon einen langen Arbeitstag oder einen Tag an der Uni hinter sich haben. Das ist wahnsinnig anstrengend und deswegen ist es enorm wichtig, dass jeder Einzelne Spaß an der Sache hat. Und mit Blick auf die Qualität: Sowohl in Morlautern als auch in Idar-Oberstein sind sicherlich Kicker dabei, die das Potenzial haben, noch höher zu spielen, vielleicht sogar den Sprung in den Profibereich.
Wie sind die ersten Tage beim SC verlaufen, wie waren Ihre Eindrücke?
Durchweg positiv. Das Training hat einen guten Zug und war qualitativ wirklich gut. Was natürlich ein wenig schwierig ist, sind die Platzverhältnisse. Da oben ist es schon enorm kalt (lacht). Aber es hat mir wirklich viel Spaß gemacht, Tomasz Kakala und die Jungs haben mich sehr gut aufgenommen, einige sind aktiv auf mich zugekommen. Meine erste Aufgabe wird es nun sein, mir alle Namen zu merken, alles Weitere wird sich dann ergeben.
Haben Sie sich selbst Ziele gesetzt für Ihre Zeit beim SC?
Was natürlich für mich über allem steht, ist, den Klassenerhalt mit dem SC zu schaffen. Und ich bin absolut optimistisch, dass wir das schaffen können. Für mich persönlich geht es darum, wieder Spielpraxis zu sammeln. Klar, habe ich mich fit gehalten, aber nur im Spiel holt man sich die letzten Prozentpunkte. Das habe ich in den vergangenen Monaten schon sehr vermisst: das Fußballspielen und alles, was damit zusammenhängt. Bei der Mannschaft zu sein, der Umgang in der Kabine und gemeinsam auf dem Platz zu stehen. Zudem möchte ich natürlich versuchen, den Jungs auch etwas mitzugeben, sie mitzuziehen, ihnen zu helfen. Ich bin ein sehr kommunikativer Mensch, der anderen auch gerne mit Rat und Tat zur Seite steht, der redet, auf dem Platz organisiert, sich einbringt. Das war schon in Kaiserslautern so, da bin ich gerne aktiv auf die Neuen zugegangen, habe ihnen geholfen, sich zurechtzufinden. Jetzt bin ich natürlich in einer anderen Position, aber ich bin optimistisch, dass ich mich schnell einfinde und dass ich es schaffe, mich mit meinen Qualitäten einzubringen.
Sie haben zunächst einmal nur einen Vertrag für ein halbes Jahr, also bis zum Saisonende, unterschrieben. Könnten Sie sich vorstellen, auch noch mal in höheren Ligen anzugreifen?
Was das angeht, bin ich ganz offen, kann mir also wirklich alles vorstellen. Zunächst einmal werde ich mich im kommenden halben Jahr voll und ganz für den SC einbringen und dabei mithelfen, den Klassenerhalt zu realisieren. Wenn sich anschließend noch einmal etwas im Profibereich ergibt und es passt, schließe ich auch das nicht aus. Ich kann mir aber auch vorstellen, etwas anderes zu machen, den Fußball als Hobby zu betreiben. Klar ist das eine enorme Umstellung, denn als Profifußballer lebt man schon in seiner Blase, muss sich praktisch um nichts kümmern, hat nur den Fußball. Deswegen stellt sich nach dem Karriereende ohnehin die Frage, in welche Richtung es gehen soll. Auch für mich. Aber ich habe sie noch nicht final beantwortet.