Wenn Pokalspiele in diesen Tagen anstehen, wenn über Favoritenrollen und Außenseiterchancen diskutiert wird, wenn der große Traum vom Finale lebt, dann fällt zwangsläufig irgendwann der Name Arminia Bielefeld. Schließlich hat der ostwestfälische Drittligist im Halbfinale des DFB-Pokals sensationell den amtierenden Pokalsieger und Meister Bayer Leverkusen rausgekegelt und steht am 24. Mai im Endspiel von Berlin. Am gleichen Tag wird auch im Rahmen des Finaltags der Amateure das Rheinlandpokalfinale ausgetragen.
Nimmt sich Fußball-Rheinlandligist TuS Kirchberg vor dem Rheinlandpokal-Halbfinale am Mittwoch (19.30 Uhr) gegen Tabellenachten der Oberliga, Rot-Weiss Koblenz, die Bielefelder zum Vorbild? Auf die Frage gibt Coach Artem Sagel zwar keine klare Antwort, sagt aber: „Natürlich träumen wir davon, dass unser TuS ein Pokalfinale bestreitet.“ Doch auch schon der Einzug ins Halbfinale ist in der Kirchberger Vereinsgeschichte einmalig – und er soll deswegen in einem entsprechenden Rahmen über die Bühne gehen. Das andere Halbfinale bestreiten am Mittwoch zur gleichen Zeit Oberligist FV Engers und Regionalligist Eintracht Trier, der große Favorit auf den Pott.
Gelbe Wand vor dem Vereinsheim?
Wie schon im Sommer 2022, als die Relegation zur Oberliga mit einem Heimspiel gegen Borussia Neunkirchen anstand, hat der Verein auch dieses Mal das Motto „Alle in Gelb“ aufgerufen, um vor allem unmittelbar vor dem Vereinsheim eine gelbe Wand zu bilden.
Für Sagel sind das, auch wenn er sich auf die besondere Atmosphäre des Pokalspiels freut, nur Randnotizen. Sein Fokus liegt auf dem Spiel, liegt aber auch auf dem Spagat zwischen Abstiegskampf in der Meisterschaft und der historischen Partie am Mittwoch. Erst zu Beginn der Woche, also nach dem wichtigen Spiel gegen Wissen, das seine Mannschaft mit einem Tor in der Nachspielzeit mit 3:2 gewonnen hatte, ging sein Blick auf den Mittwoch, ging auch der Blick seines Teams auf Mittwoch. „Ich habe den Jungs das vorgelebt und habe mich vorher wirklich überhaupt nicht mit dem Gegner auseinandergesetzt.“
Da kommt eine ganze Mannschaft mit den Spielern, die wir in der Rheinlandliga als den einen oder die zwei Ausnahmespieler eines Teams ausmachen.
Kirchbergs Trainer Artem Sagel
Das will er ohnehin – und da dürfte es deutliche Unterschiede zu Arminia Bielefeld geben – nicht allzu intensiv: „Da kommt eine ganze Mannschaft mit den Spielern, die wir in der Rheinlandliga als den einen oder die zwei Ausnahmespieler eines Teams ausmachen“, sagt er dazu.
Wichtig sei es, die Partie möglichst offen zu halten, gut und viel gegen den Ball zu arbeiten, was zuletzt in der Liga gut funktionierte, und sich bei den wenigen sich bietenden Torchancen kaltschnäuzig zu sein. Sowohl mit Blick auf die Arbeit gegen den Ball als auch auf die Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor dürfte der wahrscheinliche Ausfall von Florian Daum (Hexenschuss) wehtun. Auch Dennis Schröder und Casian Samoila sind weiter angeschlagen, sodass wahrscheinlich der gleiche Kader wie am Sonntag gegen Wissen zur Verfügung stehen wird.
Cifts Team ist auf dem Papier Favorit
Dass dieser Kader mit Blick auf das bereits am Samstag anstehende, wichtige Meisterschaftsspiel gegen Trier-Tarforst geschont wird, schließt Sagel aus. Wegen des Traums vom Finale, wegen der Zuschauer, denen ein gutes Spiel geboten werden soll und „weil wir diese besondere Erfahrung einfach mitnehmen und genießen wollen“.
Und die Gäste? Ist das Schicksal der Werkself auch eine Warnung für Rot-Weiss? Das Team von Trainer Fatih Cift gilt auf dem Papier als klarer Favorit. Doch Papier ist für den 43-Jährigen in diesem Fall geduldig, von einer Favoritenrolle des Fünftligisten gegen einen Sechstligisten will der RW-Coach nichts wissen. „Dieser leichte Vorteil eines Favoriten ist irgendwann nicht mehr gegeben, wenn du auswärts spielst, wenn du auf einen Gegner triffst, der wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen hat. Für mich stehen die Chancen 50:50“, stapelt Cift tief – sicher auch, um seiner jungen Mannschaft etwas den Druck zu nehmen.

Und so will der Koblenzer Coach gar nicht lange über Favoritenrollen und Außenseiterchancen philosophieren, für ihn geht es mit Blick auf sein Team am Mittwoch zu allererst um die richtige Einstellung. Und da war das beachtliche 2:2 im Meisterschaftsspiel gegen den Tabellenzweiten FK Pirmasens für Cift sozusagen die Blaupause für die Pokalpartie in Kirchberg. „Die Jungs wissen Bescheid. Wir wollten uns gegen Pirmasens mit einer guten Leistung auf das Halbfinalspiel einstimmen, Selbstvertrauen tanken. Das ist uns gelungen. Jetzt müssen wir am Mittwoch mit der gleichen Leidenschaft zu Werke gehen.“ Damit den Koblenzern eine böse Überraschung, wie sie die Leverkusener in Bielefeld erlebt haben, erspart bleibt.