Vom Landeselternbeirat über Lehrer bis hin zu Schülern, „es fühlen sich viele alleingelassen“, sagte Baldauf nach einem Treffen mit Vertretern dieser Gruppen. Seit dem ersten Lockdown Mitte März werde über Fern- und Hybridunterricht diskutiert, doch noch immer sei nicht klar, wann und wie diese Konzepte greifen sollten. Die versprochenen Lehrerlaptops seien ebenfalls bis heute nicht angekommen. Die Ministerin müsse jetzt ihre Instrumente zum Management der verschiedenen Lagen „wie mit einem Werkzeugkoffer auf den Tisch legen“, forderte Baldauf.
„Das Vertrauen in die Bildungsministerin ist völlig dahin“, betonte auch CDU-Bildungsexpertin Anke Beilstein. Die Schulen seien im Sommer aufgefordert worden, Szenarien für genau solche Fälle wie Fernunterricht zu entwickeln. „Jetzt stellt man fest, sie sollen gar nicht zum Einsatz kommen“, sagte Beilstein. Hubig müsse zudem erklären, wie sie lernschwachen Kindern helfen wolle, damit diese nicht abgehängt würden. Das Land habe den Eltern freigestellt, selbst zu entscheiden, ob ihre Kinder in die Schule gingen oder nicht, damit drohten aber erneut genau die Kinder auf der Strecke zu bleiben, deren Eltern sich nicht kümmerten.
„Wir gehen in einen sehr holprigen Fernunterricht, weil die Grundvoraussetzungen nicht durchgängig erfüllt sind“, warnt auch der Vorsitzende des Regionalelternbeirats in Koblenz, Erwin Lenz, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die Bereitschaft, Fernunterricht zu machen, ist gegeben, aber Lehrer und Schüler sind eben nicht drauf vorbereitet worden“, kritisierte Lenz. Die im Sommer abgefragten Geräte seien nicht geliefert oder nicht verteilt worden, berichtete er. Das Nachsehen hätten jetzt die Kinder, die nicht von Hause aus ausgestattet seien.
Warum etwa würden diese letzten Tage vor Weihnachten nicht genutzt, um an allen Schulen durchgängig Videokonferenzen zwischen Lehrern und Schülern zu testen, fragte Lenz weiter, warum habe das Ministerium das nicht zur Vorgabe gemacht? „Hätte die Ministerin nicht so starr am Präsenzunterricht festgehalten, würde man jetzt vielleicht besser vorbereitet in diese Zeit gehen“, kritisierte Lenz. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisierte, das Bildungsministerium habe noch immer keine konkrete Perspektive für die kommenden Monate unter Corona-Bedingungen oder gar Strategien für den Unterricht 2021 entwickelt. Die Lehrer hätten jetzt Präsenzpflicht, obwohl kaum Schüler kommen sollten, verbindliche Regeln gebe es weiter nicht. „Schulleitungen und Lehrkräfte sind auch jetzt wieder ganz auf sich gestellt“, heißt es in einem offenen Brief des Landesvorsitzenden Gerhard Bold an Ministerin Hubig.
Es sei „ohnehin ein Armutszeugnis“, dass Schüler und Lehrer immer noch nicht wie versprochen mit digitalen Endgeräten ausgestattet seien, schreibt Bold weiter. Und es sei „ein Trauerspiel, dass Sie – eine zweite Welle war absehbar – noch immer wie das Kaninchen vor der Schlange stehen: Unfähig sich zu bewegen – handlungsunfähig im Sinne praxisorientierter Empfehlungen für die Schulen.“ Die Ministerin müsse „nun endlich liefern“, betonte Bold: „In Form von konkreten Rahmenbedingungen und einer entsprechenden digitalen Ausstattung.“
Gisela Kirschstein